Pfarrer Karl Sendker  

 

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26. Sonntag B
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Predigten

Predigtverzeichnis  nach Bibelstellen geordnet

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Predigt zur 2. Lesung:   Jak 5,1-6      mp3     Video

Predigt zum Evangelium:  Mk 9,38-41

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Predigttext:   Jak 5,1-6

Predigt im MP3 Format       Video

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Ich möchte die Predigt heute beginnen mit einer kleinen Geschichte, mit einem kleinen Märchen:

Da war einmal ein Mann, ein Witwer, der lebte in ganz armen, bescheidenen Verhältnissen, so gerade am Existenzminimum. Er hatte, wie man so sagt, zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig.

Dieser Mann sitzt morgens am Tisch und liest die Zeitung. Da steht auf einmal eine Fee im Raum und sagt zu diesem Mann: Du darfst einen Wunsch äußern, der ganz sicher in Erfüllung geht. Der Mann sagt mit einem Lächeln: „Wenn ich einen Wunsch äußern darf, dann möchte ich gerne, dass alles, was ich anfasse zu Gold wird.“ „Gut“, sagte die Fee, „alles, was du anfasst, soll zu Gold werden.“ Dann war die Fee wieder verschwunden.

Der Mann grinst vor sich hin und meint: Das geht doch überhaupt nicht. Er fasst in seine Jackentasche und holt seine alte Pfeife heraus. Und auf einmal war die Pfeife zu Gold geworden. Er hat ein Streichholz in der Hand, und schon ist es ein Goldstäbchen. Er will die Zeitung zusammenfalten: die ganze Zeitung reinstes Blattgold.

Er kann es gar nicht fassen, er rennt zur Tür will ins Wohnzimmer, die Türklinke wird zu Gold. Er will seinen Nachbarn anrufen, um es ihm zu erzählen: der Hörer am Telefon wird zu Gold. Er läuft in die Nachbarschaft und erzählt den Leuten, was passiert ist. Er ist auf einmal steinreich geworden. Alles was er anpackt, wird zu Gold. Und er freut sich riesig.

Lange währte diese Freude nicht. Einige Stunden später will er sich ein Brot schmieren. Er packt das Brot an, das Brot wird zu Gold. Auf einmal erschrickt er. Er holt sich einen Apfel aus der Obstschale, der Apfel wird zu Gold. Er will sich ein Schnitzel braten, das Schnitzel, das er in die Pfanne legt wird zu Gold.

Da merkt er, was er mit seinem Wunsch angerichtet hat. Er fängt an zu klagen, zu weinen und zu jammern. Aber es nützt alles nichts. Was er auch anpackt, wird zu Gold. Schließlich verhungert dieser Mann jämmerlich mitten in seinem Reichtum von Gold.

 

Wir lesen ja in diesen Wochen abschnittweise den Jakobusbrief. Und der Jakobusbrief, der ja immer den Finger auf den wunden Punkt legt, beginnt heute im 5. Kapitel: „Ihr Reichen weint nur und klagt über das Elend, das euch treffen wird.“

Merkwürdig, eigentlich sollte man doch das Gegenteil erwarten, dass Jakobus schreibt: „Ihr Reichen freut euch und jubelt, und genießt euer Leben in vollen Zügen.“ Aber nein: „Ihr Reichen weint nur und klagt über das Elend das euch treffen wird. Euer Reichtum verfault, eure Kleider werden von Motten zerfressen, euer Gold und Silber verrostet.“

Wenn man einmal in unsere Welt schaut, es ist erschreckend, wie diese Botschaft des Jakobus sich in unseren Tagen realisiert. Ich will erklären, was ich meine: Es hat wahrscheinlich noch nie eine Zeit gegeben, wie in den letzten 50 Jahren, wo es uns so gut gegangen ist hier in der Bundesrepublik. Da ist in der Nachkriegszeit alles, was wir angepackt haben, zu Gold geworden. Wir haben dafür sogar den Ausdruck ‚Wirtschaftswunder’ geprägt. Es war wie ein Wunder, dieser Aufstieg aus dem Nichts heraus nach dem Krieg. Das schnelle, leichte Geld; alles was wir anpackten, ist gelungen, ist „zu Gold geworden“.

Heute merken wir auf einmal, dass dieses leichte Geld, alles was uns zu Gold geworden ist, nicht nur Segen gebracht hat, sondern auch Fluch. Wie viele, denen es vor zehn, fünfzehn Jahren blendend ging, stehen heute vor dem Ruin. Ob wir die Landwirtschaft nehmen oder die Stahlarbeiter. Merkwürdig ist: Es sind ja nicht die Missernten in der Landwirtschaft, die uns in den Ruin bringen, sondern gerade die Fülle, die Überproduktion macht uns kaputt. Das Gleiche in der Stahlindustrie und in anderen Großindustriezweigen. Es ist ja nicht der Mangel, sondern der Überfluss, die Überproduktion, die uns kaputt macht. Buchstäblich gehen wir in unserem Reichtum kaputt.

 

„Ihr Reichen weint nur und klagt über das Elend, das euch treffen wird.“ Das ist auch in unserer Kirche so. Es gibt keine Kirche auf der ganzen Welt, die so reich ist, wie die deutsche Kirche. Aber es gibt auch keine Kirche, die geistlich so am Boden liegt, wie die deutsche Kirche. Auch da hat sich der Reichtum nicht segensreich ausgewirkt, sondern ist zum Jammer und zum Fluch geworden.

 

„Ihr Reichen weint nur und klagt, euer Reichtum verfault.“ Jakobus geht aber noch einen Schritt weiter. Es nützt ja nichts, wenn man nur die Tatsachen aufzählt. Jakobus deckt auch die Ursachen auf, woher das alles kommt. Jakobus sagt: „Der Lohn der Arbeiter, die eure Felder abgemäht haben, der Lohn, den ihr ihnen vorenthalten habt, der schreit zum Himmel.“  

Und auch das ist in einem erschreckenden Maß Realität in unserem Land. Überall dort, wo illegal Arbeiter beschäftigt werden, meinetwegen Ausländer unter Tarif. Wo keine Sozialabgaben gezahlt werden, da enthalten wir ihnen den gerechten Lohn vor, und das stinkt zum Himmel. Überall dort, wo es Schwarzarbeit gibt hier in unserem Land, und das gibt es ja relativ viel, da betrügt man nicht nur das Finanzamt um die Steuern. Da wird möglicherweise auch einem Arbeitslosen ein Arbeitsplatz vorenthalten. Und das schreit zum Himmel.

Oder wenn wir eine Ebene höher gehen: Wenn große Industriebetriebe mehr und mehr dazu übergegangen sind, große Teile ihrer Produktion in die so genannten Billiglohnländer zu verlegen, wo die Leute für einen Hungerlohn arbeiten, und hier bei uns werden die Sachen für teures Geld verkauft, nur um Profit zu machen, dann wird den Menschen in den Billiglohnländern der gerechte Lohn vorenthalten. Die haben kein Streikrecht, keine Gewerkschaft und keine Lobby. Und das schreit zum Himmel.

 

„Ihr Reichen weint nur und klagt.“ Aber es geht noch einen Schritt weiter. Jakobus sagt: „Ihr habt den Gerechten umgebracht, und er konnte keinen Widerstand leisten.“ Ihr habt den Gerechten umgebracht, auch das findet man in unserer Wirtschaft. Ich habe als Priester manchen Betrieb kennen gelernt, meistens waren es kleinere Betriebe, und manchen Handwerksmeister kennen gelernt, der rechtschaffen seinen Betrieb geführt hat, der dieses System von Unrecht nicht mitgemacht hat. Und er ist dann kaputt gemacht worden von der Konkurrenz, die über Leichen gegangen ist. Er konnte sich nicht mehr halten.

Oder ich habe manch einen Angestellten erlebt, der die Manipulation von Bilanzen im Büro nicht mitgemacht hat oder ähnliche Ungerechtigkeiten. Und dann ist er über kurz oder lang gekündigt worden. Natürlich nicht dieserhalb, sondern da hat man schon irgend einen Grund gefunden. Und wenn du dann fünfzig Jahre alt bist, kriegst du so schnell keine Stelle mehr. Da ist einer buchstäblich ‚um-gebracht’ worden, um seinen Arbeitsplatz gebracht worden, und er konnte keinen Widerstand leisten. Und das ganze System schreit zum Himmel.

Wir dürfen aber nicht nur auf die Anderen zeigen, Jakobus meint uns alle; es geht uns alle an: „Ihr alle habt auf Erden ein üppiges und ausschweifendes Leben geführt.“ Es geht uns ja darum, unseren Wohlstand zu halten. Und da nehmen wir solche Ungerechtigkeiten einfach in Kauf. Es geht uns allen so.

 

Die angemessene Antwort auf diese Gerichtsbotschaft des Jakobus besteht nicht darin, dass wir bei der nächsten Adveniat Kollekte einen Hunderter geben. Die Antwort besteht vielmehr darin, dass wir umkehren, das wir in unserem Wirtschaftsverhältnis umkehren. Dass wir umkehren zu einem lebendigen Gott, bei dem die Armen eine Lobby haben. Wenn wir den Dreh (Dreh heißt ja auch Umkehr) wenn wir diesen Dreh nicht freiwillig schaffen, dann werden uns die Verhältnisse dazu zwingen, und das wird ganz bitter werden.

 

Eine meiner größten Nöte ist: Wenn ich im Alten Testament die Propheten lese, Amos, Jesaja, Jeremia, Ezechiel, die haben dem Volk Israel immer wieder diese Drohung und Warnung Gottes vorgehalten. Sie haben im Auftrag Gottes immer wieder auf die sozialen Missstände in ihrem Volk hingewiesen. Und das Erschreckende ist: Gott hat ihnen oft gesagt, wenn er ihnen so einen Auftrag gab: Sie werden eure Botschaft wohl hören aber sie handeln nicht danach.

Ob das vielleicht heute auch so ist, das man so eine Botschaft des Jakobus hört, vielleicht darüber diskutiert … Aber wer ändert sich schon?  Amen!

          

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Predigttext:      Mk 9,38-41

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Haben sie das schon einmal im Fernsehen gesehen, wenn die Freikirchen in einer großen Stadt eine Großevangelisation haben, entweder in einem großen Zirkuszelt oder in einer riesigen Messehalle? Wie da Tausende von jungen und alten Menschen hinströmen, stundenlang miteinander Gottesdienst feiern. Wie da ein Prediger mit feuriger Begeisterung manchmal fast zwei Stunden predigt. Die Leute hingen nur so an seinen Lippen. Wie die Menschen zum Teil mit hoch erhobenen Händen Halleluja gesungen haben. wie sich Hunderte bekehrt haben und nach vorne zum Podium gekommen sind, und dann - wie sie es genannt haben - ihr Leben Jesus übergeben haben. Wie dann etliche nach vorne gekommen sind und bezeugten, dass sie während dieses Gottesdienstes von einer Krankheit geheilt wurden, als für die Kranken gebetet wurde. Haben sie das schon einmal im Fernsehen gesehen? Ich bin manchmal als Kaplan bei solchen Großveranstaltungen in Essen dabei gewesen und habe das selber miterlebt. Es war sehr beeindruckend.

Aber wissen Sie was furchtbar ist? Wenn so eine Veranstaltung stattfindet, wissen Sie was dann die katholischen Amtsträger sagen: Um Gottes Willen, das ist reine Scharlatanerie, wenn da angeblich Heilungen geschehen. Das kann ja keiner kontrollieren. Oder das ist eine reine Massenhysterie, wenn sich Tausende von Menschen bekehren bei so einer Evangelisation. Und man versucht immer wieder, den Menschen solche Veranstaltungen madig zu machen. Um Gottes Willen, geht bloß nicht da hin, das ist ja sektenhaft, das ist ja fundamentalistisch. Wenn allerdings in Lourdes Heilungen geschehen, dann ist das nichts Ungewöhnliches, da rechnet man damit, da hofft man sogar darauf. Oder wenn dem Papst Hunderttausende mit erhobenen Händen und mit Fähnchen in den Händen zujubeln, da redet keiner von Massenhysterie. Aber wenn da die Freikirchen eine Mission haben ..., na ja, das ist ja auch nicht katholisch.

 

Ein Stückchen das erinnert mich an die Begebenheit heute im Evangelium. Ich lese ihnen den Anfang, die ersten Sätze noch einmal vor. Da kommt Johannes, einer der Amtsträger, einer der Apostel, einer er Zwölf und sagt: „Meister, wir haben einen gesehen, der in deinem Namen Dämonen austrieb. Und wir haben versucht, ihn daran zu hindern, weil er uns nicht nachfolgt.“ Uns(!) nicht nachfolgt. Meister, darf der das überhaupt, in deinem Namen Wunder wirken und in deinem Namen Dämonen austreiben, wo der doch gar nicht katholisch ist, wo der doch gar nicht zur Jüngergemeinschaft gehört? Darf der das überhaupt? Und da antwortet Jesus dem Johannes: „Hindert in nicht, denn keiner, der in meinem Namen Wunder wirkt, wird anschließend schlecht über mich reden.“

Dahinter steckt etwas ganz Wichtiges. Da steht im Hintergrund eine ganz große Not, die wir gerade heute in unseren Kirchen haben. Da geht es nicht um die Frage, ob dieser Mann, der da im Namen Jesu Dämonen austreibt, Jesus nachfolgt. Die entscheidende Frage bei den Jüngern ist vielmehr: Folgt er ‚uns’ nach, uns, dem Jüngerkreis. Das ist die Frage, die heute in unseren Kirchen gang und gäbe ist. Sind wir noch daran interessiert, dass Menschen Jesus finden, oder sind wir daran interessiert, möglichst viele katholische Kirchgänger zu bekommen?

 

Damit sie mich nicht missverstehen. Kirche ist was ganz wichtiges, ohne Kirche gibt es kein Christentum. Aber ohne die persönliche Bekehrung zu Jesus Christus gibt auch im tiefsten keine Kirche. Und unsere Not liegt heute darin, dass immer von ‚Kirche’ geredet wird und von ‚Kirchenzugehörigkeit’. Was die Kirche lehrt ...  Was die Kirche sagt ...  Was die Kirche möchte ... Aber es wird so wenig von Christus gesprochen, von dem, was er möchte, was er sagt. Christus und Kirche, das wird bei uns oft automatisch gleichgesetzt.

Aber ist das wirklich immer gleich? Natürlich ist es wichtig, zur Kirche zu gehören. Aber das erste ist - und das hat Jesus immer wieder betont: „Folge mir nach!“ Ich will Ihnen ganz ehrlich sagen: Wenn jemand heute sich bei den Baptisten bekehrt und wirklich eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus bekommt, dann freue ich mich darüber aus ganzem Herzen, auch wenn er jetzt nicht in der katholischen Kirche gelandet ist. Ich freue mich über jeden, der zu Jesus findet. Und wenn er dann noch zur katholischen Kirche findet, dann freue ich mich doppelt. Das Erste ist: Wir müssen wieder Jesus finden.

 

Wenn man es einmal umgekehrt betrachtet: Jeder von uns ist einem kirchlich geprägten Milieu groß geworden. Wir alle sind mehr oder weniger in die katholische Kirche hineingeboren worden, dafür haben wir nichts gekonnt. Wir alle sind in diesem katholischen Milieu erzogen worden. Aber ich frage Sie einmal: Hat eigentlich in Ihrem Leben einmal eine persönliche Bekehrung zu Jesus Christus stattgefunden? Eine Bekehrung zu Jesus Christus, wo jemand ganz persönlich hingegangen ist und gesagt hat: Jesus mein Leben gehört dir. In welcher Form einer das tut, ist nicht so entscheidend. Denn eins darf und muss man auch sagen: Unser katholisches Milieu, unser christliches Milieu, das trägt nicht mehr. Und wenn jemand nur auf einer katholisch religiösen Welle mit geschwommen ist, dann wird er irgendwann abrutschen, weil das nicht trägt. Die Bischöfe haben in den letzten Jahren immer wieder hingewiesen auf ein Wort des Theologen Karl Rahner: Christ wird man durch Entscheidung und nicht dadurch, dass man hineingeboren wird, und dass man in einem christlichen Milieu groß wird.

Ich glaube, da liegt eine große Not unserer Zeit, und darum bröckelt so vieles ab, weil die religiöse Welle, das katholische Glaubensmilieu allein uns auf die Dauer nicht trägt. Wir sind zu wenig hingeführt worden zu so einer ganz persönlichen Glaubensentscheidung für Jesus Christus.

 

Um das noch einmal von einer anderen Seite, vom heutigen Evangelium her zu beleuchten: Dieser Mann, der nicht zum Jüngerkreis gehörte, der im Namen Jesu Wunder wirkte, der hat ja tatsächlich Wunder gewirkt. Da steht ja nicht: Er versuchte Dämonen auszutreiben, sondern der trieb wirklich im Namen Jesu Dämonen aus. Da wurde bei diesem Mann die Kraft Gottes sichtbar. Und auch hier frage ich mal. Kann es sein, dass die Kraft Gottes in unserem Leben als katholische Christen heute so wenig spürbar und sichtbar wird, weil es uns immer nur um die Kirche geht, um die Organisation Kirche, und weil wir so wenig Bekehrungen zu Jesus Christus haben? Da wird man dann natürlich eifersüchtig und neidisch, wenn bei so einer Großevangelisation, ob das in Essen, in Afrika, in den USA oder sonst irgendwo ist, wenn da große Dinge passieren, wenn da die Menschen in Strömen hinlaufen, und bei uns werden die Kirchen immer leerer. Jesus sagt – und wir sollen uns das tief ins Herz hineinschreiben: „Folge mir nach!“ Eine persönliche Bindung an ihn, das ist das Entscheidende.   Amen.

 

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