Pfarrer Karl Sendker

Predigten - Hilfen zur Bibelarbeit

Gottesdienste - geistliches Leben

 

16. Sonntag A
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Predigten

Predigtverzeichnis  nach Bibelstellen geordnet

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Predigt zum Evangelium:   Mt 13,24-30

Predigt zum Evangelium:   Mt 13,31-34

Predigttext:    Mt 13,24-30

 

Liebe Schwestern und Brüder! 

 

Dass auf einem Weizenfeld gelegentlich auch einmal eine Distel, ein Unkraut, wächst, das ist normal, das kann ein Bauer fast nicht verhindern. Das erlebt man auf jedem Acker, wenn man durch die Felder geht. Aber wenn einer auf das Feld seines Nachbarn bewusst Unkraut sät, weil er mit ihm verfeindet ist, dann ist das, auf gut Deutsch gesagt, eine Sauerei. Und von so einer ‚Sauerei’ redet Jesus in unserem Gleichnis.

Da passiert das Unfassbare, das Ungeheuerliche, dass da einer, nur weil er mit dem Nachbarn verfeindet ist, Unkraut unter den Weizen sät. Als dann beides hochkommt, sieht man das Unheil. Meist wächst ja das Unkraut fast noch schneller und besser als der Weizen.

 

Das ist nicht nur ein Gleichnis, das ist Realität.

Überall wo Gott in dieser Welt guten Samen aussät, da sät der Teufel sofort Unkraut dazwischen.

Das fängt schon an auf den ersten Seiten der Bibel. Da hatte Gott guten Samen gesät; er hatte den Menschen das Paradies, den Garten gegeben. „Von allen Früchten dürft ihr essen; nur von dem einen Baum in der Mitte nicht“, hatte Gott gesagt. Gott hatte ihnen Leben in Fülle geschenkt. Das war die Saat, die Gott gesät hatte. Und was macht der Teufel? Er sät sofort sein Unkraut dazwischen. Da kommt die Schlange und sagt: „Gott gönnt euch das nicht.“ Und so sät die Schlange Misstrauen. Und von da an geht ein Riss des Misstrauens durch die ganze Schöpfung.

 

Da hatte Jesus seine Kirche gegründet als ein Zeichen der Königsherrschaft Gottes in dieser Welt. Es sollte ein Zeichen der Liebe sein, ein Zeichen der Einheit unter den Menschen, so dass die Menschen damals gesagt haben: „Seht nur, wie sie einander lieben“, ein Herz und eine Seele. Das war die Saat Gottes. Und was macht der Teufel? Er sät mitten in der Kirche sein Unkraut dazwischen: Zwietracht, Spaltung, Verleumdungen, Tratsch, bis auf den heutigen Tag. So sehr, dass die Kirche dieses Zeichen der Liebe und der Einheit oft gar nicht mehr ist.

 

Da haben heute Eltern den Samen des Glaubens in die Herzen ihrer Kinder gesät, und das war echt. Aber dann gehen die Jahre ins Land; und als die Kinder größer werden, gehen sie auf einmal Wege, von denen die Eltern sagen: Wie kann das denn, dass sie solche Wege gehen? Das haben wir doch nicht gesät. Wir haben doch versucht, alles gut zu machen. Ja, sie haben auch alles gut gemacht, nur sie haben vielleicht nicht daran gedacht, dass auch noch ein Anderer mitsät in die Herzen der Kinder. Das ist der Teufel, der sein Unkraut sät.

 

Da gibt es in unseren Kirchen heute eine vielfältige gute Saat, die an allen Stellen aufbricht. Überall gibt es Erneuerungsbewegungen in der Kirche, Zeichen der Hoffnung für die Kirche heute. Wo Menschen nicht nur aus Tradition Christ sind, sondern aus einer bewussten Entscheidung für Jesus Christus heraus. Aber gleichzeitig wächst auf dem Acker der Kirche eine unglaubliche Menge Unkraut. Christen, die zwar alle noch ihren Taufschein haben, die sich aber ansonsten nicht mehr um den ‚lieben Gott’ kümmern. Gut, die kommen ab und zu noch einmal zur Kirche: bei einer Beerdigung, bei einer Trauung oder bei der Erstkommunion, vielleicht noch am Heiligabend fürs Gefühl. Aber sonst siehst und hörst du von denen nichts. Christliches Unkraut!

Und das Schlimmste bei dem ‚christlichen Unkraut’: Das sind oft Menschen, die in den Gemeinden die größten Ansprüche stellen. „Wir zahlen doch schließlich Kirchensteuer, dann haben wir doch auch ein Recht auf das und das.“ Und solche behindern im Grunde genommen das Wachstum der Gemeinde.

 

Ich muss ganz ehrlich sagen, manchmal habe ich gedacht, wenn man so dieses ganze ‚christliche Unkraut’ sieht: Soll man das nicht einfach ausreißen? Soll man nicht einfach eine Kirche leben mit entschiedenen Christen, mit denen man dann wirklich ein Zeichen der Einheit und ein Zeichen der Gottesherrschaft in dieser Welt aufrichten kann? Soll man das Unkraut in der Kirche nicht einfach ausreißen?

 

Ganz praktisch würde das bedeuten: Sollen wir wirklich jedes Kleinkind zur Taufe zulassen, auch wenn deutlich ist, dass die Eltern mit Glauben nichts mehr am Hut haben? Sollen wir jedes Kind mit zur Erstkommunion gehen lassen, obwohl heute schon abzusehen ist dass von dreißig Kommunionkindern zwanzig die Kirche anschließend kaum mehr von innen sehen, bisschen überspitzt gesagt? Sollen wir wirklich jedes Brautpaar zur kirchlichen Trauung zulassen, obwohl ganz deutlich ist: Die wollen sich gar kein Sakrament spenden. Aber es ist halt so schön in der Kirche, so schön feierlich.

Sollen wir da nicht einfach einen Strich machen und sagen: Weg damit, ausreißen?

 

Aber dann sagt uns Jesus heute in diesem Gleichnis: Nein! Nicht ausreißen! Wachsen lassen! Beides wachsen lassen bis zur Ernte! Jesus ist sich darüber klar, dass das Unkraut mitwächst, und dass dieses Unkraut vom Feind ist. Aber er verbietet ausdrücklich, dass wir dieses Unkraut ausreißen.

 

Ich hab dieses Gleichnis früher nie verstanden. Aber wenn man tiefer darüber nachdenkt, dann entdeckt man auf einmal: Auch in meinem eigenen Herzen ist ja nicht nur Weizen, da ist ja auch Unkraut dazwischen. Und die Grenze, wer will die denn so genau ziehen? Das ist Unkraut, und das ist Weizen.

Wir feiern in diesen Tagen das Fest Peter und Paul. Da sagt Jesus dem Petrus: „Du bist Petrus, der Fels, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen.“ Du bist Weizen Gottes! Aber drei Sätze später sagt Jesus zu dem gleichen Petrus: „Hinweg von mir, Satan, du bist mir ein Ärgernis.“ Was war denn nun der Petrus? War der Unkraut oder war er Weizen?

Da merkt man, dass die Unterscheidung gar nicht so einfach ist.

 

Um noch einmal auf das Bild zurückzukommen, Jesus braucht ja ein Gleichnis, ein Bild: Es hat tatsächlich damals in Israel ein Unkraut gegeben, das im Anfangstadium des Wachstums dem Weizens sehr ähnlich sah. Und darum sagt Jesus: Nicht ausreißen! Warum tut er das?

 

Jeder Mensch, jeder Christ, bei dem das Samenkorn des Glaubens auf guten Boden gefallen ist, ist Jesus so wichtig und so kostbar, dass Jesus auf jeden Fall vermeiden möchte, dass so einer irrtümlich zusammen mit dem Unkraut ausgerissen wird. Das könnte schnell geschehen. Jeder, bei dem das Samenkorn des Glaubens aufgegangen ist, ist so wichtig, dass Jesus dafür eine Menge Unkraut in Kauf nimmt. Das ist für uns Menschen nicht immer einfach. Wir würden lieber einen Strich ziehen. Aber wir haben hier ganz schlicht Jesus gehorsam zu sein.

 

Ein Zweites, und das sage ich jetzt mit genau dem gleichen Nachdruck, weil es auch im Evangelium steht: Man könnte ja jetzt auf die Idee kommen und sagen: Wenn Jesus auffordert, beides wachsen zu lassen, dann ist es ja letztlich egal, ob ich Unkraut bin oder Weizen. Es darf ja sowieso beides wachsen.

Nein, das ist nicht egal!

Es wird einmal der Tag kommen, wir nennen ihn den ‚Jüngsten Tag’, wo Jesus Christus wiederkommt. Und an diesem Tag wird Jesus selbst, nicht der Pfarrer, seine Schnitter aussenden. Und dann wird zuerst das Unkraut gesammelt, wird zusammengebunden und ins Feuer geworfen. Dieses Feuer ist ein Bild für die Hölle, auch wenn wir das heute nicht mehr gerne hören.

Und es wird an diesem Tag einmal alles darauf ankommen: Bist du Weizen gewesen, oder bist du Unkraut gewesen? Da steht alles auf dem Spiel. Es ist nicht egal, wie wir unser Leben führen, ob wir Weizen sind oder Unkraut.

Jetzt, heute, ist noch die Zeit der Gnade und die Zeit der Barmherzigkeit Gottes. So wie Paulus das einmal im Römerbrief geschrieben hat: „Merkst du nicht, dass Gottes Langmut dich zur Umkehr führen will?“ Gott ist langmütig, Gott hat einen langen Atem mit uns. Aber Gott ist nicht nett und gutmütig, dass er sagen würde: Lass doch, das ist doch egal, ob einer Weizen ist oder Unkraut. Nein, Gottes Langmut will dem Menschen Zeit und Gelegenheit geben zur Umkehr. Es wird einmal der Tag kommen, wo geschieden wird zwischen Unkraut und Weizen.

 

Ein Drittes, nur noch ganz kurz angehängt:

Wie kann man denn vermeiden, dass im eigenen Herzen Unkraut wächst? Ich habe ja eben gesagt, dass dieser Zwiespalt oft im eigenen Herzen ist, dass da im eigenen Herzen Weizen und Unkraut nebeneinander wächst. Wie kann man das verhindern? Ausreißen dürfen wir ja nicht.

 

Da gibt uns dieses Gleichnis am Anfang ein winziges Stichwort, das uns hilft. Da heißt es am Anfang: „Während die Leute schliefen, kam ein Feind und säte Unkraut unter den Weizen.“ Während die Leute schliefen. Hier wird ein Stichwort angesprochen, das in den Evangelien und in den Paulusbriefen ganz wichtig ist, das Stichwort ‚Wachsamkeit’. Und wenn mir eins Sorge macht, dann dies, dass viele Christen heute nicht mehr wachsam sind, dass sie so in den Tag hineinleben. Sie wollen nicht mehr wahrhaben, dass der Teufel mitsät. Da gilt wirklich dieses eine: Sei wachsam, pass auf! Achte darauf - ich hab das am letzen Sonntag schon gesagt - ,was du in dein Herz säst´. Sei wachsam!

Das ist der Ruf, den Jesus uns zuruft, den Paulus uns zugerufen hat, der immer noch gilt bis auf den heutigen Tag: Sei wachsam, pass auf!    Amen.

 

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Predigttext:    Mt 13,31-34

 

Liebe Schwestern und Brüder! 

 

Ich weiß nicht, ob Sie schon einmal ein Senfkorn in der Hand gehabt haben. Wenn man so ein Senfkorn in der Hand hat, dann würde man nie auf Gedanken kommen: Es ist das kleinste von allen Samenkörnern.

Die Senfkörner bei uns sind eigentlich relativ groß. Da gibt es viel kleinere Samenkörner. Das ist hier bei uns so, nicht jedoch in Israel. Kurz nach meiner Priesterweihe hat ein Freund mir eine Spruchkarte aus Israel mitgebracht, da waren mit einem Tesastreifen einige Senfkörner aus Israel aufgeklebt. Er hatte diese Senfkörner aus Emmaus mitgebracht. Diese Senfkörner aus Israel waren so klein, dass man sie fast nicht sehen konnte.

 

Ich hab einmal einen Einkehrtag gehalten für Mitglieder der Frauengemeinschaft. Da ging es um das Wort Jesu: „Wenn euer Glaube so groß ist wie ein Senfkorn, oder besser: so klein ist wie ein Senfkorn, dann könntet ihr zu dem Berg sagen: Hebt dich hinweg ins Meer.“ Da hab ich dann eins von diesen Senfkörner aus Israel auf meine Bibel gelegt. Ich hab die Bibel rund gehen lassen, und jede Frau durfte sich dieses Senfkorn einmal anschauen.

Nun war eine Frau dabei, die war stark sehbehindert, sie hatte ganz dicke Brillengläser. Sie schaute auf die Bibel und sagte: „Ich kann das Senfkorn nicht sehen.“ Ich sagte: „Dann müssen sie ein bisschen näher rangehen. „Ich kann es immer noch nicht sehen“, sagte sie. „Dann müssen sie noch näher rangehen.“ Und sie ging noch näher ran, musste einmal tief Luft holen und schnaufen - und dann war das Senfkorn weg, und wir haben es nicht wieder gefunden. So klein war dieses Senfkorn.

 

Was Jesus mit diesem Bildwort sagen will, ist Folgendes: Mag es auch noch so klein sein, das kleine Senfkorn trägt in sich das Geheimnis des Wachstums. Und es wird aus so einem Senfkorn einmal eine Riesenstaude.

Ich habe in einem Lexikon nachgesehen. So eine Senfkornstaude kann über zehn Meter hoch werden. Da können wirklich Vögel ihre Nester drin bauen. Aus diesem winzigen Senfkorn wird eine riesige Staude. Das ist das Geheimnis des Wachstums.

 

Aber es ist auch das Geheimnis des Wartenkönnens. Jesus sagt hier: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Senfkorn. Wir möchten ja immer, dass das Reich Gottes, die Herrlichkeit Gottes in aller Größe sofort sichtbar wird. Und wir denken so wenig an das Geheimnis des Wartenkönnens.

Jeder Landwirt weiß: Wenn ich ein Samenkorn die Erde gesät habe, dann darf ich nicht jeden Tag hingehen, die Ackerkrume losmachen und nachschauen, ob es wohl schon gekeimt hat. Dann geht das Samenkorn mit Sicherheit kaputt.

Das Samenkorn braucht seine Zeit, wo es in der Erde ruhen kann, wachsen kann. Und irgendwann wächst aus der Erde ein Halm, ein Spross. Aber es braucht Zeit und Geduld. Und diese Geduld haben wir heute oft zu wenig. Wir möchten, dass immer alles sofort da ist, dass alles sofort perfekt ist. Aber so ist das im Reich Gottes nicht.

 

Ich will ihnen dafür ein Beispiel nennen:

Wir haben bei uns heute in der Kirche den Eindruck, als wenn in der Frage der Ökumene sich so wenig bewegt. Was würden wir uns glücklich schätzen, wenn wir evangelischen und katholischen Christen gemeinsam Abendmahl bzw. Eucharistie feiern könnten. Aber da scheint sich nichts zu bewegen.

Wenn wir jedoch einmal auf das Geheimnis des Wachstums achten, und wenn die Älteren von uns einmal fünfzig Jahre zurückschauen, was in Deutschland in der Ökumene in diesen fünfzig Jahren gewachsen ist, dann ist man total erstaunt und überrascht.

Ich kann mich noch erinnern: Als ich kleiner Messdiener war, wenn dann in meiner Heimatstadt Fronleichnamsprozession war und wir mit dem Allerheiligsten durch die Felder gezogen sind, dann haben die evangelischen Christen manchmal auf den Feldern Jauche gefahren, nur um uns Katholiken zu ärgern. Umgekehrt haben katholische Landwirte am Karfreitag, dem höchsten Feiertag der evangelischen Christen, ihre Ställe gekälkt. Karfreitag war halt im Bewusstsein der Katholiken kein richtiger Feiertag.

Ich durfte als kleiner Junge in den Ferien oft bei meinen Freunden schlafen und die bei uns. Aber ich hatte einen Klassenkameraden, der war evangelisch. Meinen Sie, ich hätte bei dem schlafen dürfen. Ich hätte mich ‚anstecken’ können.

Da merkt auf einmal, wenn man sich das vor Augen hält, was da im Laufe der Jahre an Gutem gewachsen ist. Da ist diese Staude Ökumene, die aus dem kleinen Senfkorn gewachsen ist, doch schon recht groß geworden.

 

Wer hätte vor dreißig Jahren zu denken gewagt, dass wir einmal einen ökumenischen Kirchentag haben würden. Wer hätte nach dem Krieg gedacht, dass in manchen Pfarrgemeinden evangelische Christen sich beteiligen an der katholischen Fronleichnamsprozession? Dann spürt man, wie viel inzwischen gewachsen ist.

Lasst uns das beherzigen: dieses Geheimnis des Wachstums und gleichzeitig auch das Geheimnis der Geduld. Jeder Landwirt weiß: Wenn ich ein Samenkorn gesät habe, dann es ist nur eine Frage der Zeit, und ein Halm wächst hoch

 

Aber dann kommt noch ein zweiter Punkt. Wir singen in einem neuen geistlichen Lied: „Kleines Senfkorn Hoffnung, mir umsonst geschenkt, werde ich dich pflanzen, dass du weiter wächst, dass wirst zum Baume, der uns Schatten wirft, Früchte trägt für alle, alle, die in Ängsten sind.“

Die Frage, die dieses Evangelium an uns stellt, ist auch: Säen wir Christen wirklich das Senfkorn Hoffnung? Ich hab manchmal Sorge, dass wir viel zu häufig das Senfkorn Resignation säen, das Senfkorn Frustration und Bitterkeit. Und diese Samenkörner gehen auch auf.

Und wenn Jesus uns in diesem Evangelium sagt: Wenn das Samenkorn gesät ist, dann geht es auch auf, dann lasst uns doch daraus den Mut schöpfen, wieder neu das Senfkorn Hoffnung zu säen. Ich bin ganz sicher: In dem Maße, wie wir das Senfkorn Hoffnung säen, werden wir auch die entsprechenden Früchte sehen.   Amen.

 

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