Pfarrer Karl Sendker  

 

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2. Sonntag B
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Predigten

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Predigt zur 1. Lesung: 1Sam 3,3b-10.19    im mp3 Format      als pdf Datei

Predigt zur 2. Lesung:  1 Kor 6,12-20

Predigt zum Evangelium:  Joh 1,35-42    mp3    Video

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Predigttext:      1 Kor 6,12-20

Predigt im MP3 Format

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Als der Apostel Paulus damals auf Missionsreise gegangen ist, da hat er im Mittelmeerraum eine Botschaft verkündet, die in den damaligen Ohren wie eine Revolution geklungen haben muss. Seine Botschaft lautet, auf einen ganz kurzen Nenner gebracht: „Christus hat euch zur Freiheit berufen! Darum lasst euch nicht wieder unter das Joch des Gesetztes spannen.“ Ihr seid nicht dazu berufen, um alle möglichen Gebote zu erfüllen. Christus hat euch von diesem Joch frei gemacht.

Er hat euch zur Freiheit berufen! So einen Satz muss man hören auf den Hintergrund des damaligen jüdischen Denkens. Paulus hat sich ja bei seinen Missionsreisen zunächst immer an die Juden gewandt. Etwas vereinfacht gesagt, haben die Juden damals nach folgender Grundvorstellung gelebt: Du bist dann in den Augen Gottes okay, ein guter Mensch, wenn du möglichst viele Gebote hältst. Wenn du deine religiösen Pflichten erfüllst, dann bist du in den Augen Gottes in Ordnung. Da sagt nun Paulus: „Das schaffst du ja gar nicht! Wenn du nur eins von den Geboten übertreten hast, dann hast du im Grunde das ganze Gesetz übertreten.“ „Nein“, sagt Paulus, „du bist nicht dann in den Augen Gottes in Ordnung, wenn du möglichst viele Gebote gehalten hast, sondern wenn du an Jesus Christus als deinen Erlöser glaubst. Das ist das Entscheidende. Von den vielen Geboten und dem System der Gesetzeserfüllung hat Christus euch frei gemacht.“

Natürlich haben auch die Gebote ihren Sinn, das, was wir tun müssen. Aber ich tue die guten Werke erst aus Freude über die Erlösung.

 

Christus hat euch zur Freiheit berufen. Mit dieser Botschaft kommt der Apostel Paulus auf seiner Missionsreise nach Korinth. Korinth war eine recht große Hafenstadt in Griechenland. In dieser Hafenstadt Korinth ging es damals zu, wie es bis heute in den meisten Hafenstädten zugeht. Das Stichwort „Reeperbahn“ reicht. Da hat es jede Art von sexueller Unzucht gegeben. Es gab damals im Mittelmeerraum einen Fachausdruck: Wenn jemand sagte: „Der geht korinthern“, dann meinte man: „der geht ins Bordell“. Genau so wie man zu meiner Jugendzeit „Pariser“ gesagt hat, wenn man „Kondom“ meinte. „Pariser“ war damals der Fachausdruck für Kondom. Und so war damals der Fachausdruck, wenn einer ins Bordell geht: „Der geht korinthern“.

Aber nicht nur Bordelle hat es gegeben. Es hat Partnertausch gegeben, es hat Knabenschänderei gegeben, also Sex mit Kindern. Es hat alle möglichen sexuellen Verirrungen in dieser Hafenstadt Korinth gegeben.

Und jetzt kommt Paulus und verkündet in dieser Hafenstadt: „Christus hat euch zur Freiheit berufen!“ Man kann sich vorstellen, wo die Korinther diese große Freiheit zuerst ausprobiert haben, nämlich im sexuellen Bereich. Das war die große Freiheit, die sie leben wollten: Freiheit im sexuellen Bereich.

Und dann haben sie dem Apostel Paulus das Wort im Mund so ein ganz klein wenig umgedreht. Aus der Botschaft des Paulus: „Christus hat euch zur Freiheit berufen“, haben die Korinther die Parole gemacht: „Alles ist erlaubt!“

Und als Paulus wieder weg war, da haben sie ihm in einem Brief geschrieben: „Hier in der Gemeinde gibt es Unzucht, wie sie nicht einmal bei den Heiden üblich ist, dass nämlich einer mit seiner eigenen Stiefmutter ins Bett geht. Und Paulus ist entsetzt und sagt gleichsam: Das darf doch nicht wahr sein!

Und die ganze Gemeinde, statt darüber traurig zu sein, haben sie noch beifällig genickt. Sie haben sich auf Paulus berufen. Er hat doch selbst gesagt: „Alles ist erlaubt!“

 

Nun schreibt Paulus an diese Gemeinde in Korinth einen Hirtenbrief. Und da kommt er Punkt für Punkt auf jeden wunden Punkt in der Gemeinde zu sprechen, und da gab es viele „wunde Punkte“ in der Gemeinde. Paulus scheut sich nicht, dieses heiße Eisen anzupacken, das mit dem Slogan verbunden war: „Alles ist erlaubt!“

 

Wie reagiert Paulus jetzt? Nimmt er jetzt alles wieder zurück, die Grundbotschaft von der christlichen Freiheit? Sagt er jetzt: „So habe ich das gar nicht gemeint. Ihr habt mich total missverstanden.“ Holt er jetzt wieder das sechste Gebot wie einen Knüppel aus dem Sack und schlägt zu: „Du musst …, du darfst nicht …, du sollst ...“?

Paulus reagiert total anders. Und ich glaube, es ist hoch interessant für unsere Art, wie wir argumentieren in Bezug auf sexuelle Freiheit. Wir wollen uns die Argumentation des Paulus einmal anschauen.

Paulus schreibt den Korinthern: „Alles ist erlaubt“, bleiben wir einmal dabei, lassen wir das einmal so stehen. Aber, ihr Korinther, wenn ihr diese Parole ausgebt „Alles ist erlaubt!“, dann müsst ihr ein par Dinge beachten, die ihr eigentlich wissen müsstet, die ihr aber offensichtlich vergessen habt.

Ein Erstes: „Alles ist erlaubt“, schreibt Paulus, „aber nicht alles nützt mir auch“. Die Frage die ich prüfen muss, auch im sexuellen Bereich: „Nützt mir das, oder schadet mir das? Dahinter steht aber eine wichtige Frage, die vorher geklärt sein muss, nämlich die Frage: Was für ein Lebensziel hast du eigentlich? Was für ein Ziel für dein Leben? Wenn diese Frage beantwortet ist, dann prüfe, was diesem Ziel nützt.

Wenn es dein Lebensziel ist, dich einfach nur auszuleben, Spaß zu haben, gut, dann lebe die große sexuelle Freizügigkeit. Aber du fällst mit Sicherheit auf die Nase; es ist nur eine Frage der Zeit.

Wenn es aber dein Lebensziel ist, einmal in einer Familie getragen und geboren zu sein, und zwar auch dann noch, wenn Krisen kommen, dann musst du rechtzeitig die Weichen stellen für dieses Lebensziel, die Weichen stellen auch im sexuellen Bereich.

Wenn es das Ziel deines Lebens ist, einmal mit einem Ehepartner glücklich zu werden, der auch dann noch zu dir steht, wenn du nicht mehr so „knackig“ bist wie mit zwanzig Jahren, wenn du alt geworden bist, wenn du gebrechlich geworden bist, der dann auch noch zu dir steht. Wenn das das Ziel deines Lebens ist, dann musst du rechtzeitig prüfen, was dir nützt für dieses Ziel.  

 

Ein Beispiel hierfür. Ich habe einmal als Kaplan mit einer Studentin zu tun gehabt, die hat einen jungen Mann kennen gelernt, und mit dem ist sie dann zusammen in Münster in eine Studentenbude gezogen. Natürlich haben die auch zusammen geschlafen. Sie wollte erst nicht, aber der junge Mann hat so lange gedrängt, bis sie schließlich nachgegeben hat. Sie wollten auch heiraten, sie hatten sich schon verlobt.

Dann passiert Folgendes: Dieser junge Mann musste von seiner Firma aus für ein halbes Jahr nach Ägypten auf Montage, er war ein halbes Jahr nicht zu Hause. Sie können sich nicht vorstellen, was für eine Angst diese Studentin ausgestanden hat: Was macht der jetzt dahinten in Ägypten? Sucht er sich jetzt eine andere? Sie wusste aus dem Zusammenleben mit ihm ganz genau: Er kommt ohne eine Sexualpartnerin nicht aus, das schafft er nicht. Das Stichwort Enthaltsamkeit kennt er gar nicht; sich in Zucht nehmen, hat er nicht gelernt. Was macht der wohl jetzt?

Genau so ist es dann auch gekommen, genau so, wie sie befürchtet hatte. Er hat sich nicht nur eine Andere genommen, sondern gleich mehrere – austauschbar. Und schließlich ist ihre Verlobung total in die Brüche gegangen.

Da ist aber noch viel mehr kaputt gegangen. Diese Frau hat dann einen anderen Mann kennen und lieben gelernt, und hat ihn geheiratet. Ich habe selbst die Trauung halten dürfen. Aber nach einiger Zeit kommt der Ehemann zu mir und sagt: „Können Sie nicht mal mit meiner Frau sprechen. Sie ist total gefühlskalt. Immer wenn ich zu ihr möchte, wenn ich mit ihr schlafen möchte, dann merke ich, wie sich alles bei ihr sperrt.“ Ich habe dann gesagt: „Sollen wir nicht besser zu Dritt darüber sprechen?“ Die Beiden liebten sich ja, da gab es gar keinen Zweifel. Die Frau ist dann mitgekommen, und wir haben zu Dritt darüber gesprochen. In diesem Gespräch sagte dann die Frau: „Das stimmt, dass ich mich total verkrampfe und sperre, weil ich im tiefsten Herzen immer die Angst habe, das könnte genau so kaputt gehen wie die erste Beziehung.“

 

Was schreibt der Apostel Paulus: „Jede Sünde ist außerhalb des Leibes. Wer aber Unzucht treibt, der versündigt sich an seinem eigenen Leib.“ Mit anderen Worten gesagt: der macht sicht selbst kaputt.

Man kann nicht auf Probe lieben, man kann auch nicht eine letzte Hingabe vollziehen auf Probe, oder sich x-beliebig verschenken. Da geht unter Umständen so viel an tiefstem Vertrauen kaputt. Und es hängt mit diesem Stichwort zusammen, dass Menschen sich nicht in Zucht nehmen können.

„Prüfe sehr gut“, sagt Paulus, „was dir nützt“, wenn du die Parole ausgibst: „Alles ist erlaubt“.

 

Ein Zweites:

Paulus sagt, „Alles ist erlaubt, aber nichts soll Macht haben über dich“, auch nicht die Sexualität. Man muss ja doch vielleicht auch einmal fragen dürfen, ob die Menschen, die heute in unserer Gesellschaft die große sexuelle Freiheit proklamieren, ob die wirklich im tiefsten frei sind, oder ob nicht eigentlich eine tiefe Gebundenheit, manchmal sogar eine Versklavtheit an die Sexualität dahinter steht?

Auch hierfür einige Beispiele.

Ich habe einmal mit Messdienern über diese Frage gesprochen. Die mich in diesem Gespräch in die Zange genommen, und wollten mir nachweisen, wie rückständig ich bin. Dass ich total verklemmt bin, und als Priester sowieso keine Ahnung habe. Sie kennen die Sprüche ja auch.

Dann sagte in diesem Gespräch ein 17-jähriger Messdiener: „Ich brauch das, dass ich mit meiner Freundin schlafe. Wenn sie wüssten, was ich zu Hause für einen Frust habe mit meinem Alten. Da steht es mir manchmal bis oben. Aber weil ich ja noch in der Schule bin, kann ich nicht von zu Hause ausziehen. Ich brauche das einfach, dass ich mich dann abreagieren kann.“

Ich muss gestehen, ich war total erschüttert. Und ich habe ihn dann gefragt: „Sag mal, bist du dir eigentlich klar darüber, was du gerade gesagt hast: ‚Ich brauch das’, nicht: ‚Ich brauch Dich’?“ Da ging es nicht um eine Person, die er brauchte, sondern „Ich brauch das“, dass ich mich abreagieren kann. Da ist dieses Mädchen nicht Partnerin, sondern ein Gebrauchsgegenstand: „Dass er sich abreagieren kann“. Ich brauch das.

Der junge Mann war total erschüttert. So hatte er das noch nie gesehen. Ich weiß nicht, was aus ihm geworden ist. Aber was steht da für ein Menschenbild dahinter!? Wo ist da noch etwas von Freiheit zu spüren als Partner einer Partnerin gegenüber, wenn es heißt: „Ich brauch das“?

Das gilt nicht nur für 17-jährige Messdiener. Das gilt möglicherweise innerhalb der Ehe im sexuellen Zusammenleben oft genau so. Wie oft geschieht das heute, dass das Partner sich gerade im sexuellen Bereich unter Druck setzen; und da meinen sie, sie wären frei.

Auf der einen Seite geht der Mann hin und holt sich Viagra oder alle möglichen Potenzmittel. Damit setzt er sich selber unter Druck. Man muss ja etwas leisten, so wird es einem im Fernsehen ja alles vorgegaukelt.

Oder da kommt ein Mann in die Seelsorge und sagt: Meine Frau ist so gefühlskalt, die braucht immer so lange. Und dann sucht er sich eine andere, wo es schneller geht. Was ist denn da noch von Freiheit zu spüren?

Oder umgekehrt: Da sagt eine Frau: Mein Mann hat für Zärtlichkeit überhaupt nichts übrig. Er will immer nur die ‚schnelle Nummer’, immer nur sofort ‚das Eine’.

Eine der erschütternsten Erfahrungen in diesem Bereich war für mich, das einmal eine verheiratete Frau zu mir kam mit dieser Not: Mein Mann hat für Zärtlichkeit und für Spiel in der Liebe überhaupt keine Antenne. Das Ergebnis war: Die Frau war tief enttäuscht; sie hat eine homosexuelle Beziehung angefangen, eine lesbische Beziehung mit einer anderen Frau. Ihre Argumentation, die dahinter steckt, ist verheerend, sie sagte: Richtig verstehen kann mich nur eine Frau, ein Mann ist so total anders; das habe ich bei meinem Mann gemerkt. Schließlich haben sich nicht scheiden lassen.

 

Und wieder die Frage: Wo ist denn da die große Freiheit? Wer wirklich frei ist im sexuellen Bereich, der kann aus Liebe zum Partner oder zur Partnerin auch Rücksicht nehmen, der kann auch verzichten. Und in dem Wort Verzicht steht ein anderes Wort drin, das wir nicht so gerne hören: Der kann sich auch in Zucht nehmen um der Liebe zum Anderen willen. Er muss nicht sich selbst und dem Anderen etwas beweisen. Er muss auch nicht sich selbst und den Anderen unter Druck setzen. Das ist dann wirkliche Freiheit, und nicht die vordergründige Parole: „Alles ist erlaubt“.

 

Aber dann kommen die Korinther daher und fragen den Paulus: „Sag uns doch einmal: Was hat denn eigentlich die Sexualität mit dem Glauben zu tun?“ Der Glaube ist eine Herzensangelegenheit, und die Sexualität ist eine Angelegenheit des Leibes. Das ist eine reine Körperfunktion, genauso wie Essen und Trinken auch. Der Bauch braucht die Speise; der Nahrungstrieb muss befriedigt werden. Genauso muss der Sexualitätstrieb im Menschen auch befriedigt werden. Was hat das denn mit dem Glauben zu tun?

Dann sagt Paulus: „Moment mal, wenn das stimmt, dass die Sexualität eine reine Körperfunktion ist, ein Trieb, der befriedigt werden muss, dann stehen wir allerdings nur noch auf der Stufe eines Tieres. Dort ist Fortpflanzung eine Körperfunktion, die durch Instinkt geregelt ist, genauso wie die Nahrungsaufnahme des Tieres.

Aber es ist erschreckend, was dahinter für ein Menschenbild steht. Wir haben uns beibringen lassen: Der Mensch steht, im Grunde genommen, nur ein ganz kleines Stück über dem Affen, über den Primaten. Wenn das mein Menschenbild ist, dann darf ich mich nicht wundern, dass das Verhalten der Menschen immer ‚tierischer’ wird.

Die Bibel hat ein ganz anderes Menschenbild. Die Bibel sagt (in Ps 8): Der Mensch steht nur ein ganz kleines bisschen unter Gott.

Natürlich wird man nicht leugnen können, dass der Mensch sich entwickelt hat ,vielleicht aus den Primaten aus den Menschenaffen, aber irgendwann wird aus diesem Wesen, das sich da entwickelt, hat Ebenbild Gottes. Die Heilige Schrift drückt das im Schöpfungsbericht der Genesis so aus: Gott hauchte diesem Wesen, diesem Gebilde, seinen Geist ein, und dann wird daraus Ebenbild Gottes.

Aber wenn der Mensch mehr ist als ein höher entwickeltes Tier, dann sind Dinge wie Essen und Trinken nicht nur eine reine Körperfunktion. Wir essen doch nicht nur, um Nahrung aufzunehmen. Wir alle wissen, dass eine Kultur des Essens gepflegt werden will unter den Menschen.

Und genauso ist es auch in der Sexualität. Es ist doch nicht nur ein Trieb wie bei einem Tier, der befriedigt wird. Gott möchte, dass wir da eine Kultur entwickeln.

Die Heilige. Schrift ist da überhaupt nicht prüde. Gott macht nirgendwo in der Heiligen Schrift die Sexualität madig. Es steht ausdrücklich im Alten Testament: Du sollst dich berauschen an der Sexualität. Aber wenn ich die Sexualität loslöse von der Tatsache, dass ich Ebenbild Gottes bin, wenn eine reine Körperfunktion daraus mache, dann kann diese Sexualität verheerende Folgen haben.

 Paulus sagt: „Wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt?“ Ihr seid vielmehr als ein Tier.

Natürlich kann ich hingehen, und kann den Tempel des Heiligen Geistes zu einem Bordell machen oder zu einer Spielbude für sexuelle Freizügigkeiten, aber dann darf ich mich nicht wundern, dass der Heilige Geist nach und nach aus meinem Leben verschwindet.

 

Ich komme zurück zum Anfang: „Was nützt mir?“

Wenn es das Ziel meines Lebens ist, den Menschen ein frohes, leuchtendes, strahlendes, kraftvolles Christsein vorzuleben, dann geht das nur aus der Kraft des Heiligen Geistes. Wenn ich aber den Tempel des Heiligen Geistes umfunktioniere, und meine Würde, die Gott mir geschenkt hat, nicht mehr lebe, dann darf ich mich nicht wundern, wenn von dieser Leuchtkraft, die Gott uns zugedacht hat, nichts mehr zu spüren ist. Vielleicht gibt es deshalb heute in unserer Gesellschaft so viel unfrohes, lustloses Christsein, weil wir unsere Würde nicht mehr ernst nehmen.

 

Paulus schreibt - ich fasse zusammen:

Achte auf die Würde, die du hast: Dein Leib ist ein Tempel des Heiligen Geistes.

Prüfe, was für dein Lebensziel nützlich ist; und dem jage nach.

Und schließlich: Prüfe sehr wohl, ob die Freiheit, von der du redest, die du proklamierst, nicht vielleicht eine Gebundenheit ist, in der du lebst.

 

Schwestern und Brüder, ich weiß aus der Seelsorge ,dass viele Menschen gerade im sexuellen Bereich unfrei, gebunden sind, manchmal sogar versklavt sind. Die viel wichtigere Frage aber ist: Wie komme ich denn da heraus?

Es nützt da nichts, wenn ich jetzt wieder das sechste Gebot hole, und sage: Du lebst in schwerer Sünde. Das hilft dem Anderen ja nicht heraus. Wie kommt man da raus?, das ist die Frage.

Da gibt uns die Botschaft Jesu im Johannesevangelium (Kap.8)  einen entscheidenden Hinweis. Jesus sagt auf der einen Seite ganz deutlich: „Wer die Sünde tut, ist Sklave der Sünde“. Aber er sagt im gleichen Atemzug auch: „Wen der Sohn frei macht, der ist wirklich frei.“

Das ist die Botschaft von der Erlösung: Wo wir sagen: „Ich komme da nicht mehr raus“, da sagt Christus: „Ich kann dich frei machen, und ich will dich frei machen.“ Wenn Du spürst, dass Du im Bereich der Sexualität gebunden bist, dann geh zu diesem Jesus und sag ihm: „Herr, ich bin gebunden. Ich komme da nicht mehr raus. Ich brauche dich. Und ich bitte dich, dass du mein Erlöser bist, das du mich von dieser sexuellen Bindung frei machst.“

Dabei kann es auch eine Hilfe sein, wenn man mit dieser Not zu einem Seelsorger geht. Manchmal schafft man das alleine nicht, da raus zu kommen. Dann hab keine Angst vor einem solchen Schritt. Kein Seelsorger wird so einen Menschen abstempeln, oder auf ihn mit dem Finger zeigen. Nein, er wird mit dir zusammen das Angesicht Jesu suchen, der den Menschen frei macht. Hab keine Angst vor einem solchen Schritt, und denk daran: Es geht nicht um irgend eine Lappalie, es geht um die Frage, ob im tiefsten Dein Leben gelingt.  Amen!

 

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Predigttext:      Joh 1,35-42      mp3     Video

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Kinder haben die Angewohnheit, dass sie sich untereinander oft einen Spitznamen geben. Manchmal drückt so ein Spitzname eine besondere Charaktereigenschaft oder Wesenseigenschaft des anderen aus. Ich hatte einmal im Religionsunterricht eine Schülerin, die trank unheimlich gerne heiße Schokolade. Die hieß bei ihren Mitschülern immer nur „Schoko“, weil sie so gerne Kakao trank und Schokolade aß.

Manchmal ist es aber auch umgekehrt. Dann gibt man einem Menschen einen Spitznamen, um genau das Gegenteil von dem auszudrücken, was der andere eigentlich ist. Der Andere soll einfach damit gehänselt werden. Als ich noch Schüler war in der Volksschule – so hieß das damals noch -, da hatten wir einen ganz kleinen Jungen in der Klasse, ganz schmächtig, Bleichgesicht, Dreikäsehoch. Den nannten wir in der Klasse immer „der Bulle“. Im Grunde war er genau das Gegenteil eines Bullen, ein ganz schmächtiges Kerlchen; und er hat sich auch furchtbar darüber geärgert. Aber alle haben zu ihm „Bulle“ gesagt. Vielleicht hat er sich darüber geärgert, weil er gerne selber so stark gewesen wäre wie ein Bulle. Aber er war nun mal halt so schmächtig. Kinder geben sich Spitznamen.

 

Heute steht im Evangelium Simon zum ersten Mal vor Jesus, und Jesus schaut den Simon an. Und dann macht Jesus genau das gleiche, was die Kinder oft machen: Er gibt dem Simon einen ‚Spitznamen’. „Du bist Simon“, sagt er zu ihm. „Du sollst jetzt Petrus heißen, das heißt der Fels.“

Nun kennen wir den Petrus aus den Evangelien ja ziemlich gut. Wenn Jesus zu ihm gesagt hätte: Du sollst ‚Schilfrohr’ heißen, ein Rohr, das so hin und her schwankt, das hätte gepasst. Der Petrus war auf der einen Seite jemand, der für Jesus gebrannt hat, der ganz auf ihn vertraut hat.

Als Jesus über das Wasser kommt, und die Jünger sind im Boot, da ist Petrus derjenige, der sagt: „Wenn du es bist, dann möchte ich zu dir aufs Wasser kommen.“ Aber einen Augenblick später, als Jesus gerufen hat: „Komm!“, da sieht er den Wind, da sieht er die Wellen und bekommt Angst und sackt ein.

Petrus ist derjenige, der auf der einen Seite mit glühender Begeisterung gesagt hat: „Und wenn alle dich im Stich lassen, ich nicht. Auf keinen Fall werde ich dich verlassen. Und wenn ich mit dir sterben müsste.“ Einige Stunden später schwört der gleiche Petrus dreimal: „Ich kenn den Jesus überhaupt nicht.“ Ein Schilfrohr, der Name hätte vielleicht gepasst. Aber wenn es einen Namen gab, der für den Simon überhaupt nicht passte, dann war es der Name Petrus, Fels. Und Jesus gibt ihm genau diesen Namen.

Warum tut er das? Will er den Petrus bloßstellen? Will er ihm so von hinter herum zu verstehen geben: Schau dich doch mal an, du bist ja höchstens die Karikatur eines Felsens? Warum tut Jesus das? Nein, nicht deswegen, das hat einen anderen Hintergrund.

Wenn Jesus den Simon Fels nennt, dann nicht, weil er ein Fels ist, sondern weil Jesus aus ihm einen Felsen machen will. Dieser neue Name, den Jesus ihm gibt, drückt das neue Wesen aus. Jesus will diesen Mann neu machen, er will ihn zu einem Felsen machen, auf den er seine Kirche bauen kann.

Und wenn Du Dir diesen gleichen Petrus einmal ein paar Jahre später anschaust, in der Apostelgeschichte, dann steht dieser einfache Fischer vom See Genesareth auf dem Marktplatz in Jerusalem und fängt an, Jesus zu verkündigen. Dieser Mann, der vielleicht nie eine Schule von innen gesehen hat, steht auf dem Marktplatz und predigt Jesus. Und als er dann von den Hohenpriestern und Theologen gefangen genommen wird, und als die ihm Predigtverbot geben, da steht dieser Mann, der vorher so schwankend gewesen war, vor dem Hohenpriester, vor der geistlichen Elite, und sagt ihnen ins Gesicht: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen!“ „Wir können nicht schweigen von dem, was wir gehört und gesehen haben.“ Da war er wirklich ein Fels geworden. Und wenn Jesus ihm einen neuen Namen gibt, dann drückt dieser neue Name das verwandelte Wesen aus.

 

Und sehen Sie, hier sind wir gleichsam am Mittelpunkt der christlichen Botschaft überhaupt. Wir alle sind gewohnt, dass wir sagen: der Mittelpunkt der Heiligen Messe ist die Wandlung. Da wird das Brot gewandelt in den Leib Christi, da wird der Wein gewandelt in das Blut Christi. Aber was für die Messe gilt, das gilt auch für unser ganzes christliches Leben. Der Mittelpunkt, das wichtigste Stichwort im Christenleben heißt „Verwandlung“. Das bedeutet: Jesus kann das Leben eines Menschen, den Charakter, die Anlagen eines Menschen total neu machen.

Schau Dir einmal die großen Heiligen an, da hat Jesus aus einem Augustinus, der jede Lebensform ausprobiert hat, der ein uneheliches Kind hatte, aus dem hat er einen der größten Heiligen der Kirche gemacht, einen Bischof. Heute würde ein Mann mit einem solchen Vorleben wohl kaum noch Bischof, aber Jesus hat den Augustinus verwandelt. Schau Dir einen Mann an, ich hätte fast gesagt einen ‚Lebemann’ an, wie den Franz von Assisi. Aus dem macht Jesus einen der größten Heiligen des Mittelalters, den Franziskus. Und ich denke, wenn er aus denen noch etwas machen konnte, dann kann er aus uns auch etwas machen.

Wie oft ist das bei uns so, dass wir unter unseren Veranlagungen leiden. Da hat einer so eine loses Mundwerk; immer ist er so schnell mit seinem Wort bei der Hand. Und hinterher tut es ihm sofort leid, dass er wieder ausgerutscht ist mit seinem losen Mundwerk, aber dann ist es zu spät. Jesus kann Dein Leben verwandeln.

Bei einem anderen ist es vielleicht genau umgekehrt. Der steht ganz hilflos da, dem fällt nie etwas ein, was er sagen könnte. Hinterher weiß er es immer: Ja, das hätte ich als Antwort geben können. Aber wenn er plötzlich gefragt wird, dann kriegt er den Mund nicht auf. Und er leidet darunter. Jesus kann das verwandeln.

Vielleicht gibt es andere, die sehr empfindlich sind, die immer gereizt reagieren, immer irgendwo vermuten, dass man sie kritisieren will oder so. Wenn Du unter so Deiner Wesensart leidest: Jesus kann das verwandeln.

Wir sagen manchmal so salopp mit einem resignierenden Achselzucken: „Keiner kann aus seiner Haut.“ Aber das stimmt nicht. Die Botschaft des Christentums heißt, um einmal bei diesem Bild zu bleiben: Christus kann Dir eine neue Haut geben, aber nicht nur eine Verkleidung von außen her, sondern er kann Dein Leben., Dein Wesen verwandeln und verändern. Und dafür ist dieser Name Petrus, dieser neue Name, den der Herr ihm gibt, ein sichtbares Zeichen.

 

Im letzten Buch der Bibel, in der Offenbarung des Johannes, sagt der erhöhte Herr: „Dem Sieger, (demjenigen, der in dieser Welt Kampf gehabt hat und Sieger geblieben ist,) dem Sieger werde ich ein kleines weißes Steinchen geben, und auf diesem Steinchen steht ein neuer Name, den nur der Empfänger kennt und ich.“ Dieser Name, der darauf steht, der drückt das verwandelte Wesen aus. Und glaubt mir, Jesus, der erhöhte Herr hat so ein weißes Steinchen auch für Dich.   Amen

 

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