Pfarrer Karl Sendker

Predigten - Hilfen zur Bibelarbeit

Gottesdienste - geistliches Leben

 

6. Sonntag B
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Predigten

Predigtverzeichnis  nach Bibelstellen geordnet

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Predigt zur 2. Lesung:   1 Kor 10,31 - 11,1

Predigt zum Evangelium: Mk 1,40-45

Predigttext:      1 Kor 10,31 – 11,1

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Darf man als Christ eigentlich Karneval feiern? Oder müsste man nicht, statt Karneval zu feiern, besser ein „vierzigstündiges Gebet“ halten gegen den Karneval. Früher war das in vielen Gemeinde so, und in manchen Pfarreien gibt es diese Tradition bis auf den heutigen Tag.

Darf man als Christ Karneval feiern? Darf man als Christ „Helau“ rufen, oder gehört es sich nicht besser, dass man „Halleluja“ ruft? Darf man als Christ, so könnte man weiter fragen, Alkohol trinken, oder muss man nicht eigentlich abstinent sein im Bezug auf Alkohol? Und so kann man die Sache immer weiter ausziehen. Als wir Jugendliche waren, da hieß die Frage: Darf man als katholischer Christ tanzen? Und wenn überhaupt, dann höchstens im katholischen Jugendheim, oder? Zusammenfassend: Darf man eigentlich die Freuden dieser Welt genießen, oder ist es nicht eigentlich viel christlicher, auf alle weltlichen Freuden zu verzichten?

Die Kirche hat im Laufe der Jahrhunderte darauf eine ziemlich eindeutige Antwort gegeben. Man hat den Menschen die Freude am Leben weitgehend madig gemacht. Verzicht, Enthaltsamkeit ..., das galt meist als christlich.

Aber dem ist nicht so. Wir haben ja schließlich eine frohe Botschaft zu verkünden.

 

Nun hat es solche Fragen damals zu Zeiten des Apostels Paulus auch schon gegeben. Und dann stellt sich auf einmal die Frage: Wie weit darf man denn als Christ eigentlich gehen? Darauf gibt Paulus in seinem Hirtenbrief nach Korinth eine ganz eindeutige Antwort. Und man spürt die ganze Weite die in seiner Antwort liegt. Er sagt am Anfang der Lesung, die wir eben hier gehört haben: „Ob ihr esst oder trinkt oder etwas anderes tut, tut alles zur Verherrlichung Gottes.“ Damit gibt er uns die Freiheit, alles zu tun, alle Freuden dieser Welt zu genießen, Karneval zu feiern, zu essen, zu trinken, froh zu sein, das Leben in vollen Zügen zu genießen.

Aber die Grenze nennt er auch sehr deutlich: „Tut alles zur Verherrlichung Gottes.“ Und ich denke, wenn man das als Maßstab nimmt, dann kann ich zwar als Christ auf der einen Seite an den Freuden dieser Welt teilnehmen, aber es bleibt andererseits immer diese eine Frage als Kriterium: Wird Gott geehrt, oder wird ihm die Ehre genommen? Das ist der Maßstab, den Paulus angibt.

 

Noch einen zweiten Maßstab gibt Paulus für unser Verhalten. Er sagt: Ihr seid frei, ihr könnt nach euerem freien Gewissen entscheiden, was ihr tut. Nur denkt daran: Jede freie Gewissensentscheidung hat eine Grenze. Und diese Grenze ist der Andere, der Bruder, die Schwester. Darum schreibt er: „Gebt weder Juden noch Griechen noch der Kirche Gottes irgendeinen Anlass zum Vorwurf.“ Das ist eine Grenze, die wir für unseren Lebensstil an die Hand bekommen, nicht nur im Bezug auf den Karneval.

Wenn man diese Grenze für seinen Lebensstil annimmt, dann kann man natürlich Alkohol trinken. Aber ob man sich dann noch leisten kann, sich mit einem besoffenen Kopf ans Steuer zu setzen, das ist dann doch die Frage.

Alles was ihr tut: Verhaltet euch so, dass es weder für die Außenstehenden noch für die Kirche selber Anlass zu einem Vorwurf gibt. Das ist die Grenze, aber das ist auch die Freiheit die wir haben.

 

Und schließlich ein Drittes, was Paulus sagt. Wenn man den Paulus fragt: „Wie sollen wir denn jetzt als Christen ganz konkret leben?“, dann hat er eine ganz einfache Antwort. Er sagt: „Nehmt mich zum Vorbild!“ Oder noch wörtlicher übersetzt: Ahmt mich nach; macht es genauso wie ich. So wie ich Christus nachahme, wie ich Christus zum Vorbild habe.

 

Ich denke schon, dass wir in unserer Zeit heute nichts dringender brauchen als Menschen, Christen in unseren Gemeinden, die wirklich Vorbild sind. Vorbild in dem Sinne, dass man bei ihnen ablesen kann, wie man sich als Christ verhält. Nicht nur als asketischer Christ, sondern als Christ der die Freuden dieser Welt genießen kann, und bei dem man trotzdem spüren kann: Sein Leben dient der Verherrlichung Gottes. Sein Leben ist kein Krampf, sondern Gott wird dadurch geehrt. „Ahmt mich nach!“, sagt Paulus. Das ist unser Ziel: So zu leben, dass Menschen an uns Maß nehmen können.   Amen.

 

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Predigttext:    Mk 1,40-45

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Ein hoffnungsloser Fall. So sagte man damals, wenn man es mit einem Aussätzigen zu tun hatte. Ein hoffnungsloser Fall, sagten die Ärzte, weil Aussatz damals unheilbar war. Ein hoffnungsloser Fall, das haben auch die Angehörigen eines Aussätzigen gesagt, weil Aussatz extrem ansteckend ist. Ein hoffnungsloser Fall, sagte auch das ‚Gesundheitsamt’, das war damals die Priesterschaft. Und von daher hat die Priesterschaft, die Gesundheitsbehörde, die Aussätzigen verbannt. Sie durften nicht mehr in den normalen Wohnsiedlungen wohnen, sondern außerhalb in Berghöhlen, und das waren meist Grabhöhlen. In die mussten sie sich zurückziehen. Wenn es „Unrein, unrein“, damit keiner mit ihm in Berührung kam. Damals hat man gesagt: Lieber tot sein, als Aussatz haben. Denn Aussatz war gleichsam Tod auf Raten.

 

Mit so einem Aussätzigen hat es Jesus heute im Evangelium zu tun. Und es ist eine Begegnung, die völlig aus dem Rahmen des Üblichen fällt, die total ungewöhnlich ist.

Das erste, was schon ungewöhnlich ist bei dieser Begegnung Jesu mit dem Aussätzigen: Der Aussätzige kommt zu ihm heran. Er fällt vor ihm auf die Knie und bittet ihn: „Wenn du willst, kannst du mich gesund machen.“ Normalerweise hätte er es umgekehrt machen müssen, er hätte weggehen müssen. Aber da steht ausdrücklich, er kam zu Jesus heran.

 

Und dann, die Art und Weise, wie Jesus mit diesem Aussätzigen umgeht, ist auch in einer dreifachen Weise total ungewöhnlich:

Als der Aussätzige zu Jesus kommt und vor ihm auf die Knie fällt, da streckt Jesus seine Hand aus. Aber er streckt die Hand nicht mit einer Abwehrhaltung aus: Bleib mir ja vom Leib. Das wäre das Normale gewesen. Nein, er streckt die Hand aus und berührt den Aussätzigen. Das was man normalerweise überhaupt nicht tun durfte, weil die Gefahr der Ansteckung so groß war. Er berührt den Aussätzigen, und damit gibt er ihm zu verstehen: Es gibt für Gott keine hoffnungslosen Fälle, auch Aussatz nicht.

Und das gilt heute genauso. Es gibt für Gott keine hoffnungslosen Fälle. Heute hat man ja auch Situationen, wo man sagt: Das ist hoffnungslos. Ich denke etwa daran, wenn heute jemand Aids hat, oder Multiple Sklerose hat, oder auch viele Arten von Krebs. Oder in einem ganz anderen Bereich: Wenn heute jemand mit fünfzig Jahren arbeitslos wird, dann kann er sich an fünf Fingern ausrechnen: Ich kann Bewerbungen schreiben so viel ich will, das ist hoffnungslos.

Aber denke immer daran, es gibt für Gott keinen hoffnungslosen Fall.

Und noch etwas: Der Aussätzige sagt zu Jesus: „Wenn du willst, kannst du mich rein machen.“ Er sagt nicht, dann kannst du mich gesund machen, obwohl das natürlich auch gemeint ist. Aber in diesem Wort „kannst du mich rein machen“ steht noch etwas anderes dahinter.

Wenn damals jemand Aussatz hatte, dann war der nicht nur unheilbar krank, sondern dann war er auch im kultischen Sinne unrein. Ganz praktisch gesprochen: Dann galt er als ein von Gott Verfluchter. Der durfte am Gottesdienst nicht mehr teilnehmen. Wenn es damals einen Krankengottesdienst gegeben hätte, da durfte der nicht hin, weil er mit Gott nicht in Ordnung war. Der war von Gott getrennt, und er war von den Menschen getrennt. Das alles steht in diesem kleinen Wort: „Unrein, unrein“.

Aber auch wenn jemand in den Augen der Menschen von Gott total getrennt ist, Jesus hat keine Berührungsängste. Die Menschen, auch wir Priester, haben da manchmal Berührungsängste, Jesus nicht. Er streckt seine Hand aus und berührt diesen hoffnungslosen Fall.

Immer dann, wenn wir in unserem Leben in eine Situation kommen, wo wir nicht mehr weiter wissen, wo man sagt, das ist hoffnungslos, denk daran: Es gibt für Jesus keinen hoffnungslosen Fall, er rührt dich an.

 

Ein Zweites, was total ungewöhnlich ist, da hört man so drüber weg: Wissen Sie eigentlich, was der Wille Gottes ist? Wie erkennt man eigentlich den Willen Gottes? Wenn man damals die Priester gefragt hätte, was der Wille Gottes ist, dann hätten die mit Sicherheit ihre Bibel rausgeholt und hätten die zehn Gebote zitiert, was man alles soll und nicht darf.

Und das ist ja auch die Vorstellung die wir meisten haben. Der Wille Gottes heißt: Gott will etwas von uns. Und hier bei Jesus erfahren wir so beiläufig. Es geht beim Willen Gottes nicht in erster Linie darum, dass Gott etwas von uns will, sondern dass Gott etwas für uns will. Jesus sagt diesem Aussätzigen: „Ich will, werde rein.“ Gott will den Menschen rein machen, ihm in einer ganzheitlichen Weise das Heil schenken. Sowohl körperliche Heilung, aber auch, dass sein Verhältnis mit Gott wieder in Ordnung kommt.

„Ich will, sei rein.“ Da steht ganz deutlich drin: Nicht du musst es machen: Sieh zu, dass du wieder rein wirst, dass du mit Gott wieder in Ordnung kommst. Jesus sagt: Ich will, sei rein. Und er bewirkt, dass der Aussätzige rein wird, in diesem doppelten Sinn: dass sein Verhältnis zu Gott in Ordnung kommt, und dass er wieder in die Gemeinschaft der Menschen aufgenommen werden kann.

Denk immer daran: Gott will etwas für uns. Das beachten wir viel zu wenig in der Bibel. Wir denken immer zuerst: Gott will etwas von uns. Und dann wehren wir ab. Nein, Gott hat unheimlich viel (mal ein bisschen salopp gesagt), auf Lager, was er für uns will.

Denk mal darüber nach, was Gott alles für dich will. Im tiefsten will er für dich, dass es dir gut geht. Das ist die Botschaft der Erlösung. Nicht was du musst, steht im Vordergrund, sondern was du darfst, was Gott dir schenkt.

 

Und schließlich in aller Kürze noch ein Drittes, was ungewöhnlich ist:

Als der Aussätzige gesund ist, da schärft ihm Jesus ein: „Sag es niemand, rede nicht darüber.“ Jesus möchte nicht ein Wunderheiler sein, dem man so nachläuft, so ein Showmaster. Nein, er sagt: Rede nicht darüber, sag es niemand.“ Wenn das heute passiert wäre in unsere Kirche hier in Deutschland, da würde wahrscheinlich manch ein Pfarrer genau das umgekehrte sagen. Wenn da einer auf so spektakuläre Weise geheilt worden wäre, da würde er sagen: „Ruf als erstes den Redakteur von der Tageszeitung an, dass er ein Interview macht. Das muss veröffentlicht werden, am besten noch mit einem Foto. Das ist heute so, oft auch bei uns Pfarrern, dass wir oft die Tendenz haben: Hauptsache ich steh oft genug in der Zeitung, möglichst noch mit Bild.

Aber genau das umgekehrte bei Jesus. Er will keine Show abziehen. Ihm geht es im tiefsten darum, dass Menschen Erlösung finden, ganzheitliche Erlösung. Das ist nicht etwas, was man an die große Glocke hängt.

Früher hat man immer mit einem Wort der Bibel gesagt: „Wenn du etwas Gutes tust, dann soll deine Rechte nicht wissen, was deine Linke tut.“ Heute sagt man genau das Gegenteil: „Tu Gutes und rede möglichst viel darüber.“ Aber das ist nicht die Weise Jesu. Er ist nie spektakulär, sondern er zieht sich zurück und möchte nicht, dass alles an die große Glocke gehängt wird, weil er nicht missverstanden werden möchte.

 

Alle diese Dinge will uns der Evangelist Markus vor Augen malen:

Jesus, der keine Berührungsängste hat, für den es kein ‚hoffnungslos’ gibt.

Jesus, der den Menschen anrührt.

Jesus, der uns den Willen Gottes offenbart. Gott will etwas für uns.

Und Jesus, der nicht ein Wunderheiler ist, sondern der im Stillen und im Verborgenen Erlösung schenkt.

 

Und das ganze ist eingebunden in ein winziges kleines Wort, das im Mittelpunkt dieser Geschichte steht. In unserer Übersetzung heißt es: „Jesus hatte Mitleid.“ Ganz wörtlich müsste man das übersetzen: „Es ging ihm an die Nieren.“ Das ist das gleiche Wort, das gebraucht wird für Barmherzigkeit. Das ganze Tun Gottes ist eingebunden in seine Barmherzigkeit. Amen.

 

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