Pfarrer Karl Sendker  

 

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14. Sonntag B
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Predigten

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Predigt zum Evangelium:   Mk 6,1b-6        mp3

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Predigttext:      Mk 6,1b-6

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Dieses Evangelium ist eigentlich wie eine Ergänzung zum Evangelium des letzten Sonntags. Vielleicht erinnern Sie sich noch: Da kam eine Frau zu Jesus, die zwölf Jahre an krankhaften Blutungen litt. Und sie sagte: „Wenn ich auch nur den Zipfel seines Gewandes berühre, dann werde ich geheilt.“ Und Jesus sagt zu ihr: „Dein Glaube hat dir Heilung gebracht.“ Der Glaube kann Gottes Kraft freisetzen.

Und heute heißt es im Evangelium am Ende: „Jesus konnte in Nazareth keine Wunder tun, er wunderte sich viel mehr über ihren Unglauben.“ Wenn Menschen im Unglauben verharren dann ist es gleichsam so, als wenn wir die Kraft Gottes blockieren. Wir binden Gott gleichsam die Hände durch unseren Unglauben.

Was war da passiert? Die Leute in Nazareth, in seiner Heimatstadt hatten natürlich gehört, dass Jesus am ganzen See Genesareth Wunder gewirkt hatte. Sie hatten auch davon gehört, dass Jesus mit Vollmacht gepredigt hatte. Nicht wie die Schriftgelehrten, die immer nur diskutiert hatten: Rabbi so und so sagt das, Rabbi so und so sagt das, und dann kommt dieser Jesus daher und sagt mit letzter Autorität: „Ich aber sage euch!“ Da können die Alten gesagt haben, was sie wollen, „ich aber sage euch“, und mein Wort gilt. Und die Leute haben sich gewundert, weil er mit göttlicher Vollmacht geredet und gelehrt hat.

Und jetzt kommt er in seine Heimatstadt. Er geht in die Synagoge und predigt auch dort. Zunächst sieht es so aus, als wenn alle zustimmen. Sie staunen und sagen: „Was ist das für ein Weisheit, die ihm gegeben ist?“ Aber dann kippt plötzlich die Stimmung in der Synagoge um. Da kommen die Leute und sagen auf einmal: „Ist das nicht der Zimmermann?“ Wieso dünkt der sich jetzt was besseres? Den kennen wir doch, der hat doch dreißig Jahre lang in der Werkstatt seines Vaters gearbeitet. Wieso sagt er jetzt, dass sein Wort göttliche Vollmacht hat. Mit dem haben wir doch schon im Sandkasten gespielt, ein bisschen salopp gesagt. Und jetzt tritt er so auf, dass keiner ihm mehr etwas sagen kann. Wieso dünkt der sich, etwas besonderes zu sein. Und sie verhärten sich, und sie lehnen ihn ab.

Und dann steht da am Ende ein ganz bitteres Wort: „Jesus ging in die benachbarten Dörfer und lehrte und wirkte dort.“ Ganz Galiläa hat das Heil Gottes erlebt, hat erlebt, dass Gott mit Zeichen und Wundern eingegriffen hat. Ganz Galiläa hat ein Stückchen von der Herrlichkeit Gottes gesehen, sie haben erlebt, dass das Reich Gottes angebrochen war. Nur Nazareth steht dabei, sie haben sich verhärtet und sie erleben nichts. Das ist bitter.

 

Schwestern und Brüder, was da damals am See Genesareth im Kleinen geschah, das geschieht heute, so könnte man fast sagen, in weltweitem Maßstab. Ich will ihnen erklären, wie ich das meine.

Sehen Sie, die Stammländer des Christentums hier in Europa, das sogenannte christliche Abendland, verhärtet sich seit Jahrzehnten, man kann schon fast sagen seit Jahrhunderten, immer mehr, und man lehnt Jesus ab, hier in unserem Land, in unserem christlichen Abendland.

Gut, man braucht noch ein bisschen Religion bei der Erstkommunion, und für die Hochzeit. Außerdem muss man ja auch noch gut unter die Erde kommen bei der Beerdigung. Dafür braucht man noch ein bisschen Religion. Aber einen Jesus, der letzte Autorität beansprucht, dessen Wort man nicht mehr hinterfragen kann, der für sich beansprucht, dass sein Wort letzte Gültigkeit hat, den lehnen wir ab.

Heute will man über das Wort Gottes immer nur diskutieren, heute sieht man das alles ganz anders. Da kann Jesus sagen, was er will, entscheidend ist, wie ich das sehe, da muss Jesus sich anpassen. Und wenn heute wirklich einer auf die Idee kommt und sagt, dass es letzte Wahrheiten gibt, die nicht mehr hinterfragt werden können, dann sagt man über einen solchen Menschen: Der ist intolerant, oder der ist ein Fundamentalist. Das ist das schlimmste, was man heute jemandem sagen kann.

Die Menschen verhärten sich, und sie lehnen Jesus ab. Man erkennt an, dass er ein großer Religionsstifter ist, dass er eine bedeutende Persönlichkeit gewesen ist. Seine Bergpredigt ist ein großartiges soziales Programm. Aber in dem Augenblick, wo er letzte Verbindlichkeit beansprucht, nein danke, brauch ich nicht, möchte ich nicht.

Oder auf der anderen Seite: Wer hier bei uns, in unserem christlichen Abendland, glaubt denn noch, dass dieser Gott Wunder tun kann? Praktisch kein Mensch! Da kommen auf der einen Seite Theologen und sagen: Die Wunder da in der Bibel, die brauchst du alle nicht zu glauben, die sind alle nicht so geschehen. Das sind alles „Deutegeschichten“, die man deuten muss.

Aber es sind nicht nur die Theologen da oben, es ist auch das christliche Fußvolk. Wenn heute bei einem normalen Christen Gott wirklich einmal im Leben eingegriffen hat, vielleicht in einer Weise, wo man menschlich gar nicht damit gerechnet hat, wissen Sie, was dann ein durchschnittlicher Christ heute sagt? Ich hab „Schwein gehabt“. Oder wenn es vielleicht ein älterer Christ ist, sagt er vielleicht noch: Da habe ich einen guten Schutzengel gehabt. Aber wer von uns kommt noch darauf, Gott dafür zu danken, dass er mit Zeichen und Wundern in unser Leben eingreift. Auch hier: Ein bisschen Religion, ein bisschen Kult, ja. Aber rede mir bitte nicht von Wundern.

Und die Menschen verhärten sich, und lehnen so einen Gott, so einen Jesus ab.

 

Wissen Sie, was jetzt wiederum das Erschreckende ist, genauso wie damals in Galiläa? Jesus geht in die benachbarten Dörfer, und er lehrt dort.

In dem Maße, wie sich die Stammländer des Christentums verhärten, in dem Maße ist Jesus an die Ränder gegangen. Schau Dir einmal heute die Christen an in Brasilien, in Lateinamerika, oder in Afrika oder auf den Philippinen. In den Ländern der dritten Welt, wo die armen Heiden sitzen, wie man früher immer gesagt hat. Wie da der Glaube blüht! Wie da das Christentum auch zahlenmäßig in einer Weise zunimmt, wie wir uns das gar nicht vorstellen können. (Wir haben bei uns ja nur Minuswachstum.) Wie da eine Freude sichtbar wird beim Gottesdienst. Da schaut keiner auf die Uhr und sagt: „Jetzt predigt er schon wieder fünf Minuten länger.“ Es wird einfach die Freude an Gott ausgelebt. Schauen Sie sich die Menschen an, die erleben etwas von der Herrlichkeit Gottes.

Und wir hier, wir haben einen trockenen Büchergott bekommen, der keinen mehr hinter dem Ofen weglockt. Bei uns vertrocknet der Glaube, er verdunstet, er verdünnt immer mehr zu ein bisschen Moral.

Es ist eine harte Botschaft, aber verhärten hat ja auch etwas mit ‚hart’ zu tun. Und doch ist diese Botschaft auch Evangelium im eigentlichen Sinne, Frohe Botschaft.

Sehen Sie, wenn wir noch einmal in das Evangelium von heute hineinschauen: Nazareth als ganzes hat sich verschlossen, aber Jesus hat in Nazareth die Einzelnen gefunden, die sich ihm geöffnet haben. Es steht dabei: „Nur einigen Kranken legte er die Hände auf und heilte sie.“ Jesus hat diese Einzelnen gefunden, auch wenn Nazareth als ganzes sich verhärtet hat.

Und glaubt mir, wenn wir heute in unserem Land uns Jesus gegenüber verschließen und ihn ablehnen, Jesus wird auch heute die Einzelnen finden. Vielleicht sind es nur wenige, ich weiß es nicht. Jesus wird die Einzelnen finden, die sich ihm öffnen. Und die werden die Herrlichkeit Gottes erleben, die Freude die aus dem Glauben an Jesus Christus kommt. Sie werden das Eingreifen Gottes in ihrem Leben, in ihrer Welt erfahren.

Und es ist meine tiefe Hoffnung, wenn es auch nur wenige sein sollten, es ist meine feste Hoffnung dass Du dabei bist und ich auch. Amen.

 

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