Pfarrer Karl Sendker  

 

   Predigten  -  Hilfen zur Bibelarbeit -  Gottesdienste  -  geistliches Leben

 

4. Advent B
Home Nach oben

Predigten

Predigtverzeichnis  nach Bibelstellen geordnet

Alle Predigten dieser Homepage dürfen für die Verkündigung benutzt werden.

Eine Veröffentlichung schriftlich oder auf Tonträgern ist nicht erlaubt.

Über Predigten auf Kassetten informieren Sie sich

unter dem Stichwort Kassettendienst .

horizontal rule

Predigt zur 2. Lesung:   Röm 16,25-27

Predigt zum Evangelium:   Lk 1,26-38

2. Predigt zum Evangelium:   Lk 1,26-38  "Wie soll das geschehen"    mp3

horizontal rule

Predigttext:    Röm 16,25-27

 

Predigt im MP3 Format

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Die Liturgie der Kirche hat in diesem Jahr für den vierten Adventssonntag als zweite Lesung vorgesehen den allerletzten Satz aus dem Römerbrief des Apostels Paulus. Dieser schwierige Text ist nur ein einziger Satz. Und ich muss gestehen, so lange ich Priester bin, habe ich mich jedes Mal geärgert, wenn diese Lesung dran war.

Erstens ist der Satz total verschachtelt; das kann oft nicht mal eine gute Lektorin lesen. Und zum anderen ist dieser Satz voll gestopft mit theologischen Begriffen. Ich vermute mal: Keiner von Ihnen heute hier in der Kirche könnte den Text noch wiedergeben, obwohl wir es eben alle gehört haben als Lesung.

 

Gestern nachmittags habe ich bei mir zu Hause gesessen und habe mir diese Lesung noch einmal zu Herzen gehen lassen. Und dann ist mir plötzlich aufgegangen, was mit nie aufgefallen war: Diese Lesung, dieser komplizierte verschachtelte Satz, ist eine einzige große Brücke zur Weihnachtsbotschaft. Aufmerksam geworden bin ich, weil hier im Mittelpunkt dieser Lesung steht: „Jetzt aber!“.

Vielleicht lese ich Ihnen die Lesung noch einmal kurz vor, damit Sie sie noch mal im Ohr haben. Da heißt es:

„Ehre sei dem, der die Macht hat, euch Kraft zu geben gemäß meinem Evangelium und der Botschaft von Jesus Christus. Gemäß der Offenbarung jenes Geheimnisses, das seit ewigen Zeiten unausgesprochen war, jetzt aber nach dem Willen des ewigen Gottes offenbart und durch prophetische Schriften kundgemacht wurde, um alle Heiden zum Gehorsam des Glaubens zu führen. Ihm dem einen, weisen Gott sei Ehre durch Jesus Christus in Ewigkeit. Amen.“

Haben Sie gemerkt: Im Mittelpunkt steht dieses „Jetzt aber“. Dieses Wort „jetzt aber“ deutet hin auf eine Zeitenwende. Von diesem Ausdruck her gehen wir einmal in die Weihnachtsbotschaft, als die Engel den Hirten erscheinen vor Bethlehem. Da heißt die Botschaft der Engel: „Heute ist euch der Heiland geboren, Christus der Herr.“ Wiederum, ähnlich wie hier bei Paulus, jetzt aber, heute ist er euch geboren.

Paulus schreibt hier in seinem schwierigen Text: Dieses Geheimnis ist durch prophetische Schriften kundgemacht worden. Ja, das stimmt, die Propheten haben immer angekündigt, dass Gott einmal den Messias senden werde. Aber keiner der Propheten konnte sagen: Heute ist es so weit. Und keiner der Propheten konnte sagen: „Jetzt aber“ hat Gott sein Versprechen eingelöst. Das bleibt den Engeln vorbehalten. Und genau da knüpft Paulus an: „Jetzt aber“.

Paulus schreibt hier von seinem Evangelium. Das Wort Evangelium heißt auf deutsch Frohe Botschaft, man könnte auch übersetzten Freudenbotschaft. Und auch hier wieder die Brücke zu Weihnachten. Was hat denn der Engel den Hirten auf den Feldern angesagt: „Ich verkündige euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden wird.“ Es ist diese große Freudenbotschaft, mit der Paulus und die anderen Apostel durch die Lande gezogen sind. Überall haben sie den Menschen diese gute Nachricht, dieses Evangelium, diese Freudenbotschaft gebracht.

Aber, damit wir uns nicht missverstehen: Freudenbotschaft, Evangelium, das ist nicht nur ein Text den man vorliest, oder den man verkündet. Am Anfang des Römerbriefes hat Paulus gesagt: „Das Evangelium ist eine Kraft, die jeden rettet, der glaubt.“ Es ist eine Kraftquelle für jeden Einzelnen  und auch eine Kraftquelle für die Kirche.

Und wie heißt es hier, in diesem letzten Abschnitt des Römerbriefes: „Ehre sei dem, der die Kraft hat, euch Macht zu geben.“ Wiederum, es ist eine Kraft Gottes, die rettet. Und auch hier wieder die Botschaft des Weihnachtsfestes. Was war denn das Evangelium, das die Engel verkündet haben: „Euch ist heute der Retter geboren.“ Man könnte auch sagen: Die Kraft ist erschienen, die die Menschen rettet, die sie erlöst aus der Knechtschaft der Sünde. Dieser Retter ist geboren, und das ist das Evangelium.

Paulus schreibt hier: „Das Geheimnis Gottes war seit ewigen Zeiten unausgesprochen.“ Das heißt mit anderen Worten, die Menschen haben immer danach gesucht, das Geheimnis Gottes zu ergründen: Wer er ist, wie er denkt, warum er so handelt, warum er das Leid in der Welt zulässt? Es gibt so viele Dinge in diesem Geheimnis Gottes, die unausgesprochen sind, die über die Jahrhunderte hin vorborgen sind.

Doch dann schreibt Paulus: „Jetzt aber!“ In Jesus Christus ist das Geheimnis Gottes offenbar geworden, enthüllt worden; es ist kein Geheimnis mehr. Man kann es auch etwas salopp so ausdrücken: Am Weihnachtsfest hat das Geheimnis Gottes im buchstäblichen Sinne Hand und Fuß bekommen. Als Gott Mensch geworden ist, hat das Geheimnis Gottes Hand und Fuß bekommen.

Seit Jesus in die Welt gekommen ist am Weihnachtstag, kannst du an Jesus Christus ablesen, wie Gott ist. Da kannst du auch ablesen, warum Gott das Leid in der Welt zulässt. Da ist nämlich sein eigener Sohn schließlich ans Kreuz gegangen für die Welt.

Das Geheimnis Gottes ist uns in Christus Jesus enthüllt worden. Und wozu? Damit alle Menschen, auch alle Heiden, zum Gehorsam des Glaubens kommen. Und auch hier wieder die Brücke: Ist Ihnen das noch im Ohr, was bei der Darstellung Jesu im Tempel, kurz nach seiner Geburt, der greise Simeon in seinem Lied singt: „Ein Licht, das die Heiden erleuchtet.“ Es ist nicht nur für uns, sondern für alle Menschen. Alle sollen diese Botschaft hören.

Und schließlich eine letzte große Brücke in die Weihnachtsgeschichte hinein. Wie war das denn bei den Engeln, die den Hirten vor Bethlehem erscheinen. Sie singen. „Ehre sei Gott in der Höhe.“ Das ist der große Chor der Engel. Und wie fängt Paulus seinen letzten Abschnitt hier an: „Ehre sei dem, der die Macht hat, euch Kraft zu geben.“

Und in der Weihnachtsgeschichte, als dann die Hirten zur Krippe gehen und alles so vorfinden, wie der Engel ihnen gesagt hat, da heißt es in der Weihnachtsgeschichte. „Die Hirten kehrten wieder heim, sie lobten und priesen Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten.“ Und auch bei Paulus endet dieser letzte Satz des Römerbriefes: „Ihm, dem einen, weisen Gott, sei Ehre durch Jesus Christus in alle Ewigkeit. Amen.“ Sowohl in der Weihnachtsgeschichte wie hier in diesem theologischen Satz bei Paulus wird alles eingerahmt vom Lobpreis Gottes: Ihm sei die Ehre.

Und vielleicht, wenn man dieses große Geheimnis plötzlich enthüllt bekommt, dann bleibt einem wirklich wohl nichts anderes übrig als am Ende zu sagen: „Amen! So sei es!“ Oder, um das gleiche mit den Worten der Gottesmutter Maria zu sagen: „Uns geschehe nach deinem Wort.“   Amen.

 

Zurück zum Seitenanfang

horizontal rule

Predigttext:         Lk 1,26-38

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Es ist ganz eigenartig, dass Gott sein großes Heilswerk mit dieser Welt immer so tut, dass er in sein Tun normalerweise Menschen mit einbezieht. Er tut das nicht so direkt vom Himmel herunter, sondern normalerweise wirkt Gott durch Menschen. Das war schon im Alten Testament so, als Gott sein Volk Israel aus Ägypten herausführen wollte, aus der Sklaverei, da hat er einen Mann wie den Mose gebraucht. Und auch jetzt, wo das große Werk der Erlösung beginnt, nämlich die Menschwerdung des Sohnes Gottes, da gebraucht Gott wiederum einen Menschen, ein einfaches Mädchen, Maria.

Die Geschichte, wo der Engel zu Maria kommt, gehört ja zu den bekanntesten Geschichten des Neuen Testamentes. Manchmal habe ich schon gedacht, es lohnt sich gar nicht mehr darüber zu predigen; das hast du schon so oft getan. Und doch lohnt es sich, einmal über einen Aspekt nachzudenken, über den man so auf den ersten Blick hinwegliest: Wie müssen eigentlich Menschen beschaffen sein, die Gott gebrauchen kann? Aus welchem Holz ist so ein Mädchen wie Maria geschnitzt, das sie die Mutter Gottes werden kann? Natürlich, es kommt die Aussage: „Du bist voll der Gnade“. Das große Tun Gottes an ihr wird dadurch ausgedrückt. Aber welche menschlichen Voraussetzungen sind eigentlich bei Maria vorhanden, dass Gott sie in dieser einzigartigen Weise gebrauchen kann? Darüber wollen wir heute kurz nachdenken.

 

Da wird am Anfang gesagt, dass Maria verlobt war mit einem Mann namens Josef. Da bleiben wir einmal einen Augenblick bei stehen. Normalerweise verlobten sich damals die Mädchen im Alter zwischen 12 und 14 Jahren. Das ist früh in unseren Augen, aber das war damals üblich. Bei uns verlobt man sich in der Regel später. Aber es liegt etwas ganz Wichtiges in der Tatsache, dass Maria so zwischen 12 und 14 Jahre alt war, als der Engel zu ihr kommt. Es gibt im Leben eines jeden Menschen eine Umbruchzeit, die liegt heute ein bisschen später, die war damals in dem Alter so zwischen 12 und 14, wo für einen Menschen die entscheidenden Lebensweichen gestellt werden. Da geht es um die Frage der Berufswahl, um die Frage der Partnerwahl. Und da werden auch im religiösen Bereich oft Weichen gestellt.

Und jetzt sagt uns dieses Evangelium: Dieses Alter ist auch von Gott her gesehenes ein entscheidendes Alter, denn da geschehen ganz oft Berufungen Gottes. Wenn ein junger Mensch in dem Alter ist, wo man die Lebensweichen stellt, dann sei ganz hellhörig Gott gegenüber. Das Leben besteht ja nicht nur in Arbeit, Schlafen und Freizeit genießen, sondern Gott hat einen Ruf für dich. Ich weiß nicht, welchen Ruf; der kann sehr verschieden sein. Aber in dem Alter sollten Menschen ganz wach sein. Wozu will Gott mich rufen, wo will er mich treffen? Und wir alle sollten jungen Menschen Mut machen, da hinzuhören. Man darf sich nicht zufrieden geben in dieser Welt, die uns mit ihren vielen Stimmen von überall her anrauscht. Höre in der Stille auch einmal die Stimme Gottes; er hat einen Ruf für dich. Das ist etwas ganz Großes. Und wenn Sie in das Leben der Großen Heiligen hineinschauen, wie viele haben in diesem Alter ihre Berufung bekommen. Der Ruf Gottes kann zwar grundsätzlich in allen Lebensaltern ergehen, aber es gibt ein bestimmtes Alter, wo die Knotenpunkte sind. Und da ruft Gott ganz oft.

 

Ein Zweites: Bleiben wir noch einmal bei dem Satz: „Maria war verlobt mit einem Mann namens Josef.“ Die Verlobung bedeutete damals in Israel etwas anderes, als die Verlobung bei uns. Die Verlobung war gleichsam die erste Stufe der Hochzeit. So wie es bei uns die standesamtliche Hochzeit und die kirchliche Hochzeit gibt. Es ist nicht das Gleiche, aber man kann es ein Stück weit vergleichen. Auf jeden Fall ist eins sicher: Wenn Maria und Josef miteinander verlobt waren, galten sie vor dem Gesetz bereits als verheiratet. Der zweite Schritt der Hochzeit bestand dann darin, dass der Bräutigam die Braut heimholte in sein Haus, und dass sie dann zusammenlebten. Aber vor dem Gesetz galten sie, wenn sie verlobt waren, bereits als verheiratet.

Und auch das scheint mir ganz wichtig zu sein. Es gibt so ein unausrottbares Vorurteil gerade bei uns Katholiken, dass Gott einen Menschen nur dann gebrauchen kann, und dass man nur dann mit ganzer Hingabe Gott dienen kann, wenn man ins Kloster geht, oder wenn man Priester wird. Das ist Unsinn. Maria, und ich bin so froh, dass das da steht, ist nicht Klosterschülerin gewesen, sondern sie ist den ganz normalen Weg eines jüdischen Mädchens gegangen: Sie war verlobt, und nun war sie kurz davor, mit Josef zusammenzuziehen. Ein ganz normales Leben. Das ist ja die Lebensform, auf die die meisten von uns zugehen: das Leben in einer Ehe. Und hier soll uns ganz deutlich gesagt werden: wenn ein Mensch nicht ins Kloster geht, wenn ein Mensch die Berufung zur Ehe spürt, dann soll er wissen: Er kann Gott genauso mit einer tiefen Hingabe dienen, wie jemand, der ins Kloster gegangen ist. Da ist nur die Form unterschiedlich aber nicht automatisch die Tiefe der Intensität. Und es gibt (das sei einmal im Stillen gesagt) auch im Kloster und bei Priestern Menschen, die nur sehr oberflächlich Gott dienen, viel christliches Mittelmaß.

 

Ein Drittes: Noch einmal zu dem Satz: „Maria war verlobt mit einem Mann namens Josef.“ Die Partnerwahl ist ja was ganz Entscheidendes im Leben eines Menschen; und es ist nicht gleich, wen sich Maria als Verlobten, als Ehemann gewählt hat. Es war dieser ganz einfache Handwerker, Josef. Und auch heute ist die Frage der Partnerwahl eine sehr wichtige Frage im Leben. Wie viele Menschen, junge Menschen schlittern heute in eine Partnerschaft, ohne sich groß Gedanken zu machen über den geistlichen Standort des Partners. Wie viele junge Menschen habe ich erlebt, die als Jugendliche einmal angefangen haben, einen Weg mit Gott zu gehen. Und dann haben sie den falschen Partner gewählt und sind total wieder abgeflutscht, weil der Partner sie runtergezogen hat. Wie oft ist das heute so, dass junge Leute, wenn es um die Partnerwahl geht, über alles gesprochen haben, aber wie ihre Beziehung zu Gott ist, darüber haben sie nie gesprochen. Ich erfahre das manchmal, wenn die Leute zum Brautgespräch kommen. Bis hin zu dem einen extremen Fall, wo mal ein Paar kam etwa ein Vierteljahr vor der Hochzeit, da hat die Braut erst bei mir, beim Brautgespräch erfahren, dass ihr Bräutigam evangelisch war. Darüber hatten die beiden nie gesprochen. Erst als ich das Ehevorbereitungsprotokoll ausfüllte und nachfragen musste, kam dieser Umstand heraus. Das ist vielleicht ein Extremfall. Aber wie wenige Leute achten bei der Partnerwahl darauf: Hat mein Partner wirklich ein Verhältnis zu Gott? Passen wir auch im Glauben zueinander, und nicht nur in der Sexualität oder in anderen Dingen? Ich glaube es gäbe Vieles an Not weniger in den Familien. Und auf der anderen Seite es gäbe viel mehr geistliche Kraft, wenn wir in jungen Jahren mehr Wert darauf legen würden: Passt der Partner auch im Glauben zu mir? Wenn man rechtzeitig darüber sich austauschen würde.

Maria hat sich diesen Handwerker Josef erwählt. Von Josef wird in der Bibel nicht viel gesagt. Kein einziges Wort aus seinem Mund ist überliefert. Aber zwei Dinge werden von ihm gesagt, und die sind sehr wichtig:

Er war als einfacher Handwerker in der Lage, den Ruf Gottes zu hören, und dann noch in einer Situation, die für ihn äußerst peinlich war. Josef musste ja annehmen, dass Maria fremdgegangen war, bevor der Engel ihn aufgeklärt hat. Aber dass er in dieser Situation noch so offen war, dass Gott zu ihm durch den Engel im Traum reden konnte, das war schon was.

Ein weiteres, das diesen Josef kennzeichnet, war der bedingungslose Gehorsam, wenn er etwas als den Willen Gottes erkannt hatte. Hat der Engel zu ihm gesagt: „Nimm Maria als deine Frau zu dir“, dann hat er es getan, auch wenn es noch so peinlich war. Hat der Engel zu ihm gesagt: „Steh auf und flieh mit dem Kind nach Ägypten“, dann ist er noch in der Nacht aufgestanden. Hat der Engel zum ihm im Traum gesagt: „Zieh zurück nach Nazareth“, dann ist er zurückgegangen nach Nazareth. Ein schweigender, sofortiger, bedingungsloser Gehorsam. So war der Mann, den sich die Maria da auserwählt hat.

 

Ein Viertes: Da wird als allererstes von Maria im Evangelium berichtet: „Der Engel wurde zu einer Jungfrau gesandt.“ Sehr pointiert wird das zweimal gesagt: zu einer Jungfrau. Ich kann mich noch erinnern, ich habe vor Jahren einmal bei Schulendtagen mit Schülern und Schülerinnen des 10. Schuljahres über dieses Evangelium gesprochen. Da fingen etliche plötzlich an zu kichern und sagten mir dann: „Ach wissen Sie, da müsste Gott aber heute lange suchen, bis er eine Jungfrau findet.“ Wir wissen, was damit gemeint ist. Heute gehen die jungen Leute wie die Häschen miteinander ins Bett, das ist damit gemeint: „Da müsste er schon lange suchen, bis er eine Jungfrau findet.“

Nun muss man sich einmal vorstellen: Hier hat ein Mädchen (das war ja damals auch nicht total anders als heute), hier hat ein junges Mädchen, das bereits standesamtlich verheiratet war, das bereits verlobt war, den Mut zu sagen: „Ich lebe mit keinem Mann zusammen.“ Ich habe noch mit keinem Mann geschlafen.

Wenn man tiefer darüber nachdenkt, dann ist das nicht nur die Frage, ob die miteinander ins Bett gegangen sind. Diese „Jungfräulichkeit“, jetzt mal in Anführungszeichen, ist zunächst einmal eine Haltung des Herzens. Es ist die Frage, ob ich mein Herz wirklich bewahrt habe für Gott. Oder ob ich auch meine, in dieser Welt mit all ihren Lüsten, gerade auch in der Sexualität, läge die Erfüllung des Lebens. „Jungfräulichkeit“ in dieser Weise ist auch eine Haltung für verheiratete Menschen. Da geht es nämlich dann unter Umständen um die Frage, ob ich mit meinen Augen „jungfräulich“ bin, mit dem, was ich alles so über die Augen aufnehme. Ob ich mit meinen Gedanken „jungfräulich“ bin, mit meiner Phantasie.

Gott sucht Menschen, die sich bewahrt haben. Nicht zufällig wird Unzucht, auch im sexuellen Bereich, in der Bibel oft als ein Bild gebraucht für Abfall von Gott. Da bestehen ganz tiefe Zusammenhänge. Ob ich mein Herz bewahrt habe für Gott, oder ob ich mich „verplempert“ habe.

 

Ein fünfter Punkt zu unserem Thema: Aus welchem Holz sind die Menschen geschnitzt, die Gott gebrauchen kann? Da heißt es von Maria, dass sie dem Engel zur Antwort gibt: „Ich bin die Magd des Herrn“. Das ist ja so ein bekannter Satz, den beten wir immer im ‚Engel des Herrn’. Aber wenn man so einen Satz einmal hört, auf den Hintergrund der heutigen Diskussion, wo „Dienen“ ganz klein geschrieben wird, wo es immer nur darum geht, Macht auszuüben und zu herrschen. Ich denke auch an die ganze Frage der Stellung der Frau in der Kirche.

Hier hat eine junge Frau, ein Mädchen, den Mut zu sagen: „Ich bin Magd“, ich bin bereit zu dienen. Das liegt uns heute quer, ich weiß es wohl. Aber wer das im Tiefsten nicht versteht, dass nur der im Reich Gottes groß ist, und dass nur der für Gott brauchbar ist, der gelernt hat, den Weg des Dienens zu gehen, der wird ganz böse auf die Nase fallen. Das gilt übrigens nicht nur für Frauen, damit das nicht einseitig wird, Der Apostel Paulus nennt sich selber genauso „Knecht Jesu Christi“, „Sklaven Jesu Christi“, steht sogar wörtlich da. Dieses Prinzip des Dienens gilt für den Papst, das gilt für den Pfarrer, das gilt für jeden Christen. Ja, das gilt sogar für Jesus selber. Jesus selber hat gesagt: „Ich bin nicht gekommen, mich bedienen zu lassen, sondern zu dienen.“ Und: „Wer bei euch der Größte sein will, der soll der Diener aller sein.“ Was würde das für eine Entkrampfung bedeuten auch innerhalb unserer Kirche, wenn wir alle dieses Prinzip wieder verstehen würden, dass derjenige groß ist, der dient.

 

Zum Schluss noch einen letzten kurzen Gedanken. Und wenn Sie alles bisherige vergessen und nur diesen letzten Gedanken bewahren, dann haben Sie das Wesentliche verstanden. Maria hat auf einen Gott vertraut und mit einem Gott gerechnet, dem kein Ding unmöglich ist. Sehen Sie, jeder von uns, als Einzelner, als Familie, als Gemeinde, als ganze Kirche, jeder von uns wird einmal in Situationen kommen, wo er nicht mehr weiter weiß, wo er Gott nicht mehr versteht, wo er sich selber nicht mehr versteht, wo er mit keinem mehr was anfangen kann. Und jeder Rat, den ein Mensch geben will, ist plötzlich so leer und so hohl. Und dann wird es entscheidend sein, ob wir von der Gottesmutter gelernt haben, mit einem Gott zu rechnen, der auch dann noch einen Weg hat, für den kein Ding unmöglich ist. Das sind dann Menschen, die auch noch wie Maria unter dem Kreuz aushalten können, wo alle Jünger abgehauen sind. Solche Menschen wissen: Wenn ich Gott überhaupt nicht mehr verstehe, er ist doch da, und für ihn ist kein Ding unmöglich.

Wenn Du für Gott brauchbar werden willst, lerne von der Gottesmutter, lerne von Maria. Es ist gut wenn wir zu Maria beten, es ist auch gut wenn wir an der „Immerwährenden Hilfe“ Kerzen anzünden, aber es ist besser wenn wir von Maria glauben lernen.    Amen.

 

Zurück zum Seitenanfang

horizontal rule