Pfarrer Karl Sendker

Predigten - Hilfen zur Bibelarbeit

Gottesdienste - geistliches Leben

 

27. Sonntag C
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Predigten

Predigtverzeichnis  nach Bibelstellen geordnet

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Predigt zur 1. Lesung:   Hab 1,2-3; 2,2-4

Predigt zum Evangelium:  Lk 17,5-10

Predigttext:    Hab 1,2-3; 2,2-4

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Kennen Sie eigentlich den Unterschied zwischen Jammern und Klagen? Sagen Sie nicht, das ist doch das gleiche. Nein, da ist ein himmelweiter Unterschied zwischen Jammern und Klagen. Sehen Sie, es gibt heute unglaublich viele Menschen, die jammern. Sie jammern, wie schlecht es ihnen geht; sie jammern über die schlechten Zustände unserer Welt. ‚Früher war das alles ganz anders!’ Sie jammern über die Rückständigkeit der Kirche. Es wird soviel heute gejammert, es ist zum Jammern. Beim Jammern schreit man einfach heraus, was einem nicht gefällt, wo man Missstände sieht.

 

Klagen ist etwas ganz anderes. Ein Mensch, der klagt, sucht das Angesicht Gottes. Klage ist etwas, das vor dem Angesicht Gottes geschieht. Und wir brauchen heute ganz dringend Menschen die nicht jammern, sondern die mit der Not ihres eigenen Lebens, mit der Not der Welt und der Kirche, in den Familien, in unserer Gesellschaft, die mit dieser Not vor das Angesicht Gottes gehen und dann aus vollem Herzen anfangen zu klagen. Und wenn wir jetzt Zeit hätten, ich könnte mit Ihnen einen Gang durch die ganze Bibel machen. Die großen Beter der Bibel sind Menschen gewesen die vor Gott geklagt haben.

 

So ein Mann ist auch der Prophet Habakuk. Von dem haben Sie vielleicht noch nie was gehört. Er hat ungefähr gelebt zur Zeit des Propheten Jeremia, den kennen wir wenigstens vom Namen her. Und heute hören wir seinen Klageschrei. Und er ist so typisch für jede Klage die vor dem Angesicht Gottes ausgedrückt wird: „Wie lange Herr soll ich noch rufen, und du hörst nicht!“

Das ist doch die große Not, die wir heute auch manchmal haben, dass wir klagen, und es hat den Anschein, Gott hört uns überhaupt nicht.

„Wie lange soll ich noch rufen und du hörst nicht. Ich schreie zu dir: Hilfe, Gewalt, aber du hilfst nicht. Warum lässt du mich die Macht des Bösen erleben? Warum siehst du der Unterdrückung zu? Wohin ich blicke, sehe ich nur Gewalt und Misshandlung; wohin ich sehe, sehe ich nur Zwietracht und Streit.“ 

 

Könnte das nicht das Gebet unserer Zeit heute sein? Wohin wir schauen: Gewalt, Misshandlung, die Macht des Bösen ... Und Gott greift nicht ein. ‚Warum hilfst du denn nicht, wenn wir um Hilfe schreien?’ (Oder schreien wir gar nicht um Hilfe? Das kann ja auch sein.). Vielleicht jammern wir nur und klagen nicht. So oft haben die großen Männer und Frauen in der Bibel geklagt. Beim Propheten Jesaja gibt es ein herzzerreißendes Gebet. ‚Kannst du denn noch an dich halten, dreht es dir nicht das Herz um über die Zustände hier in dieser Welt.’

Wo sind die Männer und Frauen heute die so vor Gott klagen. Und manchmal wird dieses Klagen vor Gott sogar zur Anklage, dass Menschen Gott anklagen. Und Gott lässt sich das gefallen. Das darf man. Ein Ijob, der Gott nicht mehr versteht, fängt an, Gott anzuklagen. Und Gott hat hinterher zu ihm gesagt: Der ist gerecht. Und die anderen, die alle nur eine gute Theologie hatten, die den Ijob immer kritisiert haben, die waren nicht im Recht. Wir brauchen vor Gott kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Fang einmal wieder an, vor Gott zu klagen.

 

Und jetzt kommt das Große: Menschen, die gelernt haben, vor Gott zu klagen, die bekommen auch von Gott eine Antwort wie der Prophet Habakuk. Diese Antwort ist nicht immer so, wie wir uns das vorstellen. Und diese Antwort bedeutet auch nicht, dass dann alles Böse in der Welt weg ist.

Wir schauen uns die Antwort, die der Prophet Habakuk auf seine Klage bekommen hat, einmal ein bisschen näher an. Sie ist für uns genauso eine Antwort. Ich geh jetzt mal rückwärts vor in dieser Antwort, weil man es dann besser erklären kann.

Er bekommt als Antwort: „Der Gerechte wird wegen seiner Treue am Leben bleiben.“ Das heißt: Du kannst in dieser Welt noch soviel Gewalttat erleben, noch soviel erleben, wie es drunter und drüber geht, und du weißt keinen Ausweg mehr in deinem eigenen persönlichen Leben. Du wirst am Leben bleiben! Und neutestamentlich gesprochen: Du wirst trotzdem Leben in Fülle haben! Weswegen? Wegen der Treue. Und bei diesem Wort, ‚wegen seiner Treue’, weiß man gar nicht: Ist damit die Treue Gottes gemeint, - der Gerechte wird wegen seiner Treue am Leben bleiben, - oder ist damit die Treue des Gerechten, des Menschen gemeint. Vielleicht geht das Hand in Hand.

Auf der einen Seite: In dem Augenblick, wo wir an der Treue Gottes festhalten, und wo dieses Festhalten an der Treue Gottes zur Glaubenstreue unsererseits wird, da hat man auf einmal mitten in einer Welt, wo alles am Wackeln und Schwimmen ist, festen Boden unter den Füßen. Glaube heißt: ich fange nicht an zu wackeln, sondern ich habe einen festen Halt, weil ich mich klammere an die Treue Gottes. Das hebräische Wort für Glauben heißt ganz wörtlich übersetzt, ‚einen Anker auswerfen’, dass ein Schiff mitten im Sturm einen festen Halt hat, weil der Anker hält. Mitten in den Stürmen unseres Lebens dürfen wir verankert sein in der Treue Gottes. Und darum brauchst du nicht am Leben und an der Welt zu verzweifeln. „Der Gerechte wird wegen seiner Treue leben.“

 

Wenn du diesen Halt in der Treue Gottes nicht hast, dann heißt es einen Satz vorher: „Wer nicht rechtschaffen ist, der schwindet dahin.“ Das ist so blass übersetzt. Sie kennen einen Luftballon. Haben sie schon einmal einen Luftballon gesehen, wenn man die Luft rauslässt? Mit einem Pfeifen geht der Luftballon hoch und dann fällt er in sich zusammen. So ein Wort steht da im Hebräischen. Es ist alles nur Wind, wie eine Seifenblase, die zerplatzt. Und es gibt heute so viele Menschen, die sind aufgebläht wie ein Luftballon. Und sobald dann die Stürme kommen, geht die Luft raus und sie hängen schlaff rum. Das ist die Frage: Bin ich verwurzelt in der Treue Gottes?

 

Aber die Antwort geht noch weiter. Eins erwartet Gott von uns: Du brauchst einen langen Atem. Die Verheißung Gottes, dass er der Herr ist, und dass er es mit dieser Welt zu einem guten Ende führt, das dauert. Und darum heißt es hier: „Erst zu der bestimmten Zeit trifft es ein. Es drängt dem Ende zu, und wenn es sich verzögert, so warte darauf, denn es kommt und bleibt nicht aus.“  

Man braucht einen langen Atem. Und auch das ist ein Kennzeichen unserer Zeit, dass wir wenig Geduld haben. Wir meinen immer: In dem Augenblick, wenn wir um Hilfe beten, dann müsste die Hilfe auch schon da sein So wie man oben ein Geldstück in den Automaten wirft, und dann unten die Schachtel Zigaretten rauszieht. So ist es bei Gott nicht. Gott hat einen langen Atem, weil seine Gerichte dieser Welt auch noch Zeit zur Umkehr lassen. Und deswegen greift er nicht ein und macht dem Unheil einfach radikal ein Ende.  

 

Und dann das Letzte, was er als Antwort bekommt (oder hier im Text der Lesung als erstes): „Schreibe es nieder, dass man es deutlich auf einer Tafel und mühelos lesen kann.“ Das heißt, diese Zusage Gottes, ‚der Gerechte wird durch seine Glaubenstreue leben’, die geb ich dir schriftlich. Wir haben diesen Ausdruck ja auch. Und wenn ich etwas schriftlich bekommen habe, dann gilt das. Gott sagt: Wenn du an seiner Treue festhältst im Glauben, wenn du bei Gott den Anker auswirfst und dich nicht verleiten lässt, auf die Widrigkeiten dieser Welt zu starren, - ich geb dir schriftlich: Du wirst Leben in Fülle haben.   Amen.

 

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Predigttext:    Lk 17,5-10

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Wenn am Anfang unseres Evangeliums heute die Jünger zu Jesu sagen: „Stärke unseren Glauben!“, Dann entspricht das ja wohl auch unserem Lebensgefühl als Christen. Das könnte auch unsere Bitte sein. Irgendwie sehnt sich ja wohl jeder Christ danach, einen starken Glauben zu haben.

 

Aber was dann kommt heute im Evangelium, das ist doch wohl eine Zumutung, eine Zumutung an unserem gesunden Menschenverstand. Wenn Jesus da sagt: „Wenn euer Glaube auch nur so groß wäre wie ein Senfkorn …“ Haben Sie schon einmal ein Senfkorn gesehen? Ich habe einmal Senfkörner aus Israel geschenkt bekommen, die auf einen Klebstreifen geklebt waren. Die sind noch viel kleiner als unsere Senfkörner. Die sind noch kleiner als ein Stecknadelkopf.

Und dann kommt Jesus und sagt: „Wenn euer Glaube so groß wäre wie ein Senfkorn, dann könntet ihr zu dem Feigenbaum hier sagen: Hebt dich mit deinen Wurzeln hinweg und verpflanze dich ins Meer.“ Und der Baum würde euch gehorchen. Wenn euer Glaube so groß wäre wie ein Senfkorn. Das ist doch wohl eine Zumutung.

Aber es lohnt sich, einmal ein bisschen näher hinzuschauen. Ich weiß wohl, wenn ich heute in einer kurzen Predigt ein paar Worte dazu sage, da bleibt vieles nur angerissen, und vielleicht ist manches sogar missverständlich. Aber ich will es trotzdem versuchen.

 

„… dann könnten wir zu dem Baum sagen: Pflanzte dich weg ins Meer.“ Meint Jesus das wirklich ernst? Oder hat er das mit dem Berg, wie es heute viele Theologen sagen, nur symbolisch gemeint?

Und dazu kommt er noch ein Zweites. Jesus sagt nicht: Wenn euer Glaube so groß wäre wie ein Senfkorn, dann könntet ihr beten, und der Vater im Himmel würde dem Baum verpflanzen. Nein, Jesus sagt: Dann würdet ihr zu dem Baum sagen: Heb dich hinweg! Und der Baum würde euch gehorchen. Ob Jesus das ernst meint?

 

Wenn wir einmal ins Leben Jesu hineinschauen, dann merken wir an vielen Stellen, dass er das für sich ganz ernst gemeint hat. Ich denke etwa an die Stelle im Markusevangelium, wo Jesus mit seinen Jüngern im Boot ist. Er schläft hinten auf einem Kissen. Und dann kommt ein Sturm und wirbelt das Meer hoch, so dass die Wellen bereits ins Boot schlagen. Sie weckten ihn. Und dann heißt es: Er steht mit der größten Souveränität auf, und er gebietet dem Sturm: Schweig! Sei still! Und der Sturm legt sich. Und die Leute im Boot sind voll Entsetzen: Was ist das für ein Mensch? Der gibt ein Kommando, und der Sturm gehorcht. Was ist das für ein Mensch?

Oder an einer anderen Stelle. Jesus wird zu einem Taubstummen gerufen. Und wiederum betet Jesus nicht, sondern er spricht ein Kommando. Das ist sogar hebräisch in unserer Bibel überliefert: „Effata, öffne dich!“ Und sofort konnte der Taubstumme reden und hören, auf das Kommando Jesu hin.

Oder ich denke an die Stelle, wo Jesus am Grab des toten Lazarus steht, der schon drei Tage tot im Grab liegt. Und wiederum heißt es nicht, dass Jesus betete: Vater, weck doch den Lazarus auf. Nein, er ruft in das Grab hinein: Lazarus komm heraus! Das ist wieder ein Kommando, ein Befehlswort. Er redet diesen Toten an, und der Tote kommt heraus.  

Oder denken Sie an die Geschichte vom Hauptmann von Kapharnaum. Da sagt Jesus am Ende diesem Hauptmann (und das war ein Heide): „Einen solchen Glaubens wie bei dir habe ich in Israel bei keinem gefunden.“ Was war das denn für ein Glaube? Der Hauptmann hatte geglaubt: „Spricht nur ein Wort …“ du brauchst gar nicht selber zu kommen. „Spricht nur ein Wort, und mein Knecht wird gesund.“ Jesus hat dieses Wort gesprochen, und der Knecht wurde gesund.

 

Aber was im Leben Jesu erfahrbar war, das setzt sich fort im Leben und Wirken der Apostel. Wiederum nehmen die Apostel Jesus ganz ernst. Petrus und Johannes kommen mittags zum Tempel zum Beten. Da sitzt an der Tempeltür ein Gelähmter und bettelt. Petrus schaut ihn an und sagt: „Geld habe ich mich, kann ich dir nicht geben.“ Aber was ich habe, das gebe ich dir. Und wiederum ein Kommando: „Im Namen Jesu steh auf!“ Und der Gelähmte steht auf.

 

Spricht nur ein Wort. Wenn du zu dem Feigenbaum sagst: Hebt dich hinweg ins Meer, dann wird euch gehorchen, wenn dein Glaube so groß ist wie ein Senfkorn. Wissen Sie, woran das erinnert? An die Schöpfungsgeschichte ganz am Anfang der Bibel. „Und Gott sprach: es werde Licht! Und es wurde Licht.“

Im Tiefsten steckt dahinter folgendes Geheimnis: Es liegt eine unglaubliche Kraft in unserem Wort, in unserem Reden, wenn sich unser Sprechen verbindet mit dem Glauben an Gott. Das was wir aussprechen, das realisiert sich, so oder so. Das können Sie im Leben der Heiligen nachlesen, dem können Sie auch in Ihrem eigenen Leben nachspüren. Ich habe es in meinem eigenen Leben oft gemerkt. Das was wir aussprechen, das verwirklicht sich.

 

Überlegen Sie einmal bei sich selber. Wie oft ist unser ganz normales Reden negativ geprägt. Das realisiert sich! Wie ist unser Reden geprägt von den widrigen Umständen: Das ist unmöglich! Und dann reden wir auch so, als wenn das unmöglich wäre. Jeder von uns kommt immer wieder in Situationen, die unmöglich sind. Jesus, die Apostel, die Heiligen schauen nicht auf die widrigen Umstände, auf die Naturwissenschaften, und sagen dann: „Unmöglich!“ Sie schauen auf einen Gott, dem kein Ding unmöglich ist. Und in dem Augenblick, wo sie von dieser Blickrichtung her zu reden beginnen, da verwirklicht sich das, was sie aussprechen.

 

Jesus sagt im Evangelium an mehreren Stellen: „Dir geschehe, wie du es geglaubt hast.“ Aber er sagt auch an manchen Stellen zugespitzt: „Dir geschehe, wie du es gesagt hast.“

 

Auch hier wieder, wenn wir unser eigenes Reden kontrollieren. Stell Dir einmal vor, Jesus würde zu jedem Satz, den du aussprichst, sagen: „Dir geschehe, wie Du es gesagt hast“ … Aber vielleicht ist das ja so. Vielleicht meint Jesus das wirklich ernst, negativ wie positiv. Und wenn es in unserem Evangelium heißt: Wenn euer Glaube nur so groß wäre wie ein Senfkorn … Es kommt nicht auf einen großen Glauben an, sondern es kommt auf einen großen Gott an. Und dann genügte ein kleiner Glaube an einen großen Gott. Dann würdest Du zu dem Baum sagen: Pflanzt dich mit allen Wurzeln weg ins Meer, und er würde Dir gehorchen.

 

Ja, so ein Wort ist eine Zumutung, aber eine Zumutung im ganz buchstäblichen Sinn. Jesus macht uns mit diesem Wort und mit seinem Beispiel Mut, zu glauben, dass für Gott kein Ding unmöglich ist. Und er macht uns Mut, zu glauben, dass Gott in diese Welt und in unser Leben eingreift. Er macht uns Mut, unser Leben und Reden prägen zu lassen von den Verheißungen und Möglichkeiten Gottes und nicht von den Unmöglichkeiten der widrigen Umstände. Dazu macht er uns Mut. In diesem Sinne ist unser Evangelium wirklich eine Zu-Mutung.   Amen.

 

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