Pfarrer Karl Sendker

Predigten - Hilfen zur Bibelarbeit

Gottesdienste - geistliches Leben

 

33. Sonntag A
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Predigten

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Predigt zum Evangelium:   Mt 25,14-30

Predigttext:      Mt 25,14-30

Predigt im MP3 Format

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Es geht in diesem Evangeliumsabschnitt um eine ganz wichtige Frage: Wie kommt man dahin, dass man ein frohes, freudiges Christentum leben kann? Sehen Sie, wir haben eine frohe Botschaft zu verkünden, das Evangelium. Aber leider spürt man bei vielen Christen so wenig von der Freude, die das Evangelium eigentlich ausstrahlt. Es ist so viel Verkniffenheit in unseren Kirchen, und darum ist dieses heute Evangelium so wichtig. Wie kommt man zu einem frohen Christenleben?

Zweimal heißt es in diesem Evangelium: „Komm, nimm teil an der Freude deines Herrn.“ Aber wie kommt man dahin, dass man an dieser Freude teilhaben kann, dass man in dieser Freude lebt?

Da erzählt Jesus diese kleine Geschichte, dieses Gleichnis: Ein Mann geht auf eine lange Reise, und er kehrt lange Zeit nicht zurück. Und jeder, der in der biblischen Sprache zu Hause ist, weiß: da ist Jesus selber gemeint, der nach seiner Himmelfahrt nicht mehr hier auf der Erde war, jedenfalls nicht mehr in der Weise wie vorher. Wir glauben -  und die ersten Christen haben das noch zu ihren Lebzeiten erwartet, dass er irgendwann wiederkommen wird. Aber diese Zeit dazwischen, was ist mit dieser Zeit, die dann doch sehr lang wird. Und da heißt es: Bevor der Herr auf Reisen geht ruft er seine Diener und vertraut ihnen sein ganzes Vermögen an.

Lasst uns einmal einen Augenblick hier stehen bleiben. Stell Dir einmal vor: Jesus Christus, der Herr der Herren, dem alle Macht gegeben ist im Himmel und auf Erden, vertraut uns Christen alles was er hat an. Sehen Sie, die Kommunionkinder lernen im Kommunionunterricht auf Jesus zu schauen, wie er die ganze Liebe und Menschenfreundlichkeit Gottes vermittelt hat. Wie er einem blinden Bartimäus die Augen geöffnet hat. Wie er den Gelähmten geheilt hat, den sie durchs Dach herunterlassen. Wie er der Frau, die in Sünde gefallen war, der Ehebrecherin eine neue Würde geschenkt hat. Damals hat Gott das durch Jesus von Nazareth getan, der ja sichtbar auf der Erde lebte. Heute, wo Jesus nicht mehr in dieser Weise sichtbar da ist, schenkt Gott alles durch uns. Die Firmkinder lernen oft im Firmunterricht von einem Kreuz in der Ludgerikirche in Münster, wo die Arme des Gekreuzigten im 2. Weltkrieg durch einen Bombensplitter abgerissen wurden. Man hat nach dem Krieg die Arme des Gekreuzigten nicht wieder ersetzt. Statt dessen hat man auf den Querbalken geschrieben: „Ich habe keine anderen Hände als die euren.“ Gott hat unseren Händen, unserer Phantasie, unserer Liebe, unseren Fähigkeiten und unseren Worten alles anvertraut. Er tut nichts in dieser Welt ohne uns, ohne seine Kirche. Das ist die Würde, die wir haben. Ich denke schon, dass es wichtig ist, dass wir uns dieser Würde wieder neu bewusst werden, damit wir wieder ein freudiges Christenleben haben.

 

Ein Zweites: Alles so beiläufige Sätze im Evangelium. Er teilt sein ganzes Vermögen auf. Dem einen gab er fünf Talente, dem anderen zwei Talente, einem anderen eines, jedem nach seiner Fähigkeit. Dieser letzte kleine Anhang ist mir wichtig: Gott überfordert keinen Menschen. „Jedem nach seiner Fähigkeit.“ Wenn Gott einem Menschen eine Aufgabe anvertraut, wenn Gott möchte, dass durch meine Hände seine Liebe in diese Welt kommt, dann kann Gott meine Möglichkeiten und Fähigkeiten genau einschätzen. Meine Stärken, die ich habe, und auch meine Schwächen. Gott weiß ganz genau, wie viel Zeit ich zur Verfügung habe, oder wie viel Zeit für meine Familie draufgeht oder für meinen Beruf. Gott weiß genau, welche Gaben, welche Veranlagung, welche Natur ich habe, was ich kann, und was ich nicht kann. Und es ist gut zu wissen: Gott überfordert mich nicht. Gott setzt mich ein nach meinen Fähigkeiten. Überfordern tun wir Menschen uns oft selber. Oder wir überfordern uns untereinander gegenseitig. Gott überfordert einen Menschen nicht.

Aber das hat natürlich eine Konsequenz. Wenn das stimmt, dass Gott jedem nach seiner Fähigkeit die Talente gibt, dann bedeutet das auch: Ich darf nicht ständig auf den anderen schielen. Der hat aber fünf Talente bekommen und ich bloß zwei, ich bloß eins. Das ist ganz verhängnisvoll, wenn man dauernd auf den anderen schaut, was der hat. Wissen Sie, was dann dabei herauskommt, wenn man dauernd auf den andern schaut: Entweder kommt dabei heraus, dass ich deprimiert werde, weil ich feststelle: der andere hat ja vielmehr als ich, und ich habe „bloß“ ein Talent, eine Fähigkeit. Oder aber es kommt das umgekehrte dabei heraus: dass man hochmütig und stolz wird. Schau mal  ich mit meinen fünf Talenten; die anderen haben nur so wenig. Nein, jedem nach seiner Fähigkeit. Wenn Gott dem einen fünf gegeben hat und mir nur zwei gegeben hat, dann erwartet er von mir auch nicht fünf, aber von dem anderen vielleicht. Jeder nach seiner Fähigkeit.

 

Und dann ein Drittes: Wir kommen nicht umhin, auf diesen Dritten zu schauen im Evangelium. Dem hatte Gott ein Talent geschenkt, eins, „nur“ eins. Aber das war nicht das Problem. Das Problem war: Dieser Dritte, der ein Talent hatte, hat mit seinem Talent nicht gearbeitet. Er hat es nicht durchgebracht, er hat es versteckt. Er gibt es nach langer Zeit dem Herrn unverändert wieder. Er hat es einfach nur vergraben. Und dieser Knecht wird von Jesus getadelt: Du fauler und schlechter Knecht! Und er wird in die äußerste Finsternis geworfen, wo er heult und mit den Zähnen knirscht.

Sehen Sie, wenn dieser Mann mit dem einen Talent gearbeitet hätte, und es wäre eine Wirtschaftskrise gekommen, und er hätte Verlust gemacht, er hätte nichts dazu gewonnen, glaubt mir, der Herr hätte ihn deswegen nicht getadelt. Gott ist ja nicht an unserem Zugewinn interessiert, sondern Gott ist an uns als Person interessiert. Dass wir als Persönlichkeit wachsen und reifen, dadurch, dass wir mit seinen Talenten und Gaben umgehen. Aber wenn ich die Talente wie dieser dritte Knecht vergrabe, dann werde ich getadelt.

Frage: Welche Talente hat Gott dir gegeben, und wie nutzt du diese Talente? Oder vergräbst du die Talente auch einfach nur. Ich vermute dass ganz viele Talente in unseren christlichen Gemeinden ungenutzt und brach liegen und vergraben sind.

Vielleicht ist jemand da, dem hat Gott eine gute Stimme geschenkt. Warum soll ich diese Gabe nur beim Karneval einsetzen? Warum meldest du dich nicht im Kirchenchor an. Die brauchen dringend Sänger. Manche tun das ja, aber viele eben nicht. Sie meinen: wenn ich beim Schützenfest oder beim Karneval meine Gabe einbringe, das reicht dann schon.

Vielleicht hat jemand die Möglichkeit, wenn wir schon bei der Stimme sind, gut lesen zu können. Warum sagt der nicht: Ich melde mich als Lektor, ich setze diese Gabe ein. Statt dessen denken Viele: Es hat sich ja noch nie einer bei mir gemeldet und hat gefragt. Wenn Du nicht gefragt worden bist, warum fragst du nicht selber, ob kann Du diesen Dienst nicht tun kannst?

Vielleicht hat einer von Ihnen die Fähigkeit geschenkt bekommen, graphisch Dinge zu gestalten. Was meinen Sie, was der Pfarrbriefausschuss des Pfarrgemeinderates froh wäre, wenn beim Gestalten des Pfarrbriefes jemand mitarbeiten würde, der ein Händchen dafür hat, einen Pfarrbrief graphisch ansprechend zu gestalten.

Oder vielleicht ist jemand da, der gut organisieren kann. Warum stellt der diese Fähigkeit nicht in den Dienst der Pfarrgemeinde?

Vielleicht ist jemand da, der früher in seiner Jugend Gruppenleiter gewesen ist oder Gruppenleiterin. Dann kam die Bundeswehr, und dann kam die Ausbildung, und dann hat man geheiratet, dann kamen die Kinder ... Und die ganze Zeit über hat diese Gabe brach gelegen. Das ist auch gar nicht schlimm. – Denken Sie an den Grundsatz: Jedem nach seiner Fähigkeit. - Gott wusste, dass in dieser Zeit Anderes wichtig war. Doch jetzt sind die Kinder nicht mehr im Kleinkindalter. Warum soll ein solcher Mann und eine solche Frau dann nicht sagen: Gut, ich bin jetzt erwachsen, ich habe die Möglichkeit, diese Gabe noch einmal einzubringen in der Pfarrgemeinde in den verschiedenen Gruppierungen, ob das Messdiener, die Ministranten sind, ob das die  Pfadfinder sind oder sonst eine Gruppe. Wo sind denn die Menschen, die diese Gabe dann noch einmal einbringen?

Nun sagen ja manche, vor allem Ältere in einer Gemeinde: „Was sollen wir denn schon noch einbringen?“ Und wenn die Älteren dann schließlich krank zu Hause sitzen , kaum noch rauskönnen: „Was sollen wir denn dann noch einbringen? Früher, da hätten wir das noch gekonnt, aber heute wo wir krank und alt sind ...?“ Doch, auch die haben eine ganz wichtige Gabe. Es gibt eine Gabe, die Gott speziell für Kranke und Alte hat. Das ist die Gabe des Gebetes. Wir brauchen eine ‚kämpfende Truppe’ die aktiv ist; wir brauchen aber auch die ‚betende Truppe’ die vor Gott steht und die Dinge durchbetet.

Ich habe in meiner Kaplanszeit einen alten Mann betreut. Ich habe ihm jeden Monat die Kommunion gebracht. Der war nicht im engeren Sinne krank; er war gehbehindert und konnte nur noch so ein kleines bisschen in seinem Zimmer umherhumpeln. Er kam nicht mehr aus dem Haus raus. Wenn ich dem die Kommunion brachte, hat er mich jedes Mal mit Fragen überschüttet über die Pfarrei. Wie viel Kommunionkinder haben wir? Wie läuft es im Kirchenchor? Haben Sie genügend Kandidaten gefunden für den Pfarrgemeinderat? ...  Er wollte alles ganz genau wissen, was in der Pfarrei los war. Manchmal hat er sich Notizen gemacht. Gibt es bei den Kommunioninder Problemfälle? Wie kommen die Katechetinnen klar? Alles wollte er ganz genau wissen. Ich habe ihn einmal gefragt, warum er denn alles so genau wissen will. Ja, sagte er, damit ich dafür beten kann. Der hat alles bis in die kleinsten Kleinigkeiten im Gebet vor Gott getragen. Zeit genug hatte er ja. Und ich erinnere mich: Als ich einmal bei ihm war, da sagte er mir: „Soll ich ihnen einmal mein Gebetbuch zeigen?“ Ich dachte, jetzt holt er so ein uraltes Gebetbuch von früher aus seiner Jugendzeit. Die sind ja nicht unbedingt immer sehr interessant. Ich sagte ihm: „Ja, zeigen sie mal.“ Da geht er humpelnd zum Küchentisch und holt aus der Schublade ein ganz altes Heft heraus, ein einfaches Schulheft, total zerfleddert. Man konnte an den Eselsohren genau sehen, dass er immer mit Spucke weitergeblättert hatte. Dann gibt er mir das in die Hand und sagt: „Das ist mein Gebetbuch; schauen sie mal rein.“ Ich hab reingeschaut. Jede Seite hatte vorne eine Spalte, da stand ein Datum. Das war der Tag, an dem er mit dem Gebet angefangen hatte. In der zweiten Spalte stand fast immer ein Name.  In der dritten Spalte ein kurzes, zusammenfassendes Gebetsanliegen. Da standen Hunderte von Namen, die er immer wieder jeden Tag vor Gott gebracht hat. Und in der letzten Spalte standen wieder eine ganze Reihe Jahreszahlen. Und er sagte: „Das ist die Spalte, da könnte ich eigentlich darüber schreiben: Erledigt! Das sind jeweils die Daten, wo Gott mein Gebet erhört hat. Und dann hat er mir beim Durchblättern so manche Geschichte erzählt. Da geht’s einem dann durch und durch. Da stand der Name des alten Pfarrers drin, der schon über zehn Jahre tot war. Da stand hinter dem Namen des Pfarrers: „Dass er wieder Freude an seinem Dienst bekommt.“ Dann hat er mir erzählt, wie die Gemeinde den Pfarrer  damals fertiggemacht hat, weil er wegen seines Alters ziemlich starr geworden war. Er hätte am liebsten die Klamotten hingeworfen. Und nur aus Pflichtbewusstsein hat er es nicht getan. „Dass er wieder Freude an seinem Dienst bekommt.“ Und dann stand irgendwann dahinter ein Datum: Erledigt! In diesem ‚Gebetbuch’ stand der Name seines eigenen Sohnes, der in den fünfziger Jahren aus der Kirche ausgetreten war. „Dass er wieder zum  Glauben kommt und zur Kirche zurück findet.“ Können Sie sich vorstellen, was das für einen Vater bedeutet, wenn er nach fünfzehn Jahren dahinter schreiben kann: Erledigt!  Fünfzehn Jahre hat er dieses Gebetsanliegen immer wieder vor Gott gebracht.

Eins hat man bei diesem Mann gespürt: Langeweile beim Beten hat der nicht gehabt. Der hat eine Freude ausgestrahlt; der war mehr in der Gemeinde ‚aktiv’ als viele, die in den Gruppierungen tätig waren, weil er mit seinem Herzen alles aufgenommen hat und es dann vor Gott gebracht hat.

Das ist das Geheimnis eines frohen Christenlebens: Setze ich die Gaben, die Gott mir gegeben hat, ein? Auch wenn es vielleicht nur ganz kleine Talente sind, setze ich voll ein? Tu das, und Du wirst Freude erleben. Denn dieses Wort des Evangeliums: „Geh ein in die Freude deines Herrn!“, ist ja nicht für nur das ewige Leben gedacht. Nein, das gilt hier auf dieser Erde schon.

Aber schau auf der anderen Seite den Knecht, der sein Talent vergraben hat. Wenn Jesus da am Ende sagt: „Werft ihn hinaus in die Finsternis, dort wird er heulen und mit den Zähnen knirschen.“ Damit ist auch nicht nur die Hölle gemeint. Schauen Sie sich einmal die vielen Christen an, die ihr Talent vergraben; die immer alles ‚schwarz’ sehen in der Kirche. Das ist Finsternis. Die immer nur stöhnen und jammern und mit den Zähnen knirschen über die schlechten Zustände in der Kirche und in der Gesellschaft.

Einer, der seine Gabe einbringt, hat diese Haltung nicht. Hier ist der Grund, ob wir froh sind als Christen oder ob wir so ein träges Christenleben führen, wo alles schwarz in schwarz ist. Nimm die Talente, die Gott Dir gegeben hat, an und setze sie ein.  Das vertraut Gott dir an.   Amen.

 

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