Pfarrer Karl Sendker  

 

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13. Sonntag C
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Predigten

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Predigt zur 2. Lesung:  Gal 5,1.13-18

Predigt zum Evangelium:   Lk 9,51-62     mp3     Video

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Predigttext:    Gal 5,1.13-18

 

Dies ist die vierte Predigt einer fünfteiligen Predigtreihe zum Galaterbrief.

 

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

In dem bekannten Kirchenlied „Ihr Heiligen Gottes allzu gleich …“ singen wir am Ende, „dass wir durch Gottes Gnad und Wahl zum Himmel kommen allzumal“. Was wir in diesem Lied singen, das ist genau das, was der Apostel Paulus in seinen Briefen immer wieder bezeugt: Der Himmel ist nicht zu erreichen durch menschliche Leistung, sondern es sei ein Geschenk der göttlichen Gnade und seiner Wahl. Was der Paulus mit einer solchen Vollmacht verkündet, dass es den Himmel geschenkt, umsonst gibt, davon ist er so voll, dass er das immer wieder in all seinen Briefen den Menschen verkündet. In Epheserbrief sagte Apostel Paulus: Als ihr getauft wurdet, da seid ihr mit Christus auferstanden, ihr seid mit versetzt in den Himmel. Im Philipperbrief sagt er: Eure Heimat ist jetzt schon im Himmel. Ihr habt jetzt schon Bürgerrecht im Himmel. In dem Augenblick, wo ihr getauft seit, wo ihr dieses Geschenk, diesen Bund Gottes im Glauben angenommen habt, da habt ihr einen garantierten Stammplatz im Himmel. Das ist ganz sicher.

Natürlich kommt dann schnell die Frage: Wenn das so ist, dass der Stammplatz reserviert für uns, dann kommt es ja nicht darauf an, was wir tun. Dann können wir tun und lassen, was wir wollen. Oder? Dann können wer die Hände in den Schoß legen. Warum setzen wir uns denn dann überhaupt noch für andere Menschen ein, wenn es darauf gar nicht ankommt?

 

Was müssen wir eigentlich tun? Was wir tun sollen, sind nach dem Zeugnis der Bibel drei Dinge. Und auf den letzten Punkt möchte ich heute von Paulus her den Akzent legen.

Das Erste, was nach dem Zeugnis der Bibel immer wieder unser Tun sein soll: Aus einem ganz befreiten, erlösten Herzen Gott loben und preisen. Wenn jemand das wirklich gespürt hat: ich bin erlöst, ich bin befreit, mir ist ein Platz im Himmel sicher, dann singt man nicht nur einfach ein Loblied im Gottesdienst, weil es der Liedanzeiger anzeigt, sondern dann sprudelt das gleichsam aus einem heraus. Dann muss dieses Lob Gottes sich einfach irgendwie Luft machen. Auch dafür sind die Heiligen Beispiele und Zeugen. Das ist das eine.

Ein Zweites, was wir tun müssen: In dem Augenblick, wo ein Mensch das spürt: ich bin erlöst, der Platz im Himmel ist mir sicher, da ist unsere Aufgabe, das den anderen weiterzusagen.

Petrus sagt einmal in der Apostelgeschichte: „Wir können unmöglich schweigen, von dem was wir gehört und gesehen haben.“ Wer davon voll ist, der kann die Klappe nicht mehr halten. Der muss es den Menschen anderen Menschen weitersagen. Wenn wir nur den anderen Menschen zu verkünden hätten, was sie alles müssen und was sie alles nicht dürfen, das sagt keiner gerne weiter. Aber wenn wir den anderen Menschen diese Botschaft zu verkünden haben: Lass dich auf Jesus Christus ein, und du wirst einen Platz im Himmel garantiert haben, das ist eine Frohbotschaft. Davon muss man weiter reden. Das drängt mich von innen her.

Und schließlich noch ein Drittes. Das mag vielleicht im ersten Augenblick ganz komisch klingen, aber Paulus meint das ganz ernst. Paulus sagt: „Ihr seid zur Freiheit berufen, und lasst euch nicht wieder unter das Joch der Knechtschaft spannen gleichsam nach dem Motto: „Du musst …, du darfst nicht …, du sollst …“.

Aber Paulus sagt auch: „Macht die Freiheit, zu der ihr berufen seid, nicht zu einem Ausgangspunkt für den Egoismus, für die Selbstsucht, oder wie er das ausdrückt: für das Fleisch.“ Mach die Freiheit, die du hast, nicht zu einem Ausgangspunkt für die Selbstsucht indem du sagst: Dann kann ich ja tun und lassen, was ich will.

Die Alternative des Paulus ist: „Dient einander in Liebe.“ Das ist sein Lebensprogramm: „Dient einander in Liebe.“ Und auch hier kann man sagen: In dem Augenblick, wo jemand weiß, ich bin erlöst, ich bin auf ewig gerettet, da hat er auf einmal alle Hände frei, um den Anderen in Liebe zu dienen.

Schauen Sie sich einmal Jesus Christus an. Der brauchte sich den Himmel ja nun wirklich nicht verdienen, als er Mensch geworden war. Der Himmel war ihm sicher. Aber gerade weil er sich darum keine Sorgen machen musste, wie hat er den Menschen gedient. Mit welcher Hingabe hat er den Menschen gedient. Er hat oft keine Zeit gefunden zum Essen, weil die Leute in so gedrängt haben. Und wenn er mit seinen Jüngern an einen Augenblick Pause machen will und die Leute kommen zu ihm, dann heißt es immer wieder: Er hatte Mitleid mit dem Volk, und er verkündete ihnen die Frohbotschaft. Jesus hat gedient bis dahin, dass er sein Leben hingegeben hat am Kreuz, bis zum Äußersten, bis zum Letzten. Und was er im Abendmahlsaal sagt, das ist genau das Gleiche: „Wie ich euch die Füße gewaschen habe, wie ich euch gedient habe, so sollt auch ihr einander die Füße waschen, so sollt auch ihr einander dienen.“ Also nicht, die Hände in den Schoß legen, sondern einander dienen.

Damit wir jetzt aber nicht den Paulus missverstehen: Dieses Dienen tut man nicht, um jetzt doch noch etwas vorweisen zu können vor Gott, um sich den Himmel doch wieder dadurch zu verdienen. Ganz im Gegenteil. Unser Dienen ist geboren aus der Freude über die Erlösung. Schauen Sie sich einmal die großen Heiligen an. Die haben sich den Himmel nicht mit ihren Leistungen verdienen wollen, sondern aus der Freude heraus, dass sie erlöst waren, haben sie sich für die Menschen eingesetzt. Aus der Freude heraus, und nicht aus der Sorge: Tun wir wohl genug, dass wir in den Himmel kommen? Diese Sorge waren sie los.

 

Ich will einmal ein Bild dafür gebrauchen: Da ist ein Mann, der keine feste Arbeit hat, Familienvater einer 5-köpfigen Familie. Der muss sehen so schlecht und recht, wie er seine Familie über die Runden bringt. Er hat hier einen Job, hier eine Arbeit, dort eine Beschäftigung. Aber eine feste Arbeitsstelle hat er nicht. Er und seine Familie leben ständig in der Sorge: Haben wir wohl genug, um die Familie durchzubringen, genug für den morgigen Tag, für die kommende Woche, für den nächsten Monat? Das kann eine furchtbar quälende Sorge sein, die die ganze Kreativität und Aktivität eines solchen Mannes lahm legt.

Und dann bekommt dieser Familienvater auf einmal eine feste Arbeitsstelle, einen gesicherten Posten, wo er nicht gekündigt werden kann, wo genügend Geld verdient, dass die ganze Familie davon gut leben kann. Was das einen Menschen befreit! Aber gerade dann, hat er auf einmal Zeit, sich um die Familie zu kümmern. Dann hat der Zeit, mit den Kindern Ausflüge zu machen, dann hat der Zeit, mit den Kindern zu basteln. Dann hat er Zeit, sich in der Gemeinde wieder zu engagieren, und sich sonst für die Menschen einzusetzen. Weil in diese eine große Sorge genommen ist: Wie bringe ich meine Familie über die Runden?

Und so ähnlich ist das auch bei Gott. Die Sorge, ob wir oben ankommen, die hat Gott uns genommen. Und darum hast du alle Hände frei, um den Menschen in Liebe zu dienen.

Es gibt auch im rein menschlichen Bereich etwas Ähnliches: Liebe kann man sich nicht kaufen. Liebe kann man sich auch nicht verdienen. Liebe bekommt man entweder geschenkt, oder man bekommt sie gar nicht. Es gibt manchmal Menschen, da spürt man: Sie möchten sich mit allen möglichen Tätigkeiten Liebe verdienen. Dass kann ganz peinlich sein, und das geht im Letzen gar nicht. Liebe kann man sich nur schenken lassen.

Aber das Umgekehrte gilt auch: Wo ein Mensch geliebt wird, wo er auf einmal spürt: die anderen lieben mich, was setzt das in einem Menschen Energien frei. Dann möchte er auf einmal jedem Menschen eine Freude machen. Der legt nicht seine Hände in den Schoß, sondern der entfaltet höchster Aktivität.

Genau so es das bei Gott: In dem Augenblick, wo wir spüren: Seine Liebe ist uns auf ewig geschenkt, bedingungslos, da setzt diese Liebe im Menschen Kräfte frei, dem Anderen dienen zu können. Dann heißt es nicht mehr: Was muss ich jetzt alles für den Anderen tun, sondern: Ich möchte den anderen Menschen in Liebe dienen. Und ich kann es mir leisten, weil für mich gesorgt ist.

 

Des Weiteren sagt Paulus: Wenn ihr diesen Egoismus, wenn ihr diese Selbstsucht überwinden wollt, dann ist folgendes wichtig: Im Heiligen Geist wandeln, sich vom Heiligen Geist treiben lassen. Das ist alles.

Und auch dazu ein kleines Bild, weil man mit Bildern manchmal vieles besser erklären kann. Damals zur Zeit Jesu, wenn da ein großes Schiff übers Mittelmeer fuhr, dann brauchte man hunderte von Sklaven, die diese Schiff gerudert haben. Das war niedrigste Sklavendienst, das war Knochenarbeit, die manchem das Leben gekostet hat.

Und dann ist einer auf die Idee gekommen, dass man ja die Kraft des Windes ausnutzen kann. Um man hat Segelschiffe gebaut. Und auf einmal brauchte man keine Sklaven mehr, die mit Knochenarbeit ruderten, sondern man hat die Kraft des Windes ausgenutzt.

Das Wort „Wind“ ist in der Bibel dasselbe Wort wie „Geist“. Natürlich mussten die Leute immer noch etwas tun. Sie mussten das Segel hochziehen, sie mussten den Kurs einhalten. Aber es war nicht mehr diese Knochenarbeit, es war nicht mehr ein Sklavendienst.

Dazu hat uns Jesus Christus befreit. Wir stehen nicht unter der Knechtschaft: „Du musst …, du darfst nicht …, du sollst …, sondern wir stehen unter der Freiheit Gottes. So haben wir alle Hände frei, um dem Anderen zu dienen.

In diesen Zusammenhang passt einen Definition von Christsein, die ich gelesen habe bei dem Theologen Helmut Gollwitzer. Er sagt: Christenleben bedeutet: „Für mich ist gesorgt.“ Aber es kommt noch ein Satz dazu: „Weil für mich gesorgt ist, habe ich alle Hände frei, mich um Andere zu sorgen.“ Das ist der Weg. Amen.

 

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Predigttext:    Lk 9,51-62     mp3   Video

 

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Wenn jemand ein Haus bauen will, dann setzt er sich normalerweise vorher hin, und macht einen Kostenvoranschlag. Und je größer das Bauvorhaben ist, um so genauer muss der Kostenvoranschlag ausfallen, damit man nicht hinterher plötzlich kein Geld mehr hat und mit dem Bauen aufhören muss.

Aber das ist nicht nur in diesem irdischen Sinn so, das gilt genau so im geistlichen Bereich. Wir Christen haben von Gott die Berufung, an dem größeren Bauvorhaben mitzuarbeiten, nämlich das Reich Gottes in dieser Welt mitzubauen. Es ist unsere Berufung, Jesus nachzufolgen und mit daran zu arbeiten, dass die Herrschaft Gottes sich in dieser Welt durchsetzen kann. Und da ist es wichtig, wenn wir in den Dienst Jesu gehen, dass wir einen geistlichen Kostenvoranschlag machen, damit wir nicht hinterher enttäuscht sind.

Man könnte über den zweiten Teil des heutigen Evangeliums gleichsam als Überschrift darüber schreiben: Ein geistlicher Kostenvoranschlag. Dazu heute Morgen drei Punkte.

 

Da kommt im Evangelium ein Mann in seiner ganzen Begeisterung zu Jesus. Er hat vielleicht miterlebt, wie Jesus Wunder gewirkt hat, wie Jesus mit Vollmacht gepredigt hat. Und jetzt kommt er zu Jesus und sagt: „Herr, ich will dir folgen, wohin du auch gehst.“

Das gibt es heute auch. Da fahren junge Leute zu einem Katholikentag oder zu einem Taizétreffen und haben ein so großes Gemeinschaftserlebnis. Und dann sagen sie anschließend: „Jesus, ich will dir nachfolgen. Du kannst mich an den Platz stellen, wo du mich haben willst.“

Dann sagt Jesus diesem Mann im Evangelium: „Du willst mir folgen, wohin immer es geht. Aber hast du dir die Kosten überlegt, die auf dich zukommen? Schau mal: Jeder Fuchs hat seinen Bau. Jeder Vogel hat sein Nest. Aber wenn du mir nachfolgen willst, dann denk daran: Der Menschensohn hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann. Hast du das bedacht?“

Natürlich hat Jesus auch irgendwo geschlafen. So darf man das nicht verstehen. Gemeint ist damit folgendes: Jesus hat in dieser Welt kein Beheimatung gehabt. Er war nirgendwo verwurzelt. Er war überall wie ein Fremdkörper. Wo man als Mensch normalerweise seine stärkste Verwurzelung hat, nämlich in der eigenen Familie, gerade da war Jesus heimatlos.

Seine eigenen Angehörigen haben ihn in seiner Sendung nicht verstanden. Eines Tages hat Jesus so vielen Menschen geholfen, dass er nicht einmal mehr Zeit fand zum Essen. Da kommen die eigenen Angehörigen und sagen: „Der ist von Sinnen. Der ist ja fanatisch. Den müssen wir da wegholen.“ Das gibt es übrigens heute auch. Wenn heute jemand Jesus nachfolgt und mit Jesus ernst macht, wie oft hab ich in der Seelsorge erlebt, dass dann Ehepartner kommen und manchmal unter Tränen sagen: Ich muss meinen Glauben leben und mein Partner hat überhaupt kein Verständnis dafür. Ich habe es manchmal erlebt, dass Eltern mir gesagt haben: Wir müssen unseren Glauben leben unter dem Spott der heranwachsenden Söhne und Töchter. Wenn wir zu Hause das Tischgebet beten, dann spotten sie und dreht sich weg. Es tut weh, wenn man auf einmal spürt: Wir meinen es ernst mit Gott, und in unserer eigenen Familie sagen sie: Der oder die ist ja fanatisch. Das tut weh. Aber das sind die Kosten der Nachfolge.

 

Aber die Heimatlosigkeit Jesu ging noch weiter. Jesus hatte auch keine Heimat mehr in seiner Kirche. Das war ja damals die jüdische Synagoge. Was haben die Priester und die Theologen von Jesus gesagt: „Der ist mit dem Teufel im Bunde. Durch den Obersten der Dämonen treibt er die Teufel aus.“ Und schließlich haben die ihn ans Kreuz schlagen lassen.

Auch das gibt es heute, dass Menschen, die wirklich mit Jesus ernst machen, auf einmal erleben müssen: Wir finden nicht einmal mehr Verständnis in unserer eigenen Kirche. Da kommt ein Mädchen, das ins Kloster gehen will, oder da ist ein junger Mann, der Priester werden möchte, und dann sagen die Gemeindemitglieder: „Das hast du doch gar nicht nötig. Du kannst doch wohl noch einen mitkriegen.“ Unter Umständen muss man sogar erleben, dass nicht einmal die Priester der Gemeinde Verständnis dafür haben, dass man mit Jesus ernst machen will. Und das tut weh. Aber das gibt es.

Wenn aus der katholischen Kirche manche austreten und zu den evangelischen Freikirchen gehen oder vielleicht sogar zu Sekten, dann tun die dass ja nicht, weil sie ungläubig geworden sind, sondern weil sie spüren: Ich habe mit meiner Begeisterung für Jesus hier in unserer katholischen Kirche keinen Platz mehr.

 

Ein Zweites zum Thema ‚geistlicher Kostenvoranschlag’:

Jesus sagt einem anderen: „Folge mir nach.“ Und der antwortet: „Lass mich erst noch meinen Vater begraben.“ Und dann sagt Jesus scheinbar ein ganz hartes Wort: „Lass die Toten ihre Toten begraben. Du aber geh, und verkünde das Reich Gottes.“ Das klingt für damalige Ohren nicht so lieblos, wie es bei uns den Anschein hat. Gemeint ist damit Folgendes: Der Vater, von dem hier die Rede ist, ist nicht gerade gestorben und steht über Erden. Wahrscheinlich lebt der Vater noch, und der Sohn will sagen: „Lass mich noch solange zu Hause bleiben, bis mein Vater gestorben ist und ich ihn gut unter die Erde gebracht habe.“ Und das kann vielleicht noch Jahre dauern. Und da sagt Jesus ihm: Es gibt Dinge, die sind wichtiger, als Vater und Mutter, die sind wichtiger als der Ehepartner, die sind wichtiger als Kinder und als Freundschaften. Das Wichtigste ist, für die Anliegen des Reiches Gottes zu sorgen. Dann werden auf einmal alle Dinge, die vorher die erste Stelle eingenommen hatten, alle diese menschlichen Beziehungen, die werden auf einmal zweitrangig.

Auch hierfür ein Beispiel aus dem Leben Jesu:

Jesus hat einen menschlichen Freund gehabt, den Lazarus. In der Geschichte von der Auferweckung des Lazarus steht ausdrücklich dabei, dass Jesus mit Lazarus und seinen beiden Schwestern befreundet war.

Jesus hat dem Kreis der zwölf Apostel einen Lieblingsjünger gehabt, den Johannes.

Aber als es um das Reich Gottes geht, als es darum geht, wer der Felsen der Kirche werden soll, da hat ihn der Vater im Himmel gezeigt: Weder der Lazarus, mit dem du befreundet ist, noch dein Lieblingsjünger Johannes. Nein, Felsen der Kirche wird der Petrus. Und mit dem hat Jesus weiß Gott viele Schwierigkeiten gehabt. Aber das ist die Grundhaltung, wenn es um das Reich Gottes geht. Da müssen dann menschliche Beziehung zurücktreten ins zweite Glied.

Oder ein anderes Beispiel aus dem Leben Jesu:

Jesus predigt in einem Haus, das Haus ist voller Menschen. Da kommen seine Brüder und seine Schwester zu ihm und wollen ihn sprechen. Sie können aber nicht rein. Da sagen die, die im Haus sitzen, zu Jesus: „Deine Mutter und deine Brüder stehen vor dem Haus und suchen dich.“ Wieder gibt Jesus eine scheinbar lieblose Antwort: „Meine Mutter meine Brüder, wer ist das denn? Hier, die das Wort Gottes hören wurde es befolgen, die sind mir Mutter, Bruder und Schwester.“ Jesus hat erlebt, dass die normalen familiären Beziehungen in die zweite Reihe treten, und dass die Menschen wichtig sind, die das Wort Gottes hören und es tun.

Und dass er lebt jeder, der in die Nachfolge Jesu geht.

Ich habe so oft in der Seelsorge erlebt, dass Menschen, die einen neuen geistlichen Anfang gemacht haben, die Jesus nachgefolgt sind, gesagt haben: „Komisch, meine bisherigen Freunde mögen mich gar nicht mehr. Und auch ich kann mit denen nichts mehr anfangen. Die leben in einer anderen Welt“ Aber dafür haben sie andere Menschen bekommen, die ihnen viel näher stehen als die, mit denen man vorher verwandtschaftlich oder freundschaftlich verbunden war.

 

Ein Drittes zum Thema ‚ein geistlicher Kostenvoranschlag’.

Es gibt eine Gruppe von Menschen, denen sagt Jesus auf den Kopf zu: „Du bist untauglich, untauglich für das Reich Gottes.“ Das sagt Jesus übrigens nicht zu einem Sünder. Jesus hat nie zu einem Sünder gesagt: „Du bist untauglich.“ Aber eine bestimmte Gruppe ist in den Augen Jesu untauglich. Ich lese das noch einmal aus unserem Evangelium vor:

Da kommt einer und sagt: „Ich will dir nachfolgen, Herr. Aber zuerst lass mich von meiner Familie Abschied nehmen.“ Kennen Sie solche Leute heute auch, die sagen: Ich will ja wohl Christ sein. Aber zuerst kommt man mein Geschäft, zuerst kommt mein Hobby, zuerst meine Pferde oder etwas. Zuerst kommt meine Familie, zuerst kommt der Urlaub und so weiter und so weiter. Alles andere kommt zuerst, und wenn dann noch Zeit übrig bleibt, und dann ist Jesus dran. „Grundsätzlich bin ich ja nicht gegen ihn. Ich will ihm auch nachfolgen. Aber jetzt ist erst einmal etwas anderes wichtig.“

Eine kleine Begebenheit hat mich in meiner Kaplanszeit sehr betroffen gemacht. Da war ein Schüler, ein junger Mann, der war bei Schulendtagen geistlich aufgebrochen. Er hatte einen ersten kleinen, aber echten Schritt auf Jesus zu getan. Vorher hatte er mit Glauben praktisch nichts am Hut. Dieser junge Mann hat sich nach den Schulendtagen angemeldet für einen Exerzitienkurs, um seinen neuen Glauben zu vertiefen. Ich hab mich gefreut, weil ich spürte, dass da etwas wächst.

Ein paar Tage, nachdem er sich angemeldet hatte, ruft der Vater dieses Jungen bei mir an und sagt: „Herr Kaplan, ich möchte unseren Sohn wieder abmelden.“ Als ich ihn nach dem Grund fragte, antwortete er: „Ja wissen Sie, unser Sohn hat in einigen Wochen seine Klausuren in der Schule. Da kann der sich das jetzt nicht mehr leisten, ein ganzes Wochenende wegzufahren. Jetzt ist erst einmal die Prüfung dran. Natürlich bin ich dafür, dass der wieder Kontakt zur Kirche bekommt. Aber jetzt sind doch erst einmal die Klausuren wichtig. Das müssen Sie doch verstehen.“

Als wenn es darum geht, dass ich als Kaplan das verstehe. Aber glaub mir: Jesus hat sein Urteil bereits gefällt über so eine Haltung, wie sie der Vater hatte: Untauglich für das Reich Gottes.

Überschlage die Kosten, die damit verbunden sind, wenn man in die Nachfolge Jesu geht. Ich vermute, auch manche Priester, die heute ihr Amt aufgeben, mancher der in der Gemeinde mitgearbeitet hat und sich engagiert hat, und dann auf einmal frustriert alle Klamotten hinschmeißt, der tut das aus dem Grunde, weil er vorher nicht die Kosten überlegt hat, die auf ihn zukommen. Weil man ihn nicht darauf hingewiesen hat, dass unter Umständen Einsamkeit auf ihn zukommt, dass Opposition von allen möglichen Leuten zu erwarten ist. Wenn er die Kosten überschlagen hätte, hätte er vielleicht mehr Kraft gehabt.

Jesus rechnet damit, dass du ganze Sache machst und nicht halbe Sachen.

 

Zum Schluss noch einen kurzen aber wichtigen Gedanken dran gehängt: Es kommen nicht nur Kosten auf dich zu. Jesus schenkt auch alles. Petrus hat einmal Jesus gefragt: „Wir haben jetzt alles verlassen und sind dir nachgefolgt. Was wird uns dafür zuteil werden?“ Und dann sagt Jesus dem Petrus als Antwort: „Jeder, der in dieser Welt Häuser, Äcker Väter und Mütter, Brüder, Schwestern verlässt um meinetwillen und um des Evangelium willen, der wird es hundertfältig wiederbekommen, hier in dieser Welt: Häuser, Äcker, Mütter, Kinder. Und in der zukünftigen Welt wird er das ewige Leben erlangen.“ Jesus schenkt alles, was man aufgegeben hatte, hundertfältig zurück.

Kurz vor seinem Tod hat Jesus einmal die Apostel gefragt: „Als ich euch ausgesandt habe ohne Vorratstasche usw., hatte es euch da an irgendetwas gemangelt?“ Und die Jünger mussten zugeben: „Es hat uns an nichts gemangelt.“ Jesus erwartet eine Ganzhingabe, aber er gibt auch alles, und er gibt es in Fülle.

Ich möchte schließen mit einem Satz, bei dem ich nicht genau weiß, von wem er stammt. Aber er ist mir ganz wichtig: „Ein halber Christ ist ein ganzer Unsinn.“  Amen

 

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