Pfarrer Karl Sendker

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4. Advent A
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Predigten

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Predigt zur 1. Lesung:   Jes 7,10-14

Predigt zur 2. Lesung:   Röm 1,1-7

Predigt zum Evangelium:   Mt 1,18-24

Predigttext:      Jes 7,10-14

 

Dies ist die 4. Predigt einer fünfteiligen Predigtreihe mit dem Thema: "Bilder der Hoffnung"

 

Predigt im MP3 Format

 

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Mit den Weihnachtsgeschenken ist das in jedem Jahr so eine Sache. Es gibt wohl kaum etwas worum soviel Geheimniskrämerei gemacht wird wie um die Weihnachtsgeschenke.  

Natürlich dürfen die Kinder nicht wissen, was das Christkind am Weihnachtsfest bringt. Aber nicht nur bei den Kindern ist das so, nein auch bei den Erwachsenen. Eine richtig schöne Bescherung zu Weihnachten, dazu gehört, dass der Beschenkte vorher nicht weiß, was er geschenkt bekommt. Und vermutlich wird es noch heute in vielen Familien so sein, wie ich es in meiner Kinderzeit erlebt habe. Spätestens am Heiligabend mittags wurde das Weihnachtszimmer abgeschlossen. Da kam ja dann das Christkind. Und bei meinem Freund war es so: Die hatten ein großes Haus, da gab es ein extra Weihnachtszimmer, die gute Stube. Diese wurde sogar schon einige Tage vorher abgeschlossen, und vor dem Schlüsselloch hing sogar ein Tuch davor, damit man ja nicht hineinschauen konnte.

 

Gott hat uns auch ein Weihnachtsgeschenk gemacht, seinen Sohn Jesus Christus, der Weihnachten Mensch geworden ist. Das ist das große Weihnachtsgeschenk Gottes an uns. Aber bei Gott ist das ganz anders. Bei Gott gibt es kein verschlossenes Weihnachtszimmer. Bei Gott gibt es auch keine Geheimnistuerei wegen der Weihnachtsgeschenke. Ganz im Gegenteil! Als Gott uns sein Weihnachtsgeschenk machte, seinen Sohn Jesus Christus, da hat er Jahrhunderte vorher die Karten offen auf den Tisch gelegt. Er hat kein Geheimnis darum gemacht, wie sein Weihnachtsgeschenk aussehen soll.

 

Bereits auf den ersten Seiten des Alten Testamentes im Buch Genesis, als vom Sündenfall geredet wird, da ist auch von einem „Spross“ die Rede, den Gott verheißt, der der Schlange, dem Satan, den Kopf zertreten wird. Ein allererster Hinweis auf das Weihnachtsgeschenk Gottes.

Gott hat durch den Propheten Micha Jahrhunderte vorher genau angekündigt, wo der Messias geboren werden soll, nämlich in Bethlehem. Da steht beim Propheten Micha: „Du Bethlehem im Lande Juda bist keineswegs die Geringste unter den Fürstentümern, denn aus dir soll hervorgehen, der mein Volk regieren soll.“ Gott macht kein Geheimnis darum.

Und dann überlegen Sie einmal: Was setzt Gott alles in Bewegung, damit diese eine Verheißung erfüllt wird. Maria und Josef wohnten ja nicht in Bethlehem, sie wohnten in Nazareth. Und da muss der römische Kaiser im ganzen römischen Reich eine Volkszählung organisieren, nur - aus der Perspektive Gottes gesehen -, damit diese eine Verheißung in Erfüllung geht.

Gott hat angekündigt, dass sein Messias aufgehen wird wie ein Stern. Und man muss wissen: Damals haben sich die Seefahrer an den Sternen orientiert. Das heißt von Gott aus: Mein Weihnachtsgeschenk an euch wird wie ein leuchtender Stern sein, an dem ihr euch orientieren könnt.

Gott hat angekündigt, dass sein Messias wie ein Hirte ist, der sein Volk führen wird wie ein guter Hirt.

Gott hat den Charakter des Messias, dieses Kindes angekündigt: „Er wird sanftmütig sein“, steht beim Propheten Sacharja. Und so gibt es unglaublich viele Einzelzüge.

Beim Propheten Jesaja wird zum Beispiel beschrieben, dass er in ganz ärmlichen Verhältnissen zur Welt kommt. Und es wird sogar beschrieben, dass er wie ein Verbrecher hingerichtet wird.

Gott hat keine Geheimnisse; Gott hat kein verschlossenes Weihnachtszimmer.

 

Heute in der ersten Lesung, im siebten Kapitel des Propheten Jesaja, kündigt Gott an, dass dieser Messias, dieses Kind, geboren wird von einer Jungfrau. Da heißt es wörtlich: „Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, sie wird einen Sohn gebären. Und sie wird ihm den Namen Immanuel geben, Gott ist mit uns.“

Gott kündigt hier etwas an, was menschlich gesehen unmöglich ist, dass dieser Messias von einer Jungfrau geboren werden soll. Achthundert Jahre vorher hat Gott das angekündigt. Gut, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit haben die Menschen zur Zeit des Propheten Jesaja nicht genau gewusst, was Gott mit dieser Verheißung meinte. Das hebräische Wort „Alma“ kann „Jungfrau“ heißen. Es kann aber auch übersetzt werden: „junge Frau“.

Möglicherweise hat man damals die Verheißung Gottes so verstanden, dass von einer jungen Frau ein Kind geboren wird. Und das soll für den König Achab in Jerusalem ein Zeichen sein, dass er sich nicht zu fürchten braucht vor dem Kampf, der ihm droht. Mag sein.

 

Aber es hat Gott gefallen, in diese Verheißung achthundert Jahre vor der Geburt Christi eine, ich möchte einmal sagen, eine Tiefendimension, eine Tiefenschicht hineinzulegen, die damals wahrscheinlich gar nicht so erkannt werden konnte. Als aber dann achthundert Jahre später Jesus von einer Jungfrau geboren wird, und als die Evangelisten dieses Geschehen aufschreiben, da entdeckt man auf einmal, was Gott mit dieser Verheißung beim Propheten Jesaja im siebten Kapitel gemeint hatte: „Seht, die Jungfrau wird empfangen, sie wird einen Sohn gebären.“ Was menschlich gesehen unmöglich war, das macht Gott hier möglich.

Ja, man muss deutlich sagen, bei Gottes großem Weihnachtsgeschenk gibt es keine Geheimnistuerei. Gott hat bis in Einzelheiten hinein alles offen gelegt.

 

Wir sind in diesem Advent beim Thema: „Bilder der Hoffnung“.

Heute liegt das Bild der Hoffnung, das in dieser Lesung verborgen ist, in dem Namen, der diesem Kind gegeben werden soll. „Die Jungfrau wird ein Kind empfangen; sie wird einen Sohn gebären, und sie wird ihm den Namen „Immanuel“ geben. Und Immanuel heißt übersetzt: „Gott ist mit uns“.

Dieser Name, den das Kind, den der Messias bekommen soll, ist wie ein Programm der Hoffnung, das Gott in diese Welt hineinschreibt. Das große Geschenk Gottes ist: „Gott ist mit uns!“

 

Es gibt so viele Menschen, die unter widrigen Umständen leben müssen, im Kleinen wie im Großen.

Das fängt dabei an, dass ein Jugendlicher eine nur Ausbildungsstelle bekommt, die ihm eigentlich gar nicht liegt. Aber er muss das nehmen, was ihm angeboten wird.

Sei es, dass einem Familienvater plötzlich die Arbeitsstelle gekündigt wird, und er steht auf der Straße.

Sei es, dass eine Ehe in die Brüche geht.

Oder denken Sie an die vielen Flüchtlingsschicksale.

Es gibt soviel widrige Umstände in dieser Welt. Und die Menschen leiden unter diesen widrigen Umständen.

Hier sagt uns die Botschaft des Propheten Jesaja durch den Namen „Immanuel“: Es ist nicht entscheidend, unter welchen Umständen du leben musst. Entscheidend ist: Gehst du in die Umstände ohne Gott, oder kannst du mitten in den Umständen sagen: „Gott ist mit mir“?

 

Dafür ein Beispiel aus dem Alten Testament. Vielleicht kennen Sie noch im Alten Testament, aus dem Buch Genesis, die Josefsgeschichte. Der wird von seinen Brüdern als Sklave nach Ägypten verkauft, als niedriger Sklave, das waren die Umstände. Er kommt als Sklave in das Haus des Potifar. Aber dann steht die kleine Bemerkung dabei: „Gott war mit ihm, und er ließ ihm alles gelingen.“ Alles, was Josef anpackte, gelang ihm. Das merkt natürlich auch Potifar, sein Herr, und er setzt ihn zum Verwalter über sein ganzes Haus.

Dann wirft die Frau des Potifar ein Auge auf Josef und möchte ihn zum Ehebruch verführen. Aber Josef, der im Willen Gottes ist, weigert sich. Doch dann dreht die Frau den Spieß um. Sie hält Josef am Gewand fest. Josef reißt sich los und lässt sein Gewand in den Händen der Frau. Und nun fängt die Frau an zu schreien: „Hilfe! Der Sklave, der Hebräer, wollte mich vergewaltigen.“ Natürlich glaubt man der Frau mehr als dem Sklaven. Und so kommt Josef ins Gefängnis. Er ist wieder ganz unten. Das waren die widrigen Umstände.

Aber wieder heißt es: „Gott war mit ihm und ließ ihm alles gelingen.“ Er gewinnt die Gunst des Gefängnisaufsehers, er darf die Gefangenen mit betreuen. Und schließlich - ich kürze jetzt ab - wird er der stellvertretende Pharao in Ägypten.

 

Nicht die Umstände sind entscheidend, sondern die Frage: Gehst du mit Gott in die Umstände oder ohne Gott? Das große Hoffnungsprogramm Gottes für die Welt liegt in diesem Namen: „Gott ist mit uns.“

Mach dir diese Tatsache jeden Tag neu bewusst. Ich gehe in jeden Tag hinein mit dem Wissen: Gott geht mit.

 

Aber nun kommt das Eigenartige. Als dann der Messias geboren wird, als Gott sein Weihnachtsgeschenk, bildlich gesprochen, auspackt, da bekommt dieser Messias nicht den Namen „Immanuel“, sondern da bekommt Josef vom Engel den Auftrag: „Du sollst ihm den Namen Jesus geben.“ Er bekommt einen anderen Namen.

Das Hoffnungsprogramm Gottes, das mit dem Namen „Immanuel“ verbunden war, das ist erfüllt mit der Geburt des Messias. Aber nun soll das Wesen des Messias deutlich werden, nämlich „Jesus“. Und „Jesus“ heißt: „Retter von Sünde“.

Das war das zweite große Hoffnungszeichen Gottes, dass er eine Antwort gibt auf die tiefste Not der Menschen, damals wie heute, dass nämlich die Menschen Versager sind, Sünder sind. Auf diese Not gibt Gott eine Antwort mit dem Namen „Jesus“, der dem „Immanuel“, zuteil wird.

 

Mir ist das einmal so sehr deutlich geworden. Da kommt ein Mann zu mir in die Seelsorge. Er schüttet sein Herz aus und sagt mir dann: Mein Leben ist von Anfang an total verkorkst. Ich war kein gewünschtes Kind. Ich bin auf die Welt gekommen, und meine Eltern wollten mich gar nicht. Ich war in der Schule ein schlechter Schüler. Ich habe in meinem Beruf versagt, meine Ehe ist in die Brüche gegangen. Alles, was ich angepackt habe, ist kaputt, ist nichts. Und er machte einen total deprimierten Eindruck.

Dann sagte er mir: „Können sie mir mal ein Blatt Papier und einen Stift geben?“ Er hat das leere Blatt Papier genommen, und hat eine Null auf das Papier gemalt. Und er sagte zu mir: „Sehen sie, das bin ich. Eine Null, eine Niete, nichts wert. Und alles, was ich im Leben angepackt habe, war eigentlich nur, dass ich eine Null an die andere gereiht habe“ Und er malte mit dem Stift eine lange Reihe Nullen. Aber Null + Null, eine Reihe von Nullen gibt immer nur Null. Das ist mein Leben.

Ich habe ihm dann die Botschaft sagen dürfen, dass Jesus aus einem verkorksten Leben etwas machen kann. Und ich habe ihm dann gesagt: „Wenn Sie jetzt aufgeschrieben haben, dass Ihr Leben nur eine Reihe von Nullen ist, - in dem Augenblick, wo Jesus ihr Erlöser ist, wo sie ihn annehmen als ihren Erlöser, wo er gleichsam die Nummer Eins wird in ihrem Leben, da bekommt ihr Leben einen unglaublich großen Wert.“

Und ich hab ihm den Stift aus der Hand genommen, und habe vor diese Reihe Nullen eine 1 gesetzt.

Ich habe ihm das Blatt gegeben und habe ihm gesagt: „So kostbar ist ihr Leben geworden, dadurch dass Jesus ihr Erlöser ist.

Er hat diese Botschaft verstanden, und er hat sich im tiefsten gefreut.

 

Das sind die großen Hoffnungszeichen Gottes: „Gott ist mir uns!“ „Immanuel“ Und: „Gott ist Erlöser“, dokumentiert in dem Namen „Jesus“.

 

Ich will noch einmal auf den Anfang der Predigt zurückkommen, sie Sache mit dem verschlossenen Weihnachtszimmer. Gott hat kein verschlossenes Weihnachtszimmer, er hat alles offen gelegt. Und doch gibt es eine verschlossene Tür bei Gott. Die hat nicht er verschlossen. Das ist möglicherweise die verschlossene Tür unseres Herzens, wenn wir ihm unsere Tür nicht öffnen. Im letzten Buch der Bibel, in der der Offenbarung des Johannes heißt es: „Ich stehe vor der Türe und klopfe an.“ Das heißt: die Türe kann zu sein. „Aber wenn jemand aufmacht, die Türe seines Herzens aufmacht“, sagt der erhöhte Herr, „dann werde ich eintreten und Mahl mit ihm halten und er mit mir.“

Wir haben in dieser Adventszeit Gelegenheit unsere verschlossene Tür, so sie denn verschlossen ist, ihm neu zu öffnen.   Amen.

           

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Predigttext:    Röm 1,1-7

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Wir sind gewohnt, dass wir in der Heilige Messe normalerweise eine oder zwei Lesungen hören und das Evangelium. Ist Ihnen eigentlich aufgefallen, dass wir heute in dieser heiligen Messe zwei Evangelien gehört haben?

 

Nun will ich sie nicht verunsichern. Natürlich haben wir als zweite Lesung den Anfang des Römerbriefes gehört. Aber es ist auffällig, dass der Apostel Paulus in den ersten vier Versen des Römerbriefes dreimal mit großem Nachdruck sagt: „Ich will euch ein Evangelium verkünden.“ Das ist seine Absicht. Er will nicht einen Brief schreiben, sondern: „Ich will euch ein Evangelium verkünden.“ Das bedeutet aber mit anderen Worten: Es gibt nicht nur das Evangelium nach Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Es gibt auch das Evangelium nach dem Apostel Paulus.

 

Da schreibt der Apostel Paulus einige interessante Dinge. Was ist eigentlich sein Evangelium? Man könnte ja denken, dass das Evangelium ein Buch ist. Wenn wir das Matthäusevangelium lesen, dann lesen wir in einer Schrift des Neuen Testamentes. Aber Paulus weist uns darauf hin: Das Evangelium ist ursprünglich nicht ein Buch, oder eine Schrift, auch nicht ein Brief oder eine Predigt. Das Evangelium ist eigentlich eine Person, nämlich Jesus Christus. Paulus schreibt mit großem Nachdruck: Ich verkündige euch das Evangelium vom Sohn Gottes. Das Evangelium ist eine Person.  

 

Das hat ganz wichtige Konsequenzen. Wenn wir zum Beispiel im Matthäusevangelium lesen, dann geht es beim Lesen des Evangeliums nicht darum, dass wir mit dem Verstand mehr über Jesus wissen, dass wir gleichsam Schriftgelehrte würden. Nein, es geht darum, dass wir hinter diesen Geschichten des Evangeliums die Stimme Jesu selber hören, der uns anspricht. Dass man auf einmal merkt: Er selbst redet durch das Evangelium zu mir. Es ist Botschaft für mich. Und wenn ich dann bete, dann ist mein Gebet im Grunde genommen eine Antwort auf das, was er mir durch das Evangelium gesagt hat. Es ist also im Tiefsten nicht ein Lesen, sondern es ist im Tiefsten Begegnung mit Jesus Christus, dem Sohn Gottes.

 

Das ist übrigens, wenn wir Gottesdienst feiern, genau so. Wenn wir ein Lied singen, wenn wir etwa gleich singen: „Komm, o mein Heiland, Jesus Christ, meins Herzens Tür dir offen ist“, dann ist das doch eine Einladung an ihn, dann ist das Begegnung. Ich möchte dir begegnen, dem Sohn Gottes, in deinem Wort, in der Kommunion, in der Gemeinschaft der Brüder und Schwestern. Es geht immer darum: IHM zu begegnen. Das ist das Entscheidende, und nicht, dass wir mehr über ihn wissen. Solches Wissen kann auch ganz interessant sein, aber darum geht es im Letzten nicht. Das Evangelium ist eine Person, nämlich der Sohn Gottes Jesus Christus.

 

Noch zwei Dinge sagt der Apostel Paulus in diesem kurzen Abschnitt am Anfang des Römerbriefes über den Sohn Gottes:

Das Erste: Dieser Sohn Gottes ist nach dem Fleisch nach, das heißt nach menschlichen Maßstäben, der Nachkomme Davids. Das bedeutet: Er ist ein wirklicher Mensch, ein Mensch mit einem irdischen Stammbaum. Und der Evangelisten Matthäus hat an den Anfang seines Evangeliums den ganzen Stammbaum Jesu gesetzt. Jesus hat einen ganz normalen menschlichen Stammbaum. Er ist wirklich ein irdischer Mensch geworden.

Wenn man einmal den Stammbaum Jesu im Matthäusevangelium liest, und wenn man dann mal ein bisschen Ahnenforschung bei Jesus betreibt, dann wird man feststellen, dass im Stammbaum Jesu einige doch zweifelhafte Gestalten vorkommen. Da wird zum Beispiel im Stammbaum Jesu eine Dirne genannt, die Rahab. Dann ist natürlich der große König David genannt. Aber es wird auch Batseba genannt, die Frau des Urija, mit der David Ehebruch begangen hat. Und den Urija, den Mann der Batseba hat König David dann ermorden lassen, als sie von ihm schwanger geworden war. Das alles bedeutet: Jesus ist ein wirklicher Mensch geworden.

Wenn wir den Stammbaum unserer Familie anschauen und dort einmal Ahnenforschung betreiben, dann gibt es da ja auch Vorfahren, an die wir nicht so gerne denken. Aber genau so hat Jesus einen irdischen Stammbaum. Nach menschlichen Maßstäben, Paulus sagt: nach dem Fleisch, ist er der Nachkomme Davids, ein irdischer Mensch.

 

Aber das war nicht alles. Wenn Jesus am Weihnachtsfest nur ein Mensch geworden wäre als ein Nachkommen Davids, dann wäre er irgendein großer, berühmter Mann der Geschichte geworden wie etwa Mohammed auch. Aber Jesus ist noch mehr.

Und darum schreibt Paulus hier: Nach dem Heiligen Geist, wenn man es einmal von Gott her betrachtet, ist dieser Menschensohn Jesus eingesetzt als Sohn Gottes mit Macht durch die Auferweckung Jesu von den Toten.

Der Tod ist die Grenze auch für alle großen Menschen, und mögen sie noch so viel in dieser Welt bewirkt haben. Und wäre der Tod auch für Jesus die Grenze gewesen, dann hätte er berühmte Lehren verkündet, etwa in der Bergpredigt, dann wäre er vielleicht ein großer Religionsstifter geworden, aber das wäre es dann auch gewesen.

Aber nein, der Tod war für Jesus nicht die Grenze. Gott hat ihn von den Toten auferweckt. Und darum ist er eingesetzt in Macht. Er ist wirklich derjenige, der mit göttlicher Vollmacht die Geschicke der Welt in die Hand nimmt und ändern kann. Der uns erlösen kann, die einzelnen Menschen, aber auch die ganze Welt, durch sein Sterben am Kreuz und durch seine Auferstehung.

Man könnte auch sagen: Als der Vater Jesus am Ostertag von den Toten auferweckt hat, da hat er gleichsam sein göttliches Siegel gesetzt unter das ganze Leben und Wirken des irdischen Jesus.

 

Wenn wir am Weihnachtstag zur Krippe gehen, dann finden wir in der Krippe auf den ersten Blick ein niedliches, kleines Jesuskind, das in Windeln gewickelt in einer Krippe liegt. Aber im Tiefsten kann man Weihnachten nur von Ostern her verstehen: Dieser Jesus ist derjenige, der in göttlicher Vollmacht eingesetzt ist als der Herr des Himmels und der Erde, der am Ende seines irdischen Lebens sagen kann: „Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden.“

Denk das immer mit, wenn Du zur Krippe gehst. Sieh nicht nur das kleine Kind, sondern sieh den König der Könige, den Herrn aller Herren.

 

Noch etwas sagt Paulus in diesen ersten Versen des Römerbriefes:

Das Evangelium, das Paulus verkündet, hat Gott im Voraus den Menschen offenbart durch die Propheten in den Heiligen Schriften. Was sich auf Jesus bezieht, ist Jahrhunderte vorher im Alten Testament durch die Propheten angekündigt worden. Viele Christen tun sich ja mit dem Alten Testament schwer. Es ist auch oft nicht leicht zu verstehen, gerade auch die Prophetentexte. Aber wenn man es lernt, so einen Prophetentext von Jesus her zu lesen, dann fällt ein ganz neues Licht auf so einen alten Text.

 

Dafür ein Beispiel: Achthundert Jahre vor Christus hat der Prophet Jesaja gelebt, aus dem wir im Advent die erste Sonntagslesung hören. Da hat der Prophet Jesaja dem König Ahab in Jerusalem angekündigt: „Siehe, die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären, und man wird ihn dem Namen Immanuel geben, das heißt übersetzt: Gott ist mit uns.

Ob der König in Jerusalem diese Botschaft damals verstanden hat, ist eher unwahrscheinlich. Dann haben die Theologen hin und her überlegt: Wenn da von einer ‚Jungfrau’ die Rede ist, vielleicht meint der Prophet statt ‚Jungfrau’ einfach nur ‚junge Frau’. Das könnte bei dem hebräischen Wort ‚alma’ tatsächlich so sein. Ob man diese Botschaft achthundert Jahre vor Christus verstanden hat, ist sehr zweifelhaft. Aber als dann der Messias in Bethlehem von Maria der Jungfrau geboren wird, da fällt auf einmal von Christus her auf diesen alten Text des Propheten Jesaja ein ganz neues Licht. Auf einmal versteht man, was Gott damit gemeint hat, dass Gott in diese Weissagung eine Tiefendimension hineingelegt hat, die auf den ersten Blick nicht zu erkennen war, die nur von Jesus Christus her zu verstehen ist. Wenn ich das Alte Testament lese, dann lese ich es von Jesus Christus her. Und dann bekommt man ganz neue Einsichten ins Alte Testament.  

 

Noch einmal zusammengefasst:

Das Erste: Das Evangelium ist nicht ein Buch, sondern es ist eine Person. Es geht darum ihm, Jesus Christus zu begegnen.

Zweitens: Dieser Sohn ist wirklich Mensch geworden mit einem irdischen Stammbaum.

Drittens: Es bleibt nicht dabei, dass der Sohn Gottes ein Mensch wird wie wir, sondern er wird von Gott in Macht eingesetzt als der König der Könige, als der Herr der Herren, dadurch dass er ihn von den Toten auferweckt hat.

Und dieses ganze Geschehen ist Jahrhunderte vorher von Gott im Alten Testament durch die Propheten angekündigt worden.

 

Nun könnte ich eigentlich Amen sagen und die Predigt beenden. Aber einen kleinen Nachtrag noch, der an den Anfang der Predigt anknüpft:

Wir sind in der Heiligen Messe auch gewohnt, dass wir nach der Verkündigung der frohen Botschaft das Glaubensbekenntnis sprechen. In diesem kurzen Abschnitt aus dem Anfangs des Römerbriefs steht auch ein kurzes Glaubensbekenntnis.

Die Bibelwissenschaftler haben, wenn sie diesen Text untersucht haben, festgestellt, dass der Apostel Paulus hier in diesen ersten Versen des Römerbriefes ein kurzes Glaubensbekenntnis aufgenommen hat, das damals in der Gemeinde gesprochen wurde. Es ist gleichsam ein Mini-Glaubensbekenntnis, aber es ist ein echtes Glaubensbekenntnis. Dieses Glaubensbekenntnis der ersten Christen könnte geheißen haben:

 

„Er, der Sohn Gottes wurde dem Fleisch nach geboren als Sohn Davids. Er wurde dem Geist der Heiligkeit nach eingesetzt als Sohn in Macht seit der Auferstehung der Toten.“

 

Das war möglicherweise ein Mini-Glaubensbekenntnis der ersten Christen.

Das bedeutet aber wiederum für uns: Die Beschäftigung mit dem Evangelium, die zur Begegnung mit dem Sohn Gottes führt, mündet darin, dass ich mich zu diesem Jesus, dem Sohn Gottes, bekenne. Ob das unser apostolisches Glaubensbekenntnis ist, das wir gewöhnlich sprechen, ob das ein ganz persönliches Glaubensbekenntnis ist, oder so eine alte Glaubensformel, wie wir sie hier bei Paulus finden, das ist nicht entscheidend. Wichtig ist: Ich begegne ihm und bezeuge das.   Amen.

 

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Predigttext: Mt 1,18-24

 

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder!

 

Gestern Nachmittag habe ich kurz darüber nachgedacht: Wenn der heilige Josef damals ein Tagebuch geschrieben hätte, das würde ich gerne einmal lesen. Wie er das alles verarbeitet hat. Es gibt ja von ihm nicht ein einziges Wort, das er gesprochen hat, das uns im Neuen Testament überliefert wird. Wie hat der Mann das alles verarbeitet?

Es wird hier gesagt, dass er mit Maria verlobt war. Nun muss man eins wissen: Die Verlobung war damals in Israel etwas anderes, als bei uns die Verlobung. Die Verlobung war damals schon der erste Schritt der Hochzeit. Vielleicht könnte man das vergleichen mit den zwei Schritten, die es bei uns gibt: standesamtliche Hochzeit und kirchliche Trauung. Wenn damals ein Paar sich verlobte, dann galten die damals vor dem Gesetz bereits als verheiratet, aber sie lebten noch nicht zusammen. Dieser zweite Schritt, dass sie auch zusammenlebten, der war dann die eigentliche Hochzeit, wo der Bräutigam die Braut ins Haus heimführte. Aber seit der Verlobung gilt ein solches Paar vor dem Gesetz als verheiratet. Das bedeutet aber mit anderen Worten: Wenn während der Verlobungszeit eine Frau von einem anderen Mann schwanger wird, dann gilt das bereits als Ehebruch. Und auf Ehebruch steht in Israel Todesstrafe durch Steinigung.

 

Josef war mit Maria verlobt. Natürlich hat er sich darauf gefreut, dass endlich der Tag kommt, wo er seine Braut heimführen kann, wo sie zusammenleben können in der Ehe. Und dann geschieht das Furchtbare. Auf einmal zeigt es sich, - zeigt es sich, - dass seine Verlobte schwanger ist. Der Bauch wurde rund, das sah man schon. Und Josef weiß ganz genau: Von mir kann das Kind nicht sein. Daher muss er annehmen: Meine Verlobte ist fremdgegangen, sie hat mich betrogen.

Ich glaube, man muss sich einmal vor Augen führen, was das damals bedeutete. Diese Schande, die damit verbunden war. Meine Verlobte hat Ehebruch begangen.

Und jetzt, in dieser Situation, wie reagiert Josef da? Und vielleicht kann man ein Stückchen davon erahnen, warum Maria und Josef füreinander bestimmt waren Denn die gleiche Haltung, die in Josef lebendig war, das werden wir gleich noch sehen, die lebte auch in Maria. Und von dieser Haltung des Josef können wir vieles lernen.

 

Ein Erstes: Das wichtigste Kennzeichen Josefs in dieser Situation war, dass er eine ganz tief empfundene, menschliche Herzlichkeit und Wärme hatte. Man könnte sich ja auch denken: Als Josef merkt, meine Verlobte ist ‚fremdgegangen’,  - man könnte ja denken, dass er aufgebraust ist, dass er empört ist, dass er Maria dem Gericht übergibt zur Todesstrafe durch Steinigung. Er hätte dazu ein Recht gehabt.

Aber für Josef war das Allerwichtigste in dieser notvollen Situation: nur nicht Maria bloßstellen. Das war sein wichtigster Gesichtspunkt. Alles, aber nicht Maria bloßstellen!

Und ich denke, das ist eine ganz wichtige Haltung, die wir von Josef lernen können. Es kann passieren was will, ich werde nicht zulassen, dass der Andere bloßgestellt wird. Auch wenn ich den Eindruck habe, dass er an mir schuldig geworden ist. Übrigens, das ist die gleiche Haltung, die Jesus am Kreuz noch hat, als er vom Kreuz herab für die, die ihn gekreuzigt haben, noch eine Entschuldigung sucht. „Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun.“ Nur nicht den Anderen bloßstellen!

Die gleiche Haltung lebte auch in der Gottesmutter Maria. So eine Kleinigkeit auf der Hochzeit zu Kana weist uns darauf hin. Da waren die Brautleute in Verlegenheit, sie hatten keinen Wein mehr. Das war ja keine wichtige Sache. Aber Maria entdeckt diese Peinlichkeit, und sie möchte nicht, dass die Brautleute bloßgestellt werden. Sie geht zu ihrem Sohn: „Sie haben keinen Wein mehr.“

Und diese Haltung lebte auch in Josef. Nur nicht Maria bloßstellen! Die einzige Möglichkeit, die er jetzt hatte, war, die Verlobung heimlich zu lösen und Maria wegzuschicken. Damit war die Peinlichkeit nicht aus der Welt geschafft. Aber nun brauchte Maria nicht mehr damit rechnen, dass ihr die Todesstrafe durch Steinigung drohte. Nur nicht sie bloßstellen!

 

Ein Zweites, was wir von Josef lernen können. Man könnte ja wiederum denken, dass er jetzt genau anders herum reagiert. Wenn er schon nicht empört und aufbrausend ist, dass er sich jetzt zurückzieht in sein Schneckenhaus, die Jalousien dicht macht und qualvoll grübelt: Warum? Warum muss mir das passieren? Viele machen ja in so einer Situation die Jalousien dicht und lassen nichts mehr an sich heran. Aber Josef,  - natürlich denkt er auch darüber nach, das steht ja hier ausdrücklich,  - aber er ist noch offen in dieser Situation, so dass Gott zu ihm durch einen Engel im Traum reden kann.

Das ist etwas Großes, wenn Menschen nicht ‚zu’ machen, sondern dann noch so offen sind, dass Gott durch einen Boten reden kann. Vielleicht redet Gott bei uns nicht durch einen Traum, vielleicht auch nicht durch einen Engel. Aber denken sie daran: Engel heißt auf Deutsch ‚Bote’. Vielleicht gebraucht Gott einen ganz menschlichen Boten. Wenn wir ‚zugemacht’ haben, hat Gott keine Chance mehr, an uns heran zu kommen. Josef hat diese Offenheit gehabt, dass Gott noch zu ihm reden konnte.

 

Und schließlich ein Drittes, und vielleicht ist dies das typische Kennzeichen des Josef: Ich habe schon gesagt, dass von ihm kein einziges Wort überliefert ist, das er gesprochen hat. Aber eins ist typisch für ihn, nämlich der sofortige, stille, schweigende Gehorsam. Da heißt es am Ende: Als Josef erwachte ..., da hat er nicht diskutiert, ob er sich geirrt hat, ob das nicht ein Traum war, denn Träume sind ja Schäume ... Er hat vielmehr sofort getan, was der Engel des Herrn ihm befohlen hat, und er nahm seine Frau zu sich.

 

Überlegen sie auch hier wieder den Hintergrund: Wenn Josef jetzt Maria als seine Frau zu sich nimmt, dann hat er den ‚Schwarzen Peter’. Das bedeutet ja, jeder muss annehmen, dass sie zusammen geschlafen haben, dass das Kind von ihm kommt. Und wenn man dann noch bedenkt, dass der Engel hat zu Josef gesagt hat: Du, Josef sollst ihm den Namen Jesus geben! - Die Namensgebung eines Kindes war in Israel etwas ganz Wichtiges. Wenn Josef diesem Kind den Namen geben soll, dann heißt das: Übernimm du die gesetzliche Vaterschaft. Später heißt es ja auch mehrfach von Jesus: „Ist das nicht der Sohn des Zimmermanns?“  

Gesetzlich hat Josef die Vaterschaft übernommen. Aber wenn er das vielleicht auch nicht verstanden hat,  - das verstehen wir ja auch nicht, das mit dem Heiligen Geist -  , dass dieses Kind vom Heiligen Geist kommt, da hat er schlicht das gehorsam getan, was Gott ihm durch den Engel gesagt hatte.

Und wir können die wenigen Stationen im Leben des Josef noch mal weiterschauen: Als der Engel ihm im Traum sagt: „Geh nach Ägypten, das Kind soll getötet werden“, da steht Josef auf und geht nach Ägypten, ohne Diskussion. Als er in Ägypten die Weisung bekommt: „Geh wieder zurück, denn Herodes ist gestorben“, da geht er zurück. Und als er die Weisung bekommt, nicht nach Bethlehem zu gehen, sondern nach Nazareth, da geht er nach Nazareth. Das ist das typische Kennzeichen: Er diskutiert nicht, sondern er ist der Weisung Gottes gehorsam.

 

Und auch hier werfen wir noch einmal einen Blick auf die Gottesmutter Maria bei der Hochzeit zu Kana. Wenn Maria bei der Hochzeit zu Kana den Dienern mit auf den Weg gibt: „Was er euch sagt, das tut“, dann konnte sie diese Grundhaltung bei Josef, bei ihrem Bräutigam ablesen. Vielleicht hat sie Vieles bei ihm ablesen und lernen können.

 

Ich möchte es zum Schluss einmal so formulieren: Es ist gut für uns, wenn man Menschen um sich hat wie einen Josef. Menschen, die einem den Glauben nicht nur predigen, sondern wo man die Glaubenshaltung ablesen kann. Es ist gut, Menschen um sich zu haben wie den Josef.   Amen.

 

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