Pfarrer Karl Sendker

Predigten - Hilfen zur Bibelarbeit

Gottesdienste - geistliches Leben

 

1. Advent B
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Predigten

Predigtverzeichnis  nach Bibelstellen geordnet

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unter dem Stichwort Kassettendienst .

Predigt zur 1. Lesung:    Jes 63,16 - 64,7  (Auswahl)

Predigt zur 2. Lesung:   1 Kor 1,3-9

Predigt zum Evangelium;   Mk 13,24-37

Predigttext:    Jes 63,16 – 64,7  (Auswahl)

 

Predigt im MP3 Format

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

„Wann bist du eigentlich lieb, lieber Gott? Warst du lieb, als du meinen kleinen Jungen, der gerade ein Jahr alt war, als du meinen kleinen Jungen von einer brüllenden Bombe zerreißen ließest? Oder warst du lieb, als von meinem Spähtrupp elf Mann fehlten? Elf Mann zu wenig, lieber Gott. Du warst nicht da, lieber Gott. Die elf Mann haben gewiss laut geschrien in dem einsamen Wald, aber du warst nicht da, einfach nicht da, lieber Gott. Warst du in Stalingrad lieb, lieber Gott, warst du da lieb? Wann warst du denn eigentlich lieb, lieber Gott, wann? Wann hast du dich jemals um uns gekümmert, lieber Gott?“

Diese erschütternden Sätze stehen in einem Buch, das Wolfgang Borchert 1946, unmittelbar nach dem Krieg, geschrieben hat, mit dem Titel: „Draußen vor der Tür“. Aber diese erschütternden Sätze sind ja in der Du-Form geschrieben; da wird ja Gott angeredet. Und dann sind diese erschütternden Fragen  eigentlich ein Gebet. „Wann warst du denn lieb, lieber Gott?“

Man könnte so ein Gebet bis in unsere Tage hinein weiterziehen. Wo warst du denn lieber Gott, wenn in Deutschland Eltern ihre Kinder verhungern lassen und dann in eine Tiefkühltruhe verstecken? Warst du da lieb, lieber Gott? Wo warst du denn, lieber Gott, als die Terroristen ihre Bomben gezündet haben, fast täglich im nahen Osten? Warst du da lieb, lieber Gott, als 2004 fast genau am Weihnachtsfest in Südostasien der Tsunami das ganze Land überschwemmte und Hunderttausende von Menschen den Tod fanden? Warst du da lieb, lieber Gott? Warst du lieb, lieber Gott, als jetzt vor einigen Wochen das schwere Erdbeben in Pakistan war und jetzt Hunderttausende von Menschen jetzt in der Kälte frieren müssen, viele gestorben sind? Wo warst du da, lieber Gott?

 

Ich weiß wohl, zu Beginn des Advent erwartet man eigentlich einen anderen Text: „Advent, Advent, ein Lichtlein brennt …“, oder:  „Draußen vom Walde komm ich her ...“ Das sind ja so die schönen Gedichte, die wir als Kinder in der Schule gelernt haben.

Aber heute geht es in der Liturgie des ersten Adventsonntags auch um ein Gebet, das bohrende Fragen stellt.

Das Volk Israel ist in der babylonischen Gefangenschaft, verschleppt über tausende von Kilometern nach Babylon. Jerusalem, die heilige Stadt, dem Erdboden gleichgemacht, der Tempel völlig zerstört. Israel mit seiner ganzen Hoffnung total am Ende. Und dann haben sie gejammert: Gott hilft uns ja sowieso nicht. Es hat überhaupt nichts gebracht, dass wir zu Gott gehalten haben.

Aber dann kommt in dieser Zeit ein Beter, der fängt plötzlich an, bohrende Fragen zu stellen. Das war die Lesung die wir eben gehört haben. Das sind die gleichen Fragen, die Wolfgang Borchert hatte. „Warum, Herr, hast du unser Herz hart gemacht? Warum lässt du uns abirren von deinen Wegen?“ Diese bohrenden Fragen: „Warum?“ Das ist die Besinnung dieses Advents.

Und wenn damals Israel gesagt hat: Es hat nicht mal mehr Sinn zu beten, der Himmel ist sowieso zu, unser Gebet geht nur bis zur Zimmerdecke …, dann fängt dieser Beter doch an zu beten: „O Herr, reiß doch den Himmel auf und steige herab. Wirke wieder Wunder, die heute keiner mehr erwartet.“ Daher kommt das Lied, das wir eben gesungen haben: „O Heiland, reiß die Himmel auf.“ Die Menschen haben den Eindruck gehabt: der Himmel ist zu. „O Heiland, reiß doch den Himmel auf und steig herab, dass wir spüren können: du bist ein lebendiger Gott.“

Sehen sie, adventliche Menschen sind nicht Menschen, die eine Weihnachtsfeier veranstalten, mit Glühwein und Plätzchen um einen Adventskranz. Adventliche Menschen sind Menschen, die sich mit dem Unheil der Menschheit nicht abgefunden haben, die aber auch Gott nicht einfach anklagen: „Wie kann Gott das alles zulassen?“ Sie haben nicht eine Anklage auf den Lippen, sondern eine Klage. Und mit dieser Klage gehen sie vor das Angesicht Gottes und sagen: „Wo bist du denn, lieber Gott? Warum hast du das alles zugelassen?“ Sie gehen vor das Angesicht Gottes, und dann schreien sie ihre Klage heraus.

 

Als das Volk Israel schon einmal in einer ähnlichen Lage war, im Sklavenhaus Ägyptens, vielleicht kennen Sie noch die Geschichte vom brennenden Dornbusch. Da erscheint Gott dem Mose im brennenden Dornbusch. Und da sagt Gott aus dem brennenden Dornbusch heraus: „Ich habe das Schreien meines Volkes gehört, ich kenne ihre Not. Und ich bin herabgestiegen, um es zu befreien.

 

Schwestern und Brüder, kann Gott heute noch unser Schreien hören angesichts der Not in dieser Welt? Oder zucken wir die Achseln, machen vielleicht eine Spendenaktion? „Sternstunden“ im Fernsehen, wo man per Telefon eine Summe überweisen kann, und das war es dann.

Kann Gott noch unser Schreien hören, angesichts der Not, unter der wir manchmal fast zusammenbrechen, oder gehen wir zur Tagesordnung über? Wenn Advent eine Zeit der Besinnung ist, dann soll es eine Besinnung in dieser Weise sein.

 

Ein Zweites tut der Beter in diesem großen Gebet: Er bekennt seine Schuld. Er weiß im tiefsten: der Unheilszustand der Welt hängt mit der Schuld zusammen. Und dann fängt er an hier zu beten: „Wir sind seit Urzeit treulos geworden.“ Das ist die Sünde, die er bekennt.

Wir könnten uns fragen: Wo ist denn Treue heute zu finden, Verlässlichkeit, meinetwegen in ehelichen Beziehungen? Oder auch, wenn man dem andern ein Versprechen gegeben hat, z.B. im Geschäftsleben. Wo ist denn noch Treue und Verlässlichkeit zu spüren bei uns?

„Wir sind von Urzeit an treulos geworden. Wie unreine Menschen sind wir alle geworden; unsere ganze Gerechtigkeit ist wie ein schmutziges Kleid.“

Wenn ein Kind bei der Taufe ein weißes Taufkleid bekommt, dann sagt der Priester: „Trag dieses Kleid als Zeichen deiner Würde, und bewahre diese Würde.“ Aber wer hat sie denn bewahrt? Der Beter sagt hier: „Unsere Gerechtigkeit ist wie ein besudeltes, schmutziges Kleid. Wir sind verwelkt wie Laub, das abgefallen ist. Unsere Schuld trägt uns fort, wie der Wind die Blätter fortträgt.“ Das bedeutet doch: Was wir tun und sagen hat kein Gewicht mehr, wird weggeweht, wie der Wind die Blätter wegweht jetzt in diesen Tagen.

Aber, dieser Beter bekennt nicht nur seine eigene Schuld, sondern er bekennt stellvertretend die Schuld seines ganzen Volkes. Die Adventszeit ist auch eine Zeit der Buße und der Umkehr, wo man sich einmal wieder darauf besinnt: Wo bin ich schuldig geworden? Wo ist meine Schuld auch ein Teil der Schuld des ganzen Volkes?

Der Terror etwa beginnt ja nicht erst da, wo die Bomben gezündet werden, sondern der Terror beginnt in der Familie, wo manchmal schon Kinder ihre Eltern terrorisieren. Es beginnt am Arbeitsplatz, wo Arbeitskollegen sich gegenseitig schikanieren. Mobbing nennt man das dann heute. Da beginnt der Krieg, da beginnt der Terror. Und auch Treulosigkeit beginnt ja nicht im Großen, sondern im ganz Kleinen, etwa wenn ich ein Versprechen nicht einhalte.

Und was sagt hier der Beter beim Bekenntnis seiner Schuld: „Niemand ruft deinen Namen an, Gott, und keiner rafft sich dazu auf, an dir festzuhalten.“ Den Namen Gottes anrufen, das heißt beten. Wo wird denn noch gebetet in unserer Welt heute, in unseren Familien? Das wäre Besinnung des Advent, dass wir uns darauf wieder besinnen.

„Keiner rafft sich auf, an dir festzuhalten.“ Hier geht es um das Wort Vertrauen. Wer vertraut denn heute noch auf Gott, ganz praktisch im Alltag? Da vertrauen wir doch eher auf unsere Versicherungen, auf unsere Wirtschaftskraft, auf alles mögliche, aber nicht mehr auf Gott.

Und so fängt ein Beter an, Schuld zu bekennen, seine eigene Schuld und die Schuld des Volkes. Das ist Advent. Dazu lädt uns diese Lesung ein, sich darauf zu besinnen.

 

Aber dann tut der Beter in seinem Gebet noch einen weiteren Schritt, der ganz wichtig ist. Er hält daran fest: „Dennoch, du bist unser Vater. Dein Name ist von alters her unser Erlöser.“

Und wenn unsere Schuld noch so schwer ist, du bist unser Erlöser, daran halte ich fest. Du bist unser Vater. Du bist der Welt gegenüber nicht gleichgültig, auch nicht der Not der Welt gegenüber. Nein, du bist engagiert, so wie ein Vater engagiert ist für seine Kinder. „Du bist unser Vater, unser Erlöser ist von alters her dein Name.“ Und wiederum: Dazu lädt uns die Adventszeit ein, angesichts der Not der Welt, auch angesichts der Schuld der Welt daran festzuhalten: „Du bist unser Vater.“ Das ist der Mittelpunkt.

Denken sie an das Gleichnis vom Verlorenen Sohn. Als der Sohn umkehrt, da hat der Vater ihn nicht weggeschickt. So schmutzig wie er war, ist ihm der Vater um den Hals gefallen: Du bist mein Sohn. Und als der dann sagt: „Halte mich wie einen deiner Knechte.“ „Kommt überhaupt nicht in Frage, du bist mein Sohn.“ Weil der Vater für seine Kinder engagiert ist.

Wo sind die Menschen, die heute daran festhalten?

 

Und schließlich ein Letztes, wie so ein Anhang, nur so ein ganz kleines halbes Sätzchen: „Außer dir gibt es keinen Gott, der denen Gutes tut, die auf ihn hoffen.“

Adventliche Menschen sind Menschen, die eine Hoffnung haben, auch angesichts unserer Weltlage. Die auch nicht resignieren, die auch nicht großkotzig sagen: „Das kriegen wir alles schon wieder in den Griff“, sondern Menschen, die ihre Hoffnung auf Gott gesetzt haben, die damit rechnen, dass ER in diese Welt eingreift. Er hat das oft genug getan, in diese Welt eingegriffen. Am Ende steht nicht Terror, Krieg oder Schrecken. Sondern am Ende, das sagt  uns die Bibel im letzten Buch des Neuen Testamentes, am Ende steht eine neue Schöpfung, die ist geprägt von Freude, von Glanz, von Herrlichkeit. Und über dieser Schöpfung steht am Ende das Zeichen des Regenbogens. Das ist vom Alten Testament her das Zeichen der Treue Gottes. Wo wir treulos geworden sind, da spannt Gott den Regenbogen über die Welt als Zeichen seiner Treue. „Ihr werdet mich nicht dazu bringen“, sagt Gott, „dass ich euch untreu werde.“ Das ist unsere Hoffnung, das ist unsere Zuversicht, angesichts der Not dieser Welt und angesichts der Schuld dieser Welt.

Der letzte Satz der Bibel, im allerletzten Vers im Neuen Testament, ist ein ganz kurzer Gebetsruf. Der war den ersten Christen so wichtig, dass Paulus ihn am Ende des ersten Korintherbriefes sogar hebräisch zitiert. Und dieser Gebetsruf heißt, Marana tha“ Auf deutsch: Komm, Herr! Das ist der adventliche Ruf. Und dann als allerletztes die Antwort auf diesen Ruf. „Ja, ich komme bald.“  Amen.

 

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Predigttext:      1 Kor 1,3-9

 

Predigt im MP3 Format

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Zu Beginn der Predigt möchte ich Ihnen allen und all Ihren Familienangehörigen ein frohes und gutes neues Jahr wünschen. Jetzt schmunzeln einige von Ihnen, aber es ist so. Mit dem 1. Adventssonntag beginnt ein neues Jahr, ein neues Kirchenjahr.

Dieses neue Kirchenjahr, das am 1. Adventssonntag beginnt, wird nicht wie das bürgerliche neue Jahr mit Raketen, Knallern und Sektpartys gefeiert. Es wird begrüßt ganz still mit einer einzigen Kerze am Adventskranz. Aber eins gilt am Beginn des Kirchenjahres genauso  wie am Neujahrstag und in der Silvesternacht: dass wir uns gute Wünsche mit auf den Weg geben. Diese guten Wünsche heißen nicht „Prosit Neujahr“ oder „Alles Gute im Neuen Jahr“. Vielleicht ist Ihnen zu Beginn der Lesung aufgefallen: Da werden uns am Anfang für dieses neue Jahr, für dieses Kirchenjahr, gute Wünsche mit auf den Weg gegeben.

 

Da schreibt Paulus an die Christen in der Hafenstadt Korinth:

„Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus“.

Das sind die guten Wünsche, die wir für dieses neue Kirchenjahr mit auf den Weg bekommen. Nun kann man fragen: Was soll das schon Besonderes sein? Das sagt der Priester in fast jedem Gottesdienst am Anfang der Messe: „Gnade sei mit euch und Friede.“ Was ist das schon Besonderes?

Aber vielleicht lohnt es sich ja doch, diesen Glückwunsch ein bisschen abzuklopfen. Vielleicht hört man dann ja auch an einem normalen Sonntag  wieder etwas genauer hin.

 

Das Erste, was Paulus im Namen Gottes der Gemeinde zuspricht ist Gnade „ Gnade sei mit euch“. Nun ist das Wort Gnade so ein theologisches Fachwort; darunter kann sich kaum einer etwas genaues vorstellen. Alles ist eben Gnade. Aber das deutsche Wort Gnade kommt von dem althochdeutschen Ausdruck „Genade“. Und das heißt wörtlich: „neigen, sich jemandem zuneigen, sich herunter bücken zu einem, der niedrig ist“. Dann bedeutet dieser Zuspruch auf einmal: Gott neigt sich dir in diesem Jahr zu. Ganz gleich, wie niedrig wir sind, der große Gott ist uns geneigt, er bückt sich, er hat sich in Jesus Christus ganz klein gemacht, und er neigt sich dir zu.

Wir haben ja im Deutschen auch die Redensart, dass wir von „Zuneigung“ sprechen. Und wir meinen damit Liebe. Gott schenkt dir seine ganze Zuneigung, das bedeutet dieses Wort Gnade. Lass dir das mit auf den Weg durch das neue Kirchenjahr gegeben sein: Gott schenkt dir seine ganze Zuneigung.

Aber das Wort Gnade bedeutet noch viel mehr.

Das griechische Wort für Gnade heißt „Charis“. Ein Fremdwort aus dem Französischen, das uns geläufig ist, steckt in diesem Wort Charis drin und hat die gleiche Wurzel, nämlich das Wort „Charme“. Und dann bedeutet dieses Wort „Gnade“ auf einmal: Gott Traut uns zu, dass wir ein Christentum leben mit Charme, ein Christenleben, das Ausstrahlungskraft hat.

Das lateinische Wort für Gnade heißt „gratia“ „Ave Maria, gratia plena“ „voll der Gnade“, sagt  der Engel zu Maria bei der Verkündigung. Auch das lateinische Wort gratia ist die Grundlage für  ein Fremdwort, das wir auch aus dem Französischen kennen: das Wort „graziös“. Und auch das Wort graziös bedeutet etwas Anmutiges, etwas Leichtes, etwas Schwebendes. Das bedeutet wiederum: Gott traut uns Christen zu, dass wir hier in dieser Welt ein anmutiges, leichtes, ich hätte fast gesagt, duftendes, leuchtendes Christenleben führen, und es dieser Welt vorleben.

In Klammern gesagt: Wenn der Engel bei der Verkündigung zu Maria kommt und sagt: „Gegrüßet seist du, Maria, du bist voll der Gnade“, dann könnte man das etwas salopp auch übersetzen: „Maria, was bist du charmant.“ Das ist es, was Gott uns zutraut.

Und wenn wir irgend etwas in unserer Zeit heute dringend nötig haben, dann ist es ein charmantes Christentum. Wir leben unser Christentum oft so verkniffen, so gequält, so bedrückt, so belastet. Lass dir von Gott seinen Charme spenden seine Gnade. Lass dir von Gott schenken, dass du ein leuchtender, strahlender, graziöser Christ bist.

 

Das Zweite, was Paulus uns zuspricht in diesem kurzen Wunsch: Gnade sei mit euch „und Friede von Gott unserem Vater.“ Das hebräische Wort für Friede, welches hier dahinter steht, kennen wir als Fremdwort, das Wort „Schalom“. Wenn zwei Juden auf der Straße sich begrüßen, dann wünschen sie sich „Schalom“. Das hebräische Wort Schalom, Friede, bedeutet aber viel mehr als das, was wir heute unter Friede verstehen. schalom ist nicht nur dann, wenn die Waffen schweigen, wenn man keinen Krieg mehr führt. Das wäre einem Juden, und das wäre der Bibel viel zu wenig, wenn sie von schalom redet. schalom bedeutet, dass Du ein randvoll geglücktes Leben führen kannst; dass das Leben, das Zusammenleben der Menschen, gelingt, in der Familie, in der Gemeinde, in unserer Welt, das Zusammenleben der Völker. Dass es nicht nur heißt: Es gibt keinen Krieg. Nein, das ganze Wohl der Völker liegt in diesem Wort Schalom.

Um es ein bisschen überspitzt zu sagen: schalom bedeutet, dass du dich vor den Spiegel stellen kannst, schaust dir ins Gesicht, und das du dann ein Wort aus dem 139. Psalm beten kannst: „Ich danke dir Gott, dass du mich so wunderbar geschaffen hast.“ Das man mit sich selber wirklich im Reinen ist, dass man sich selber anschauen kann.

Schalom bedeutet, dass man am Ende eines Tages sagen kann: Es hat sich gelohnt, dass ich diesen Tag gelebt habe. Es war ein guter Tag heute. Das bedeutet schalom.

Schalom bedeutet, das man am Ende seines Lebens sagen kann: Es war gut, dass ich gelebt habe, das ich über diese Erde gegangen bin.

Diese ganze Fülle, ein randvoll erfülltes Leben, das steckt in diesem Wort „Schalom“. Und das spricht uns Gott zu.

„Gnade sei mit euch und Friede.“ Ein charmantes Christenleben und ein randvoll erfülltes Leben.

 

Woher bekommt man das? Auch das steckt in diesem Gruß drin. Nicht durch unsere Schaffenskraft; nicht durch unsere moralischen Anstrengungen, sondern von Gott und von Jesus Christus. Er will uns Charme schenken. Er will uns seine Zuneigung schenken. Und er will uns schenken, dass dieses neue Jahr wirklich ein Jahr der Fülle wird für jeden von uns.

Gnade und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus sei mit euch, Amen!

 

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Predigttext:         Mk 13,24-37

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

In einem Sommerlager der KJG hat es einmal eine Situation gegeben, die wohl alle Beteiligten so schnell nicht vergessen werden. Es war Anfang August, kurz vor Ende unseres Lagers. Da kommt vom Nachbarzeltlager ein Junge und erzählt einem aus unserem Lager: „Am 12. August geht die Welt unter.“ Das hatte er bei Nostradamus gelesen, einem Schriftsteller des Mittelalters. Und dieser Nostradamus soll auch das Attentat auf den Papst vorausgesagt haben. Ganz sicher: „Am 12. August geht die Welt unter!“ Und nun waren es nur noch ein paar Tage bis dahin.

 

Man hat mir erzählt, dass es sich im Lager wie ein Lauffeuer ausgebreitet hat. Kinder fingen an zu weinen; manche sind in Panik geraten. Er hat sich eine Bibel besorgt von der Lagerleitung, und sie haben sich mit der Bibel in ein Zelt zurückgezogen. Es wurden immer mehr, 10, 15, und haben die Bibel durchgewälzt, ob sie nicht irgendwo etwas finden, was die Bibel über das Ende der Welt sagt. Sie haben natürlich kaum etwas gefunden über das Ende der Welt. Es war eine total bedrückende Atmosphäre.

 

Diese Begebenheit ging mir durch den Kopf, als ich den Abschnitt aus dem Markusevangelium gelesen habe, der an diesem Sonntag als Evangelium gelesen wird. Ich denke, vielleicht ist es ganz gut, einfach einmal ein paar Dinge zu nennen, die die Bibel über das Ende der Welt sagt.

Es fällt zunächst einmal auf, dass die Bibel erstaunlich oft davon redet, gerade auch im Neuen Testament. Alles können wir hier gar nicht besprechen, aber doch wenigstens einige markante Punkte, die mir besonders wichtig sind.

 

Ein Erstes: Jesus sagt mit großem Nachdruck hier in diesem Evangelium: „Jenen Tag und jene Stunde kennt niemand, auch nicht die Engel im Himmel, nicht einmal der Sohn, sondern nur der Vater.“ Damit ist ein für allemal klargestellt, dass jeder, der diese Zeiten berechnen will, ob er bei den Zeugen Jehovas ist, ob er Nostrodamus heißt oder wie auch immer, dass der Unsinn erzählt. Der weiß dann nämlich mehr als Jesus Christus selbst. „Das weiß nicht einmal der Sohn“, steht hier, und damit ist die Sache eindeutig klar. Wir können demnach noch so sehr Berechnungen anstellen, das geht alles ins Leere, das ist Unsinn. Da soll man sich nicht verwirren lassen.

 

Ein Zweites: Die Bibel sagt mit großem Nachdruck: Dieser Tag des Endes, wenn Jesus Christus wiederkommt, wird ein Tag des Gerichtes sein, wo Menschen vor Gott Rechenschaft ablegen müssen. Und dieser Tag wird auch ein Tag sein, wo deutlich klar wird, dass Menschen auch in Ewigkeit verloren gehen können, dass Menschen auf ewig in der Hölle landen, wie wir traditionell sagen. Ich erinnere Sie an das Evangelium vom letzten Sonntag, vom Christkönigsfest. Da hieß es auf der einen Seite: „Kommt, ihr Gesegneten meines Vaters, und nehmt das Reich in Besitz.“ Aber es heißt auch: „Weichet von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das dem Teufel bereitet ist“.

Ich habe große Sorge, ob wir nicht zu gleichgültig ‚den lieben Gott einen guten alten Mann sein lassen. Der wird schon nicht so sein.’ Ich befürchte, je mehr wir heute Dinge wie Teufel, Hölle, Gericht und solche Dinge einfach auf die Seite schieben , um so mehr wird es für manche ein böses Erwachen geben an jenem Tag. Gut, vielleicht ist früher zu viel von der Hölle geredet worden, aber was wir heute erleben, dass man diese Dimension total ignoriert, und so lebt, als gäbe es so was überhaupt nicht, das ist fatal. Wie heißt es so schön im Karnevalsschlager: „Wir kommen alle, alle, alle in den Himmel, weil wir so brav sind.“ So ein Unsinn! Das wird sich an jenem Tag herausstellen, und es wird bitter sein. Wie ernst Gott selbst die Möglichkeit des totalen Scheiterns nimmt, kann man an einem ablesen: Meinen Sie, Gott hätte seinen Sohn kreuzigen lassen, wenn wir „alle, alle in den Himmel kommen, weil wir so brav sind“? Das kann doch wohl nicht sein, oder?

 

Ein Drittes: Dieser Tag, wo das Ende da sein wird, der Tag des Gerichtes, der Tag, an dem Jesus Christus wiederkommt, dieser Tag wird plötzlich kommen, unvorbereitet, so dass ihn keiner erwartet. Wie heißt es heute in der Lesung aus dem 1. Thessalonicherbrief, es ist das älteste Schriftstück des Neuen Testamentes überhaupt. Da schreibt Paulus: „Ihr wisst genau, der Tag des Herrn kommt wie ein Dieb in der Nacht“. Haben Sie schon einmal einen Dieb gesehen, der sich ankündigt: Ich komme heute Nacht um halb vier? Das gibt es nicht. „Und wenn die Menschen sagen: Friede und Sicherheit, dann kommt plötzlich Verderben über sie, so wie plötzlich die Wehen über eine schwangere Frau kommen, und es gibt kein Entrinnen.“ Das heißt mit anderen Worten: Dieser Tag wird so plötzlich kommen, dass Menschen unvorbereitet angetroffen werden, dass sie überhaupt nicht damit rechnen. Und es wird dabei scheinbar Friede und Sicherheit sein. Keiner rechnet damit, dass jetzt das Unheil kommt. Und dann wird es da sein.

Das ist der Aufruf, der durch das ganze neue Testament geht: der Aufruf zur Wachsamkeit.

Aber diese Tatsache, dass die Menschen unvorbereitet getroffen werden, wird verheerende Folgen haben. Ich lese einmal ein Stück aus der Endzeitrede des Lukasevangeliums vor. Da sagt Jesus: „In jenen Tagen wird es sein wie bei Noah. Die Leute aßen, sie tranken, sie heirateten und haben ihre Töchter zur Ehe gegeben bis zu dem Tag, da Noah in die Arche ging. Und die Flut kam und vernichtete alles“. Ich weiß nicht, ob die Jüngeren diese Geschichte von der Sintflut noch kennen: Gott wollte die Menschheit wegen ihrer Sünde vernichten, aber nicht grundsätzlich alle Menschen. Diejenigen, die zu ihm gehören, hat er bewahrt: Noah und seine ganze Familie. Er hat dem Noah den Auftrag gegeben: Baut ein Schiff auf dem trockenen Land. Und Noah hat angefangen und hat auf trockenem Land ein Schiff gebaut. Weit und breit nichts zu sehen von Wasser, kein Meer, kein Fluss. Die Leute haben ihm den Vogel gezeigt: Wieso baust du hier ein Schiff. Und Noah hat ihnen angekündigt: Es kommt das Gericht Gottes. Es gab Leute, die haben an dem Schiff mitgebaut, aber sie sind nicht hineingegangen. Und hinterher standen sie draußen, als das Gericht Gottes kam.

Oder Jesus sagt weiter: „Es wird sein wie in den Tagen Lots“. Das war zu Abrahams Zeit. Die Leute aßen und tranken, sie kauften und verkauften, sie pflanzten und bauten Häuser, alles ganz normale alltägliche Beschäftigungen. An dem Tag aber, als Lot von Sodom und Gomorra wegzog, regnete es Feuer und Schwefel vom Himmel und vernichtete alle. Genauso wird es sein an dem Tag, wo der Menschensohn kommt. Auch hier wieder kurz den Hintergrund: Gott hatte die Bosheit der beiden Städte Sodom und Gomorra gesehen, und er hatte beschlossen, diese beiden Städte mit Feuer und Schwefel zu vernichten; und er hat es getan. Aber er wollte Lot und seine Familie retten, weil die zu ihm standen Und Lot ist zu seinen Kindern und Schwiegersöhnen gegangen und hat ihnen gesagt: „Kommt mit heraus; Gott wird diese Stadt vernichten.“ Aber dann heißt es da im Buch Genesis: Die Kinder und Schwiegerkinder hielten das für einen Scherz; und sind nicht mitgegangen. Sie sind umgekommen. Nur Lot ist herausgeführt worden.

Ich möchte nicht wissen, wie viele Menschen auch heute noch dies für einen schlechten Scherz halten, wenn die Bibel von Gericht, von Hölle redet und von der Tatsache, dass Menschen verloren gehen können. Glaub mir, es wird ein böses Erwachen geben.

Noch ein Abschnitt, diesmal aus dem 2. Petrusbrief; es ist die Lesung vom nächsten Sonntag. Da schreibt Petrus: „Das sollt ihr wissen: In den letzten Tagen werden Spötter auftreten, voller Spottsucht, und sie werden nach ihren eigenen Lüsten wandeln. Und dann sagen sie: Wo bleibt denn seine Ankunft?“ Wo bleibt sie denn? Wir warten schon zweitausend Jahre darauf, würden wir heute sagen. Natürlich, die ersten Christen haben damit gerechnet, dass Christus zu ihren Lebzeiten wiederkommt, aber jetzt sind zweitausend Jahre vergangen. Das kann doch wohl nur ein Märchen sein, das mit der Wiederkunft Christi. Es rechnet doch heute kein Mensch mehr damit, oder?. Darauf gibt Petrus eine Antwort, er sagt: „Täuscht euch nicht! Der Herr verzögert die Verheißung nicht, sondern er ist langmütig gegen euch, weil er nicht will, dass jemand verloren gehe, sondern dass alle zur Umkehr gelangen.“ Darum zögert Gott noch. Lasst uns darauf achten, dass uns dieser Tag nicht unvorbereitet trifft.

 

Ein nächster Punkt, der wichtig ist. Wenn wir auch den Zeitpunkt nicht wissen, die Bibel sagt ganz deutlich und ganz klar, dass es Vorzeichen geben wird an denen wir ablesen können ob das Ende nahe ist. Und ich will Ihnen auch hier den Originaltext des Markusevangeliums vorlesen. Da sagt Jesus in der Endzeitrede: „Wenn ihr von Kriegen und Kriegsgerüchten hört , erschreckt nicht, das muss so kommen. Aber es ist noch nicht das Ende. Es wird sich ein Volk gegen das Andere erheben und ein Reich gegen das Andere. Da und dort werden Erdbeben sein; und riesige Hungersnöte wird es geben. Aber das ist erst der Anfang.“ Im letzten Buch der Bibel, in der Offenbarung des Johannes, ist von diesen Vorzeichen, von diesen Nöten und Drangsalen die Rede, die über die Erde kommen werden. Und es ist fast zum Erschrecken, wenn man es liest. Da heißt es: In dieser letzten Zeit wird ein großer Teil der Flüsse vergiftet sein, da wird ein großer Teil des Salzwassers der Meere vergiftet sein, und zwar zunehmend. Es wird ein großer Teil der Luft vergiftet sein. Und es wird ein großer Teil der Erde verdörrt und verwüstet sein. Das sind Dinge, die wir heute in erschreckendem Maße erleben.

Und Jesus sagt uns heute im Sonntagsevangelium mit großem Nachdruck: Ihr könnt doch die Zeichen deuten an den Bäumen. Wenn der Feigenbaum Blätter treibt, dann wisst ihr, dass der Sommer nahe ist. Warum könnt ihr denn nicht die Zeichen dieser Zeit deuten, und achtet nicht darauf, dass es ernst ist, dass die Zeit des Endes vor der Türe steht?

Wiederum bedeutet das nicht, dass wir jetzt von hinten herum versuchen, auszurechnen, wann es soweit ist, fünf Minuten vor zwölf, oder drei Minuten vor zwölf. Vielmehr sollen wir merken: Es ist heute für uns dringlich, vorbereitet zu sein. Und auch hier noch einmal der Hinweis: Diese Plagen, die Gott über die Welt kommen lässt, sind nicht das Gericht; das kommt erst noch. Sondern diese Plagen sind gleichsam wie ein Knüppel, den Gott den Menschen zwischen die Beine wirft: „Passt auf, ihr seid auf einem falschen Weg! Es ist notwendig, dass ihr euch bekehrt vom Machwerk eurer Hände hin zum lebendigen Gott.“ Und es ist für uns heute wichtig, dass wir diese Zeichen sehen, aber dann nicht in Panik geraten, sondern dass wir umkehren zu dem lebendigen Gott. Das ist erforderlich. Aber es steht auch immer wieder in der Bibel, ganz besonders in der Offenbarung des Johannes: „Die Menschen sahen diese Zeichen, diese Katastrophen, und sie bekehrten sich trotzdem nicht, sondern sie lästerten und fluchten dem lebendigen Gott“ Ist das nicht auch ein Kennzeichen unserer Zeit heute.

 

Ein Letztes: Ich sage das mit genau so großem Nachdruck, weil es die Bibel auch mit Nachdruck sagt: Alle diejenigen, die zu Jesus gehören (Ich sage bewusst nicht: Alle, die die einen Taufschein haben), die sich für ihn entschieden haben, die mit ihm gehen, alle die brauchen keine Angst zu haben. Jesus sagt mit großem Nachdruck in seiner Endzeitrede: „Die Menschen der Welt werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, die über diese Erde kommen. Ihr aber, die ihr zu mir gehört, wenn ihr das alles seht (Das heißt: Sie erleben das alles genau so mit!), erhebt eure Häupter, denn eure Erlösung ist nahe.

Und es wird überall in der Bibel darauf hingewiesen, dass Christus seine Getreuen bewahren wird. Er bewahrt sie nicht unbedingt vor der Drangsal, aber in dieser Drangsal und in dieser Not. Es steht sogar da, dass diese Tage der Drangsal von Gott abgekürzt werden um derer Willen, die zu Jesus gehören. Diejenigen, die wirklich zu ihm gehören, haben keinen Grund in Panik zu geraten. Ich greife noch einmal zurück auf das Alte Testament, auf die Geschichte mit der Sintflut und auf Noah: Noah und seine Familie haben die Sintflut auch miterlebt, aber sie waren drinnen in der Arche, und die anderen waren draußen. Das Entscheidende ist, ob wir drinnen sind oder ob wir draußen sind.

 

Sehen Sie, wir beginnen jetzt die Adventszeit. Die Adventszeit ist traditionell die Zeit, wo die Menschen Glühwein trinken und Kerzen anzünden. Es gibt Advents- und Weihnachtsfeiern hier und dort. Es wird sehr viel auf Stimmung gemacht: Adventskalender, Adventskranz; man wartet auf das Christkind, man macht Weihnachtseinkäufe. Das gehört alles zum Advent dazu, aber wenn wir den biblischen Aspekt vergessen, dass die Zeit dringend ist, dass wir den Ruf zu befolgen haben: „Seid wachsam! Lebt nicht einfach so in den Tag hinein und lasst den lieben Gott einen guten Mann sein.“ Wenn wir diese Botschaft des Evangeliums vergessen, dann haben wir im Tiefsten nicht verstanden, was Advent ist.

Am Ende der Endzeitrede sagt Jesus: „Was ich euch sage (den Jüngern damals), das sage ich allen (auch heute in unseren Tagen): „Seid wachsam!“   Amen!

 

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