Pfarrer Karl Sendker

Predigten - Hilfen zur Bibelarbeit

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33. Sonntag B
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Predigt zum Evangelium:   Mk 13,24-32

Predigttext:      Mk 13,24-32

Predigt im MP3 Format

 

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Vor etwa einiger Zeit habe ich mir im Fernsehen eine Oper von Richard Wagner angeschaut, eine schwere Oper, die „Götterdämmerung“. Wenn man sich fast fünf Stunden auf eine Oper konzentrieren muss, das ist gar nicht so einfach. Aber ganz am Ende dieser Oper „Götterdämmerung“ gibt es eine Szene, kurz bevor der Vorhang fällt, da bricht die ganze Welt auseinander, da geht im Hintergrund die ganze Welt zugrunde. Und es ist jedes Mal sehr interessant, wie ein Regisseur diese Szene auf der Bühne darstellt.

Bei dieser Inszenierung von den Bayreuther Festspielen, ich glaube sie stammte von Harry Kupfer, da ist es mir eiskalt über den Rücken gelaufen. Die wunderbare Musik, im Hintergrund geht die Welt unter, man sieht einen riesigen Feuerschein. Und was passiert vorne auf der Bühne? Da kommt eine Partygesellschaft mit Sektgläsern in der Hand, sie bringen ein Fernsehgerät mit und feiern vorne auf der Bühne eine Party. Und gleichzeitig geht im Hintergrund die Welt unter.

Ist das vielleicht unsere Situation heute? Man redet ja heute so von der „Spaßgesellschaft“. Es ist doch egal was mit der Welt passiert, Hauptsache wir haben unseren Spaß. Wir können feiern, wir können eine Party schmeißen. Was mit der Welt geschieht das ist uns völlig gleich.

 

Und da trifft uns dann dieses Evangelium heute am vorletzten Sonntag im Jahreskreis. Da sagt uns Jesus in dieser Endzeitrede: Es wird tatsächlich einmal alles in dieser Welt zusammenbrechen, alles. Und dann zählt er auf: Es wird mit zunehmender Stärke Erdbeben geben. Es wird Krieg und Bürgerkrieg geben. Es werden sich Seuchen ausbreiten in unvorstellbaren Ausmaßen. Das ganze Moralsystem wird ans Wackeln kommen. Die Gesetzlosigkeit wird überhand nehmen. Das sagt Jesus. Und dann schließlich, in dem Abschnitt den ich eben vorgelesen habe: Diese Erschütterungen, die über diese Erde kommen werden kosmisches Ausmaß nehmen. Es wird sich die Sonne verfinstern; der Mond wird nicht mehr scheinen; die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden.

Das ist nicht ein irrealer Roman, sondern wir stehen mitten drin in diesem Geschehen heute in unserer Welt, wo alles ans Wackeln kommt. Und auf der anderen Seite diese kosmische Dimension, die ist ja für uns heute auch in den Bereich des möglichen gerückt. Wenn man an die Dinge denkt, die uns immer wieder vor Augen geführt werden: Wie das Ozonloch immer größer wird und die schützende Decke des Ozons zerrinnt. Wie die Sonne sich verfinstert durch Vulkanausbrüche. Das alles ist in Bereich der Möglichkeiten gerückt heute.

Und Jesus sagt: Auch wenn ihr in euerer Spaßgesellschaft lebt, es wird alles erschüttert werden. Und Jesus sagt das nicht, um uns Angst zu machen. Er sagt das, damit wir wieder merken, dass es nicht nur darum geht, Spaß zu haben, eine Party zu feiern. Einen Basar nach dem anderen zu veranstalten, oder was auch immer. Es geht darum, dass wir verantwortlich sind. Verantwortlich sind für unser eigenes Leben, für die Menschen, mit denen wir zusammenleben, für unsere Gesellschaft, für unsere Kirche und für die ganze Schöpfung. Und verantwortlich sein, bedeutet immer: Ich bin auch Jemandem verantwortlich. Das heißt letztlich: Es ist die Aufforderung der Umkehr zu dem lebendigen Gott, dem gegenüber ich verantwortlich bin.

Es geht nicht darum, einfach in den Tag hinein zu leben nach dem Motto: Lass doch mit unserer Gesellschaft, mit unserer Welt geschehen was will. Nein, Jesus ruft uns auf zur Wachsamkeit und zur Verantwortlichkeit.

Alles wird erschüttert werden, und wahrscheinlich werden wir alle noch erleben, wie das Ausmaße annimmt, die wir uns heute gar nicht vorstellen können.

Aber auch hier gilt: Das ist letztlich gesehen nicht eine Botschaft, die uns entmutigen will, sondern diese Botschaft hat eine Ermutigung für uns.

 

Ich möchte ihnen heute drei Dinge nennen aus dem Evangelium, die uns angesichts dieser Erschütterungen in der Welt Mut machen können.

Ein Erstes: Es hat zu allen Zeiten, und auch heute, Menschen gegeben, die gesagt haben: Schau dir die Erdbeben und die Erschütterungen an: Es ist zwei Minuten vor Zwölf. Ich erinnere mich noch an die Zeit, als die Jahrtausendwende vor der Tür stand. Wie viel Panikmache hat es damals gegeben. Jetzt geht die Welt unter. Oder vielleicht erinnern sie sich an die totale Sonnenfinsternis vor einigen Jahren. Welche Panik da von manchen Sekten gemacht wurde.

Und da sagt Jesus uns: Ihr habt absolut keinen Grund, in Panik zu geraten, wann die Welt wohl untergeht. Jeder, der das tut, ist ein Scharlatan, denn diese Stunde weiß niemand, nicht einmal die Engel im Himmel. Die weiß noch nicht einmal Jesus selbst, sondern die weiß nur der Vater im Himmel. Lass dir von niemandem Angst machen: Übermorgen geht die Welt unter. Lass dich von Jesus aufrütteln zu deiner Verantwortung Gott gegenüber. Aber lass dir nicht Angst machen vor einem Termin, an dem angeblich die Welt unter geht.

 

Ein Zweites: Jesus sagt mit aller Klarheit, das alles erschüttert werden wird . Himmel und Erde werden vergehen. Aber eins wird nicht ins Wanken kommen, eins wird nicht vergehen, und das ist das Wort Gottes. Wer auf dieses Wort Gottes sein Leben baut, und auch seine konkrete Lebensplanung baut, der hat festen Boden unter den Füßen, auch wenn alles in dieser Welt zu wackeln beginnt.

Nur mal in Klammern gesagt: Wer von uns hier in der Bundesrepublik hat denn noch klare Wertvorstellungen. Wertvorstellungen, die über den Spaß hinausreichen? Wer sein Leben wirklich gegründet hat auf das Wort Gottes, dessen Leben hat eine klare Orientierung. Auch in den Ängsten und in den Schrecken, die über diese Erde kommen, die nicht geleugnet werden.

Ich weiß wohl, das kann man lächerlich machen: Das Wort Gottes ist ja auch nur ein Buch. Nein, es ist mehr als ein Buch, es ist eine Kraft, um unser Leben, auch in dieser Gesellschaft zu bewältigen. Ich will ihnen nur ein Beispiel dafür sagen.

Vor einigen Jahren hat es im Fernsehen sonntags abends eine Diskussion mit offenem Ende gegeben zum Thema Aids. Das Thema bewegt uns ja ständig. Diese Diskussion mit Wissenschaftler aus verschiedenen Bereichen war schrecklich. Wenn das auch nur halbwegs stimmt, was die Wissenschaftler damals vorausgesagt haben, dann wird es furchtbar. Und ich muss ehrlich gestehen, ich habe es nicht ausgehalten diese Sendung, bis zum Ende mir anzuschauen. Ich bin ins Bett gegangen mit totaler Angst. Ich habe nachts Alpträume gehabt, bin wach geworden, schweißgebadet vor lauter Angst. Und dann, als ich das Licht eingeschaltet habe, mich auf die Bettkante gesetzt habe, da kommt mir ein Wort aus der Heiligen Schrift, aus dem Psalm 91, wieder in den Kopf, das ich abends beim Abendgebet gebetet hatte. Da hat Gott gesagt: „Fallen auch tausend an deiner Seite, zu deiner Rechten zehnmal tausend, dich wird es nicht treffen. Du brauchst dich nicht zu fürchten vor der Seuche, die am Mittag dahin schleicht.“

Das ist nur ein Wort aus einem Psalm, aber es hat mich in der Situation, wo ich Angst hatte, so tief getroffen, dass ein ganz tiefer Friede in mich kam. Ich wusste, Gott hat die Welt immer noch in der Hand, und er ist in der Lage, diese Welt in der Hand zu behalten, die entgleitet ihm nicht. „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.“

 

Und ein Drittes, womit uns dieses Wort Mut macht: Wir haben die Alternative: Entweder schauen wir auf die Umstände in dieser Welt, was alles auf uns zukommt. Und die meisten Menschen tun das heute. Aber du wirst Angst und Panik bekommen, wenn du darauf schaust, was alles auf uns zukommt, denn das wird schlimm werden. Aber Jesus sagt: Richte deinen Blick nicht auf das, was alles auf uns zukommt, sondern lass dich von der Frage leiten, wer auf uns zukommt. Und dann heißt es hier im Evangelium: Man wird den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit kommen sehen.

Und nicht umsonst wird dieses Evangelium gelesen einen Sonntag vor dem Christkönigsfest. Richte deinen Blick auf Jesus Christus, der den Thron im Himmel bestiegen hat, dem die Fäden der Weltgeschichte nicht aus der Hand geglitten sind. Er kann sagen: „Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden.“ Richte deinen Blick auf ihn und erwarte sein Kommen, und du wirst bewahrt werden vor Panik und vor Schrecken. Jesus sagt: „Die Menschen dieser Welt werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, die über diese Erde kommen.“ Aber er sagt im gleichen Zusammenhang auch: „Ihr aber, die ihr den Blick auf mich gerichtet habt, wenn ihr das alles seht, dann erhebt euere Häupter, denn euere Erlösung ist nahe.“

Das ist die richtige Blickrichtung. Und darum brauchen wir keine Angst zu haben. Wir brauchen allerdings die Augen auch nicht zumachen nach dem Otto: Es ist ja alles gar nicht so schlimm. Nein, wir richten die Augen auf ihn, unseren Herrn. Und dann haben wir Zuversicht für uns selbst, für unsere Gesellschaft, auch für die ganze Schöpfung. Am Ende steht nicht das Chaos, sondern am Ende steht er, Jesus Christus.   Amen.

 

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