Pfarrer Karl Sendker  

 

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29. Sonntag B
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Predigten

Predigtverzeichnis  nach Bibelstellen geordnet

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Predigt zur 2. Lesung:   Hebr 4,14-16    Predigt im mp3 Format

Predigt zur 2. Lesung:  Hebr 4,14-16   als Video

Predigt zum Evangelium:   Mk 10,35-45    Predigt im MP3 Format       Video

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Predigttext:  Hebr 4,14-16

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Eine große Not in unserer Kirche ist der Priestermangel, der seit Jahren immer größer wird. Wenn man in die ländlichen Gebiete schaut mit den zum Teil äußerst kleinen Gemeinden, dann kann dort manchmal nur noch alle drei Wochen eine heilige Messe gefeiert werden. Auch die Fusionen von kleinen Gemeinden zu immer größeren Einheiten hat ihre Wurzel nicht zuletzt im Priestermangel. Und dann kommt in den Gemeinden immer wieder die Enttäuschung und die Klage: Wir haben jetzt keinen Pfarrer mehr. Gut, wir werden noch von einem Priester aus der Nachbarschaft versorgt, aber wir haben keinen eigenen Pfarrer mehr.

 

In diese Situation hinein will uns die Lesung aus dem Hebräerbrief Mut machen. Der Verfasser des Hebräerbriefes möchte, dass wir unseren Blick nicht fixiert haben auf das, was wir nicht mehr haben. Er fordert uns auf: Schaut auf das, was wir haben:

 

Wir haben einen Hohenpriester am Thron Gottes, Jesus den Sohn Gottes!

Kann man sich einen besseren Hohenpriester wünschen, der bei Gott für die Anliegen der Gemeinde eintritt?

Im Johannesevangelium gibt es unmittelbar vor der Leidensgeschichte ein langes Gebet Jesu. Es hat den Titel bekommen: Das Hohepriesterliche Gebet. Wenn man dieses lange Gebet liest, dann spürt man: Hier betet nicht mehr der irdische Jesus; es ist gleichsam ein Gebet des erhöhten Herrn am Thron des Vaters.

Da betet Jesus für alle, die zum Glauben gekommen sind, das heißt für uns, die Gemeinden.

Er betet: „Vater, bewahre sie in deinem Namen.“ Was tut das gut, dass wir einen Fürsprecher haben, der dafür betet, dass wir bewahrt bleiben mitten in den Wirrnissen unserer Zeit, auch mitten in den Fragen und Zweifeln, die uns manchmal bedrängen: Vater, bewahre sie.

Unser Hoherpriester betet: „Vater, heilige sie in der Wahrheit.“ Heiligung ist nicht in erster Linie das Ergebnis unserer Anstrengungen, sondern es ist das Wirken Gottes durch den Heiligen Geist.

Jesus betet: „Vater, lass sie eins sein, wie wir eins sind. Mitten in der Zerrissenheit unserer Welt und oft auch unserer Kirche betet Jesus um unsere Einheit. So ist unser Hoherpriester. Wir haben einen Hohenpriester, Jesus, den Sohn Gottes.

 

Nun kann man natürlich sagen: Das ist ja alles gut und schön. Aber als wir noch einen Pfarrer in unserer Gemeinde hatten, da konnten wir zu ihm hingehen. Wir konnten ihn fragen, wir konnten ihm persönlich begegnen. Unser Pfarrer war handgreiflich als Hirte. Unser Hoherpriester im Himmel ist weit weg; der ist nicht so lebensnah.

Mag ja sein. Aber wenn der Verfasser des Hebräerbriefes von unserem Hohenpriester redet, dann redet er ausdrücklich von Jesus. Unser Hoherpriester ist der Jesus von Nazareth, der Mensch geworden ist, der einer von uns geworden ist. An dem menschgewordenen Gottessohn Jesus von Nazareth, kann man ablesen, wie er jetzt am Thron Gottes für uns eintritt. Es lohnt sich, mit diesem Blick die Evangelien zu lesen, gleichsam in den Evangelien zu leben.

Wenn ich meine Bibel lese, dann stehe ich gleichsam am See Genesareth und schau dem Petrus und seinen Gefährten zu, wie sie die Netze zusammenlegen. Ich sehe ihre Enttäuschung, weil sie die ganze Nacht nichts gefangen haben. Und welcher Jubel, als sie auf das Wort Jesu hin ganz unerwartet einen reichen Fischfang machen.

Wenn ich in den Evangelien lese, dann steh ich manchmal in Jericho auf der Straße und erlebe mit, wie der Zachäus auf einen Baum klettert. Welch eine Verwandlung geschieht durch die Begegnung mit Jesus.

Wenn ich mich in das Neue Testament vertiefe, dann laufe ich manchmal gleichsam drei Schritte hinter den Emmausjüngern her und höre, was die sich erzählen. Die waren ja auch voller Resignation und Enttäuschung.

Das Wort der heiligen Schrift soll für uns wirklich „Wort des lebendigen Gottes“ werden. Dann wird auch die Gestalt unseres Hohenpriesters Jesus lebensnah und handgreiflich.

 

Von diesem Hohenpriester sagt der Hebräerbrief: „Er kann mit unseren Schwachheiten mitfühlen.“ Es mag sein, dass ein irdischer Pfarrer dich nicht versteht, dass er nicht nachvollziehen kann, wie dir zumute ist. Aber Jesus hat alle unsere Schwachheiten am eigenen Leibe erfahren.

Er weiß, wie Flüchtlingen zumute ist, weil er selbst schon als Kind Flüchtlingsschicksal erlebt hat.

Er hat am eigenen Leibe erlebt, dass seine Angehörigen ihn nicht verstehen, dass sie ihn einen Spinner genannt haben.

Er hat erfahren, dass die geistlichen Führer, die Priester und Schriftgelehrten, erklärt haben: Der ist mit dem Teufel im Bund. Durch den obersten der Dämonen treibt er die Dämonen aus.

Wenn heute jemand von einem anderen Menschen tief enttäuscht worden ist, Jesus weiß, wie einem dann zumute ist. Er ist von einem seiner engsten Jünger mit einem Kuss verraten worden.

Alle menschliche Schwachheit hat er selbst erlebt. Keiner soll sagen können: Jesus versteht mich nicht. Wir haben einen Hohenpriester, der nicht von oben herab ein paar gute Ratschläge für das christliche Leben gibt. Nein, er ist in unseren Fußstapfen gegangen. Das ist das Geheimnis der Menschwerdung.

 

Auch Versuchungssituationen hat Jesus erlebt. Am Anfang nach der Taufe, als ihn der Teufel dreimal versucht. Dann als Petrus ihn von seinem Leidensweg abbringen will mit den Worten. „Das verhüte Gott, das darf nicht geschehen.“ Schließlich am Ölberg, wo er um den Willen des Vaters ringt. Und unser Hoherpriester hat in der Versuchung standgehalten. Er ist nicht schwach geworden; er hat nicht gesündigt.

Das ist ja oft unsere Not. Wir möchten gut sein. Aber wenn wir in eine Versuchungssituation kommen, dann haben wir nicht die Kraft zu widerstehen. Und dann zu wissen, dass wir einen Hohenpriester haben, der gleichsam unser Beistand ist, der uns in der Versuchung bewahren kann, der nicht zulässt, dass wir über unsere Kraft versucht werden!

 

Schließlich zieht der Verfasser des Hebräerbriefes gleichsam ein Fazit: „Lasst uns mit Zuversicht hingehen zum Thron der Gnade, damit wir Erbarmen und Gnade finden und so Hilfe erlangen zur rechten Zeit.“ Lasst uns mit Zuversicht hingehen zum Thron Gottes, nicht mit Resignation, nicht mit Enttäuschung.

In allen schmerzvollen Erfahrungen auch in unseren Gemeinden heute dürfen wir wissen: Unser Hohenpriester wird uns Hilfe schenken zur rechten Zeit. Vielleicht sieht die Hilfe anders aus, als wir es erwartet haben. Vielleicht hat Gott eine andere Uhr, als wir denken. Seine Hilfe kommt immer pünktlich.

 

Ich möchte noch einmal am Anfang anknüpfen. Vielleicht wird es in absehbarer Zeit immer mehr Gemeinden geben, die sagen müssen: Wir hatten einmal einen Pfarrer. Aber mit großer Gewissheit dürfen sie sagen. Wir haben einen Hohenpriester, Jesus, den Sohn Gottes.

Wir sollten uns immer bewusst machen: Pfarrer, Kapläne, Priester sind eine vorübergehende Erscheinung. Sie kommen und gehen. Jesus Christus bleibt! Er bleibt derselbe gestern, heute und in Ewigkeit. Auch das ist ein Wort des Hebräerbriefen. Amen.

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Predigttext:      Mk 10,35-45

Predigt im MP3 Format       Video

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Jakobus und Johannes, das war nicht irgendwer. Sie waren Jesus nachgefolgt. Und nicht nur das. Jesus hatte sie in den Kreis der zwölf Apostel gerufen. Man könnte fast sagen, sie gehörten zur Hierarchie. Aber nicht nur das, auch innerhalb des Kreises der zwölf Apostel haben Jakobus und Johannes zusammen mit Petrus eine besondere Stellung. Sie gehören zu den Dreien, die Jesus mitgenommen hat an ganz wichtigen Knotenpunkten seines Lebens. Jakobus und Johannes waren dabei gewesen, als Jesus auf dem Berg Tabor verklärt wurde. Und als Jesus am Ölberg seinen Todeskampf kämpft, wo er um den Willen des Vaters ringt, da sind es wieder diese beiden, Jakobus und Johannes, die er neben Petrus mitnimmt. Das waren die Säulen der Jüngerschaft.

 

Diese beiden haben von Jesus einen Spitznamen bekommen, auf hebräisch „Boanerges“, das heißt: „Donnersöhne“. Und wenn die mit Spitznamen Donnersöhne geheißen haben, dann zeigt das schon, dass es bei denen wohl manchmal geknallt hat. Das erfahren wir heute im Evangelium.

Also diese beiden kommen zu Jesus und sagen ihm: „Meister, wir möchten, dass du uns eine Bitte erfüllst.“ Vielleicht war ihnen noch im Gedächtnis, dass Jesus gesagt hatte: „Bittet, und es wird euch gegeben werden.“ Und jetzt kommen sie zu Jesus: Wir haben ein Anliegen, wir haben eine Bitte: Wir möchten gerne die Ehrenplätze haben in deinem Reich. Wir möchten im Himmelreich rechts und links neben dir sitzen.

Und ich denke: Wenn man in unsere Welt hineinschaut, auch in unsere Kirche, oder wenn man in sein eigenes Herz hineinschaut, dann wird man irgendwo im tiefsten Herzen erkennen und zugeben müssen, dass vieles in unserer Welt, in unserer Kirche und auch in unserem eigenen Herzen nur ein Gerangel um Ehrenplätze ist.

Ich will ihnen dafür ein paar Beispiele sagen. Wenn in unserer Kirche, in den kirchlichen Verwaltungen, in unsren deutschen Diözesen an der Spitze der einzelnen Abteilungen oft immer noch Priester sitzen müssen, obwohl in den Gemeinden Seelsorger so dringend gebraucht werden, ob das nicht letztlich auch eine Form ist, Macht festzuhalten.

Oder ich denke an eine ganz andere Situation. In einem Dekanat stand vor vielen Jahren während meiner Kaplanszeit Dechantenwahl an. Und da war da ein Pfarrer, der war sich ganz sicher: Ich werde es, ich werde Dechant. Jahrelang hatte er darauf hin gearbeitet. Und als dann die Wahl kam, - der Dechant wird ja von den Seelsorgern des ganzen Dekanates gewählt und dann dem Bischof vorgeschlagen - da ist er es nicht geworden, da ist ein anderer Dechant geworden. Und wie hat dieser Pfarrer dann reagiert? Er hat allen Mitbrüdern die Zusammenarbeit aufgekündigt, ist zu keiner Sitzung mehr gekommen und hat sich dann schließlich nach einem Jahr versetzen lassen. Letztlich nur ein Gerangel um die Ehrenplätze.

Aber es ist nicht nur da oben in der Hierarchie so, das ist unten beim kirchlichen Fußvolk oft genauso. Da hast du als Pfarrer Einladungen verschickt zu irgendeinem Festtag. Und nun hast du einen aus der Gemeinde vergessen. Dar überhaupt keine böse Absicht, man hat einfach nicht dran gedacht, obwohl der zu den Honoratioren gehört. Ich habe das einmal erlebt, was das für Konsequenzen hat. Der Betreffende hat so bitter reagiert, derjenige, den ich vergessen hatte. Ich habe ihn einen Tag vorher noch angerufen und habe ihm gesagt: „Mensch, es tut mir leid, ich habe sie vergessen. Sie gehören natürlich dazu.“ Da hat er geantwortet: „Nein, jetzt komm ich nicht mehr, so nicht!“ Merken Sie: Letztlich ist es wieder die gleiche Grundhaltung, die dahinter steht.

Oder ich denke an die ganze Diskussion auch in der Kirchen in den letzten Jahren. Wie oft geht es darum, möglichst viele Rechte zu erkämpfen für jeden einzelnen. Wir möchten gerne was zu sagen haben.

Wissen Sie, was dadurch in die Kirche hineinkommt? Es ist genauso wir hier im Evangelium bei den Jüngern: Es entsteht Ärger, es entsteht Streit. Die anderen Apostel hören das, wie die beiden, Jakobus und Johannes, zu Jesus kommen und sagen: Wir möchten gerne die Ehrenplätze haben. Und schon gibt es Streit und Zwietracht.

Und was sagt Jesus dazu? „Ja“, sagt er, „ich weiß, dass das in der Welt so üblich ist.“ Das fängt schon bei den Schülern an der Bushaltestelle an. Wenn der Schulbus kommt, dann drängt schon jeder, um auf die hintere Sitzbank zu kommen. In der Welt ist das so üblich. Aber Jesus sagt ganz schlicht: „Bei euch soll das nicht so sein. Sondern wer bei euch groß sein will, der soll der Diener aller sein.“ Im Reich Gottes gibt es nicht das Gesetz der Ehrenplätze, sondern im Reich Gottes gilt des Gesetz des Dienens. Und das gilt für den Pfarrer genauso wie für jedes Gemeindemitglied, das gilt für Männer genauso wie für Frauen. Es geht darum zu dienen.

Und Jesus geht sogar noch eine Stufe weiter in seiner Formulierung. „Wer bei euch groß sein will, wer der Erste sein will, der soll der Sklave aller sein.“ Ein Sklave ist jemand, der kein Dankeschön bekommt. Ein Sklave wird einfach kommandiert. Das ist der Platz, der uns zukommt, dass wir uns kommandieren lassen, statt zu kommandieren.

Und wenn man dann weiterfragt, warum das ein Grundgesetz im Reich Gottes ist? Jesus diskutiert gar nicht lange darüber. Da kannst Du endlos diskutieren. Jesus sagt ganz schlicht als Begründung: „Ich, der Menschensohn bin auch gekommen, nicht um mich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen.“ Das ist alles.

Christus ist gekommen, um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele. Und wenn wir als Christen seinen Namen tragen, dann können wir diesen Namen nur zu Recht tragen, wenn auf allen Ebenen für uns dieser Maßstab gilt: Wer groß sein will, der soll der Diener aller sein. Wer der Erste sein will, der soll der Sklave aller werden.

Am nächsten Sonntag begehen wir den Weltmissionssonntag. Wie in jedem Jahr rufen uns die Bischöfe auf, unsere Spende zu geben für die Verbreitung des Glaubens. Aber glauben Sie mir: Wenn wir als Kirche in dieser Welt den Auftraghaben, zu den Menschen hinzugehen und sie zu gewinnen, - wir werden die Menschen nicht dadurch gewinnen, dass wir ihnen einen Scheck geben. Wir werden die Menschen auch nicht dadurch gewinnen, dass wir irgendwelche großen Aktionen durchführen. Es sei denn, es wird an unserem Verhalten sichtbar, dass für uns das Gesetz des Dienens gilt. Und dann hat jede Spende ihren Sinn, und dann hat jeder soziale Dienst seinen Sinn, wenn er aus dieser Haltung kommt: Ich möchte dienen, und ich möchte mein Leben hingeben. Dann erst sind wir glaubhaft für die Menschen in der Welt, aber auch in unserer Pfarrgemeinde. Amen.

 

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