Pfarrer Karl Sendker

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20. Sonntag A
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Predigt zum Evangelium:   Mt 15,21-28

Predigttext:    Mt 15,21-28

 

Predigt im MP3 Format

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

„Frau, dein Glaube ist groß.“ Kann es wohl ein stärkeres Lob geben aus dem Munde Jesu als dieses Urteil: „Frau, dein Glaube ist groß.“ Ich würde mich glücklich schätzen, wenn Jesus zu mir sagen  würde: „Karl, dein Glaube ist groß.“ So ein Urteil aus dem Mund Jesu! Und das Interessante ist: Diese Frau, der Jesus das sagt, war nicht einmal eine Frau aus Israel, aus dem Gottesvolk, sondern das war eine heidnische Frau. Eine Kanaanäerin aus heidnischem Gebiet. Und dieser heidnischen Frau sagt Jesus: „Frau, dein Glaube ist groß.“

Wir wollen uns den Glauben dieser Frau, der ja doch ein Vorbild ist, einmal anschauen. Wie sieht dieser Glaube ganz praktisch aus?

 

Ein Erstes: Diese Frau ist in einer großen Not. Ihre Tochter wird von einem Dämon gequält. Wir wissen nicht genau, was es damit auf sich hat, was damit gemeint ist, wenn es heißt: Sie wird von einem Dämon gequält. Aber eins ist offensichtlich: das ist in der Familie eine große Not und eine große Last gewesen.

Und jetzt tut die Frau den ersten richtigen Schritt. Sie wendet sich mit dieser großen Not an Jesus. Und ich glaube, das ist etwas, was wir von dieser Frau als erstes lernen können. Wenn wir in Not sind, ob das eine kleine Not ist oder eine große Not, wende dich in deiner Not an Jesus.

Ganz oft tun wir genau das Gegenteil. Wenn man so richtig bis zum Hals in der Not drinsteckt, dann ist uns der Blick auf Jesus oft verstellt. Man grübelt: wie komme ich da wieder da raus. Da hat man den Eindruck, alles schlägt über einem zusammen. Und man wendet sich dann so schnell von Jesus ab und hat Jesus nicht mehr im Blick.

Keine Not ist so groß und so aussichtslos, dass man sich damit nicht an Jesus wenden könnte. Das ist das erste.

 

Und dann muss diese Frau, als sie sich an Jesus wendet mit der Bitte: „Habe Erbarmen mit mir, Sohn Davids, meine Tochter wird von einem Dämon gequält.“, eine furchtbare Erfahrung machen: Jesus gibt ihr keine Antwort; er lässt sie einfach stehen; er beachtet sie gar nicht. Das ist bitter. Da hast du gebetet, und du bekommst keine Antwort von Gott. Das hast du wieder gebetet, hast zu Gott geschrieen, und Gott schweigt. Das ist eine ganz tiefe Anfechtung. Da kann der Glaube in eine ganz tiefe Krise kommen, wenn man den Eindruck hat: der Himmel ist zu. Meine Gebete kommen gar nicht bei Gott an, die gehen höchstens bis zur Zimmerdecke. Und Gott schweigt.

Viele Menschen haben diese Erfahrung machen müssen, ich auch sehr oft in meinem Leben. Dass du gebetet hast, und Gott schweigt, und Gott scheint das Gebet nicht gehört zu haben, und er lässt uns einfach im Regen stehen.

 

Was tut diese Frau, als Jesus sie einfach stehen lässt und ihr keine Antwort gibt? Sie lässt sich nicht beirren, sie hakt noch einmal nach: „Herr, hilf mir!“. Sie sagt nicht: „Gott hat uns eben vergessen.“ Nein, sie hakt nach, sie ist beharrlich und bleibt dran. Sie lässt sich durch das Schweigen Gottes nicht irritieren, sondern geht weiterhin mit ihrer Bitte zu Jesus: „Herr, hilf mir!“ Das ist das Zweite, was wir vom Glauben dieser Frau lernen können: Lass dich nicht irritieren, wenn Gott auf dein Gebet nicht sofort antwortet, wenn er schweigt, wenn alles Beten vergeblich zu sein scheint.

 

Ein Drittes, und wiederum eine erschreckende Erfahrung: Als die Frau den Rest ihres Glaubens zusammennimmt und noch einmal zu Jesus kommt: „Herr hilf mir!“, da sagt Jesus, und ich weiß nicht ob ich ihnen verständlich machen kann, warum er das sagt: „Ich bin nicht zu den Heiden gesandt; ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt.“ Und das gleiche sagt er anschließend noch einmal mit einem Bildwort: „Es ist nicht richtig, das Brot den Kindern wegzunehmen und es den Hunden vorzuwerfen.“ (Dieses Wort klingt damals nicht so hart wie heute, damals wurde jeder Heide als Hündlein bezeichnet. Das ist heute noch im Orient so.)

Jesus hat ganz offensichtlich von seinem Vater den Auftrag bekommen, nicht zu den Heiden zu gehen, sondern das Volk Israel neu zu sammeln. Das war der Plan Gottes, als Jesus Mensch wurde.

Später hat Jesus die Aposteln zu den Heiden geschickt. „Geht in alle Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen.“ Aber jetzt, als Jesus auf dieser Erde war, da war er nicht zu den Heiden gesandt, sondern zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.

 

Wiederum bekommt diese Frau von Jesus eine Abfuhr, das zweite Mal schon. Was macht die Frau in ihrem Glauben? Sie kommt zu Jesus - und jetzt kommt etwas ganz Großes. Sie beugt sich unter den Plan Gottes, auch wenn dieser Plan bedeutet: Jesus ist nicht zu uns, nicht zu den Heiden gesandt, sondern nur zum Volk Israel. Sie motzt nicht, sie schimpft auch nicht, sie sagt auch nicht als Antwort: „Du hast ja ein Vorurteil gegen die Heiden. Wie kommst du dazu? Sind wir nicht genau so viel wert?“ Nein, sie beugt sich unter das Urteil und sagt: „Ja Herr, du hast Recht! Ja, du hast Recht, wenn du sagst, dass du nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt bist.“

Dieses sich Beugen unter den Willen Gottes, auch wenn der Wille Gottes für mich unangenehm ist, auch wenn ich den Willen Gottes vielleicht nicht verstehe.

Aber die Frau geht eine ganz winzige, entscheidende Kleinigkeit weiter. Sie beugt sich und sagt: „Ja, du hast Recht. Es ist nicht richtig, das Brot den Kindern wegzunehmen und es den Hunden vorzuwerfen. Aber selbst die Hunde bekommen doch auch von den Brotresten, die vom Tisch ihrer Herren fallen.“

Vielleicht hat sie ja an die Brotvermehrung gedacht, wo ja zwölf Körbe voll von Brotresten übrig geblieben sind. Und sie tut folgendes: Sie appelliert an die Liebe, an die Barmherzigkeit, die grenzenlos ist, die sich nicht begrenzen lässt auf das Volk Israel. Sie beugt sich unter den Willen Gottes, aber sie appelliert an die Liebe Gottes, die grenzenlos ist.

Und dann sagt ihr Jesus: „Frau, dein Glaube ist groß. Was du willst, das soll geschehen.“ Und ihre Tochter wurde gesund.

Ich denke, wir sollten von dieser Frau diese Glaubensschritte lernen:

Wende dich in der Not an Jesus. Lass dich nicht beirren, wenn Gott auf dein Gebet hin schweigt.

Beuge dich unter den Plan Gottes, auch wenn du ihn nicht verstehst.

Und appelliere an die Großherzigkeit, an die Liebe und Barmherzigkeit Gottes, die größer ist als alle Grenzen.

Vielleicht sagt Jesus zu Dir auch einmal: „Dein Glaube ist groß.“ Hoffentlich sagt er das!   Amen.

 

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