Pfarrer Karl Sendker

Predigten - Hilfen zur Bibelarbeit

Gottesdienste - geistliches Leben

 

7. Ostersonntag B
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Predigten

Predigtverzeichnis  nach Bibelstellen geordnet

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Predigt zur 1. Lesung:  Apg 1,15-17.20-26

Predigt zur 2. Lesung:   1 Joh 4,11-16

Predigt zum Evangelium:   Joh 17,6a.11b-19     Predigt im mp3 Format   Predigt als Video

Predigttext:    Apg 1,15-17.20-26

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Warum hat Jesus eigentlich zwölf Männer zu Aposteln gewählt? Warum nicht zehn oder sieben, warum ausgerechnet zwölf? Und als er dann dieses Gremium installiert hat, dann heißen sie nicht die zwölf Apostel, diese Bezeichnung kommt erst später,. Sie haben den Namen, „Die Zwölf“, das war eine feste Institution: Die Zwölf. Warum ausgerechnet zwölf?

Dass ein Rabbi, ein geistlicher Lehrer damals eine Schar von Jüngern um sich sammelte, das war normal. Und auch Jesus hatte ja eine größere Schar von Jüngern um sich. Aber dann hat er „Die Zwölf“ erwählt, ausgerechnet die Zwölf.

 

Sehen Sie, damals die Juden, die sind bei der Zahl Zwölf sofort hellhörig geworden. Das ganze Gottesvolk des alten Bundes, bestand aus den zwölf Stämmen Israels. Zwölf Stämme Israels, und jeder dieser zwölf Stämme hatte einen Stammvater. Das waren die Söhne Jakobs im Alten Testament. Und wenn Jesus hier zwölf Männer erwählt, dann signalisiert er damit: Ihm geht es nicht darum, eine Schar von Jüngern zu sammeln, sondern ihm geht es darum, ein neues Volk Gottes zu gründen. Und genauso wie das alte Volk Gottes gegründet war auf die zwölf Patriarchen, die Stammväter, so gründet Jesus das neue Gottesvolk auf die zwölf Apostel. Darum ist die Zwölfzahl so wichtig. Jesus schafft ein neues Volk Gottes.  

 

Aber jetzt steht gleichsam die Gründungsversammlung des neuen Gottesvolkes vor der Tür, das erste Pfingstfest in Jerusalem, als der Heilige Geist auf die Jünger herabkam. Das ist gleichsam die Gründungsversammlung der Kirche, da ist Kirche entstanden. Aber als die Apostel und die anderen 120 Jünger mit der Gottesmutter Maria sich im Gebet die Herabkunft des Heiligen Geistes vorbereiteten, da stellen sie auf einmal fest: Es fehlt einer. Judas, einer von den zwölfen, hatte Jesus verraten, er war schließlich rausgelaufen und hatte sich erhängt, Selbstmord. Und jetzt waren es nur noch elf, aber nicht mehr Die Zwölf.

Und Petrus hatte im tiefsten das Gespür: Wenn jetzt der Heilige Geist kommen soll, wenn wirklich die Kirche Gottes gegründet werden soll, dann muss die Zwölfzahl voll sein. Und darum sagt er im Kreis der Hundertzwanzig: Lasst uns einen nachwählen, damit die Zwölfzahl erfüllt ist.

Interessant ist übrigens: Als Petrus später gestorben ist, als einer nach dem anderen  von den Aposteln gestorben ist, da wird nicht wieder nachgewählt. Nur dieses eine Mal, unmittelbar vor Pfingsten, weil das, wenn man so sagen will, die Gründungsversammlung der Kirche war. Zwölf, die Zwölfzahl muss vollzählig sein.

 

Dann schauen sie sich um, und sie stellen zwei Männer auf. Und diese Leute, die da aufgestellt werden als „Kandidaten“, die müssen zwei Bedingungen erfüllen, die ganz wichtig sind. Erstens: sie müssen mit den anderen Elf Zeugen der Auferstehung sein. Das heißt, sie müssen dem Auferstandenen Jesus begegnet sein. Sie sollen davon Zeugnis davon geben, dass es einen lebendigen Gott gibt. Sie müssen Zeugen der Auferstehung sein. Und dann, noch ein Kriterium. Da sagt Petrus: „Sie müssen die ganze Zeit mit uns zusammen gewesen sein, als Jesus der Herr bei uns aus und ein ging. Angefangen von der Taufe durch Johannes im Jordan, bis zu dem Tag, an dem Jesus von uns ging und in den Himmel aufgenommen wurde.“ Es muss einer sein, der mit uns das Ganze miterlebt hat, der dabei gewesen ist. Er muss den irdischen Jesus gekannt haben, aber nicht nur vom Hörensagen, sondern er muss diese ganze Zeit miterlebt haben. Das ist das Kriterium.

Und ich denke schon: das ist für uns auch ein wichtiges Kriterium. Sehen sie, zwei von diesen Zwölf, Petrus und Johannes, stehen kurze Zeit später als Angeklagte vor den Hohen Rat, weil sie Jesus verkündigt haben, weil sie Zeugnis abgelegt haben von dem lebendigen Gott. Sie dürfen sich verteidigen. Und Petrus hält eine flammende Rede vor den Repräsentanten des Jüdischen Volkes. Aber dann steht so eine kleine Bemerkung dabei: „Als die Hohenpriester, die Theologen den Freimut des Petrus und Johannes wahrnahmen, wunderten sie sich,. Und sie merkten, dass es einfache und ungebildete Leute waren.“ Das konnte man offensichtlich merken. Vielleicht haben sie ja auch Mir und Mich verwechselt. Daran kann man das ja auch heute manchmal merken ob einer ungebildet ist. Da steht noch etwas dabei: „Man merkte, dass sie mit Jesus zusammen gewesen waren.“ Das konnte man merken, dass diese beiden mit Jesus zusammen gewesen waren.

Und ich denke schon, das ist für uns wichtig. Die Menschen in unserer Umgebung werden merken, ob wir mit Jesus zusammen gewesen sind. Ob wir mit ihm zusammen gewesen sind in der Heiligen Messe, zusammen gewesen sind im persönlichen Gebet. Ob wir Gemeinschaft mit Jesus haben im Lesen der Heiligen Schrift. Das werden die Menschen merken. Wir haben ja auch im Deutschen die Redensart: „Sage mir, mit wem du umgehst, und ich werde dir sagen; wer du bist.“

Wenn du Umgang hast mit Jesus, persönlichen Umgang, das wird dich prägen, das wird dich formen und das werden die Menschen merken können. Darum war es dem Petrus so wichtig, als sie die Kandidaten aufstellten: „Es muss einer sein, der mit uns zusammen die ganze Zeit mit Jesus zusammen gewesen ist, angefangen von der Taufe am Jordan bis zu seiner Himmelfahrt.“  

 

Zwei Männer werden aufgestellt: Josef, mit dem Beinamen Justus, das heißt der Gerechte, und Matthias. Dann kommt die Wahl, und da wird nicht eine Personaldiskussion gemacht, wer von den beiden jetzt wohl der bessere ist. Vielleicht war der eine länger dabei als der andere. Aber da heißt es vielmehr: sie beteten: „Herr, du kennst die Herzen aller. Zeige uns, wen du erwählt hast.“

Was würde ich mir das wünschen, auch in der Kirche, dass vor einer Personalentscheidung gebetet würde: „Herr, du kennst die Herzen der Menschen, du kennst auch die Herzen der Kandidaten. Zeige, wen du erwählt hast.“

Stellen Sie sich einmal vor, das würde in der Politik passieren. Was meinen sie, was dann los wäre. Da würde Politik gemacht nach dem Willen Gottes, und nicht mehr nach unseren eigenen Vorstellungen. „Herr, du kennst die Herzen der Menschen, zeige, wen du erwählt hast.“

Und dann, nachdem sie gebetet haben, wird das Los geworfen. Wie das praktisch aussah, weiß ich nicht, ob die möglicherweise Zettelchen gezogen haben, das ist auch nicht so wichtig. Jedenfalls wird das Los geworfen.

Das war damals im Judentum die übliche Weise, wie man den Willen Gottes erfragte, nach Gebet natürlich. Das war die Weise, wie man versuchte, den Willen Gottes zu erkennen. Man warf das Los, und erkannte darin den Willen Gottes.

Wissen Sie, was merkwürdig ist? Hier, diese Stelle, ist in der ganzen Bibel die Situation, wo das Los geworfen wird. Später wird nie wieder das Los geworfen. Als später die ersten Missionsreisen losgingen von Antiochia aus, das heißt es nicht mehr: Sie warfen das Los, sondern da heißt es: Während sie Gottesdienst hielten, sprach der Heilige Geist: „Sondert mir den Saulus und den Barnabas aus zu dem Dienst, zu dem ich sie berufen habe.“ Seit der Heilige Geist die Menschen erfüllt hat, braucht man nicht mehr das Los zu werfen, sondern da hört man auf die Führung des Heiligen Geistes, die sich offenbart, etwa durch ein prophetisches Wort, durch irgend eine innere Bewegung des Herzens. Die sich dadurch offenbart, dass plötzlich eine ganz große Einmütigkeit da ist, wenn gewählt werden soll. Das Los werfen, das brauchen wir nicht mehr seit die Menschen erfüllt sind mit dem Heiligen Geist. Hier ist das letzte Mal, wo das Los geworfen wird.

 

Das Los fällt auf Matthias, übrigens der einzige Apostel, dessen Gebeine hier in Deutschland sind, in Trier, in der Mattiasabtei. Der einzige Apostel, dessen Gebeine nördlich der Alpen sind. Und er wurden den Elf zugerechnet. Und jetzt war die Zwölfzahl wieder voll, jetzt konnte der Heilige Geist kommen.

 

Aber ich will noch einen Nachtrag machen zu der Zwölfzahl. Wenn Jesus ein neues Volk Gottes gegründet hat auf das Fundament der Zwölfzahl. Was ist denn dann mit dem alten Gottesvolk? Sind die jetzt weg vom Fenster, sind die jetzt verworfen? Ja es stimmt, sie haben Jesus als den Messias abgelehnt, bis auf den heutigen Tag. Aber sind die jetzt verworfen von Gott? Hat jetzt nur noch das neue Gottesvolk Bestand, das Volk, das gegründet ist auf die zwölf Apostel?

Da gibt uns das letzte Buch des Neuen Testamentes Aufschluss. Da darf der Apostel Johannes in einer Vision, einen Blick in den Himmel tun. Und er sieht den göttlichen Thron. Und dann kommt etwas Eigenartiges. Um den göttlichen Thron herum sieht er nicht zwölf, sondern vierundzwanzig Throne. Und auf diesen vierundzwanzig Thronen sitzen vierundzwanzig Älteste.

Da kann Johannes in der Vollendung sehen, dass das Volk des Alten Bundes und das Volk des Neuen Bundes gemeinsam versammelt ist um den Thron Gottes im gemeinsamen Lobpreis. Gott nimmt seine Berufung nicht zurück, auch nicht seine Berufung des Volkes Israel. Es wird einmal ein großes Volk Gottes sein mit vierundzwanzig Ältesten. Zwölf Vertreter der Stämme Israels und zwölf Vertreter des Neuen Gottesvolkes in den zwölf Aposteln.  Amen.

 

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Predigttext:      1 Joh 4,11-16

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Wenn man heute in Deutschland einen ganz normalen Christen fragt: Welches Gebot ist eigentlich das wichtigste?“, dann bekommt man mit Sicherheit die Antwort: „Das wichtigste Gebot ist das Gebot der Nächstenliebe.“ Sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.

Lassen wir einmal dahingestellt, ob das so stimmt. Denn eigentlich hat man, wenn man diese Antwort gibt, die erste Hälfte des Gebotes unterschlagen. Die erste Hälfte heißt: „Du sollst den Herrn, deinen Gott lieben …“, und dann kommt erst: „und deinen Nächsten lieben wie dich selbst“.

Was mich aber manchmal erschrocken macht, ist die Selbstverständlichkeit, mit der diese Antwort gegeben wird: „Das wichtigste Gebot ist das Gebot der Nächstenliebe.“ Zu leicht ist schon mit dieser Antwort alles abgehakt.

Natürlich, das Gebot „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst, oder wie Johannes das meistens ausdrückt: das Gebot der Bruderliebe, ist wirklich ein wichtiges Gebot. Und immer wieder kommt auch Johannes in seinem ersten Brief auf dieses Gebot zu sprechen. Er sagt im zweiten Kapitel ganz eindeutig: „Wer sagt: Ich liebe Gott!, und seinen Bruder hasst, der ist ein Lügner.“ Der betrügt sich selbst, der lügt sich in die eigene Tasche. Aber wenn man den ganzen ersten Johannesbrief einmal liest, dann spürt man auch, mit welcher Vorsicht sich Johannes diesem Thema der Nächstenliebe nähert. Er schleicht um das Thema Nächstenliebe herum, wie die Katze um den heißen Brei. Er versucht ganz vorsichtig, von allen Seiten dieses Thema zu beleuchten. Und vielleicht sollten wir von dieser Vorsicht des Johannes auch lernen und nicht so selbstverständlich sagen: „Das erste Gebot ist das Gebot der Nächstenliebe.

 

Aber die wichtige Frage ist doch: Wie schaffen wir das eigentlich, dieses Gebot der Nächstenliebe, der Bruderliebe, zu halten? Zu wissen, dass dies das wichtigste Gebot ist, ist die eine Sache. Aber den Nächsten, vielleicht sogar den Feind zu lieben, wie schafft man das eigentlich? Und darauf gibt uns Johannes heute in der Lesung aus seinem ersten Brief eine Antwort. Und ich möchte aus dieser Antwort drei Punkten aufgreifen.

 

Das Erste Wichtige ist schon die Anrede. Er redet sie an: „Geliebte! Wenn Gott und so geliebt hat, müssen auch wir einander lieben.“ Bevor er sagt: Wir müssen einander lieben, redet er zunächst einmal die Leser und die Hörer an: „Geliebte!“

Das ist etwas ganz Wichtiges. Wir dürfen wissen: Wir sind von Gott geliebt. Jeder Einzelne, so wie auch heute hier in der Kirche ist: Du bist von Gott geliebt. Das kann man sich gar nicht tief genug ins Herz schreiben. Und wenn man das im tiefsten Herzen verstanden hat, „Ich bin von Gott geliebt“, dann erst kann ich fähig sein, meinerseits den Anderen zu lieben. Gott macht immer den Anfang. „Wir lieben, weil Gott uns zuerst geliebt hat.“

Wenn nicht hundert Euro verschenken will, dann muss ich erst hundert Euro haben, sonst kann ich sie nicht verschenken. Wenn ich Liebe an andere verschenken will, dann muss ich selbst erst Liebe empfangen haben, dann muss ich selbst erst voll sein von Liebe.

Oder mit einem anderen Bild ausgedrückt: Mit der Liebe ist wie mit einem Überlaufbrunnen. Der läuft erst dann nach allen Seiten über, wenn er selbst ganz voll ist. Lass dich selbst erst einmal mit Liebe Gottes ganz anfüllen, bis oben hin, randvoll. Und du wirst merken: Es läuft von selber auf die anderen über.

Das Gleiche noch einmal in einem anderen Bild gesagt: Nimm einmal einen trockenen Schwamm. Da kannst du noch so viel drücken, du wirst kein Wasser aus diesem Schwamm herauspressen. Da kannst du dir noch so viel Mühe geben.

Wir brauchen uns die Liebe zum Nächsten nicht aus den Fingern zu saugen.

Aber dann nimmst du diesem trockenen Schwamm und tauchst ihn in einen Eimer Wasser, dass er sich so richtig mit Wasser voll saugen kann. Und dann nimm den Schwamm einmal heraus. Dann brauchst du nicht drücken, dann läuft das Wasser von ganz allein aus den Schwamm heraus. Und wenn der Schwamm irgendwann einmal wieder ausgetrocknet sein, dann brauchst du ihn nur in den Eimer Wasser zu tauchen. Und das Wasser läuft aus allen Seiten heraus.

So ist das mit der Liebe Gottes. Lass dich selber von der Liebe Gottes total erfüllten, und mach dir keine Sorgen darum, wie du den anderen lieben sollst. Das war das Erste.

 

Ein Zweites: Johannes sagt in der Lesung heute: „Wenn Gott uns so geliebt hat …“ Da liegt ein starker Akzent auf dem kleinen Wörtchen „so“. Dieses Wörtchen „so“ weist zurück auf den letzten Satz der Lesung vom vergangenen Sonntag. Da hatte es geheißen: „Nicht darin besteht die Liebe, dass wir geliebt haben, sondern dass Gott uns geliebt hat.“ Dann schreibt Johannes noch dazu: „… und dass er seinen Sohn gesandt hat als Sühne für unsere Sünden“.

Das ist die Weise wie Gott liebt. Und das bedeutet: Die Liebe Gottes zu uns, kommt da zur Vollendung, wo ich spüre: Ich bin von Gott geliebt sogar dann, wenn ich Sünder bin, wenn an dir nichts Liebenswertes mehr ist. Selbst wenn ich ganz unten „in der Gosse“ bin, dann liebt Gott mich immer noch.

Paulus schreibt einmal im Römerbrief: „Gott beweist seine Liebe zu uns dadurch, dass Christus für uns starb, als wir noch Sünder waren.“ Das ist das Geheimnis: dass jemand sich geliebt wissen darf, obwohl Gott gar nichts Liebenswertes findet, ja, wo ich selbst an mir nichts Liebenswertes mehr finde. Trotzdem bin ich von Gott geliebt, weil Jesus das Problem Sünde weggenommen hat. Das braucht mich nicht mehr beschweren.

Aber auf der anderen Seite: Wenn es uns heute so schwer fällt, den Nächsten zu lieben, kann es sein, dass es daran liegt, weil wir selber diese Erfahrung nicht mehr machen, dass Gott auch dem Sünder vergibt. Weil wir nicht mehr aus der Vergebung leben, oder ganz praktisch gesagt, weil die Beichte bei uns praktisch kaum noch in Anspruch genommen wird. Aber wenn er selber nie erfährt, dass er von Gott geliebt ist, auch als Sünder, der wird auch Schwierigkeiten haben, den anderen zu lieben, wenn der mir vielleicht total quer liegt.

Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir diesen Zusammenhang sehen: Liebe hat es immer zu tun mit dem Leben aus der Vergebung.

 

Schließlich ein dritter Punkt: Der schreibt Johannes in seinem Brief: „Wir haben die Liebe, die Gott zu uns hat, erkannt und gläubig angenommen.“ Die Frage ist: hast du eigentlich die Liebe Gottes erkannt? Hast du wirklich erkannt, wie Gott den Menschen liebt? Dass die Liebe Gottes nicht nur so eine Allerweltsliebe ist, so ein Gerede von Mitmenschlichkeit.

Und in diesem Zusammenhang auch einmal: Hast du eigentlich einmal in der Bibel gelesen, wie Gott den Menschen liebt? Wie sollen wir denn wissen, wie Gott zu uns steht, wenn wir es in seinem Wort nie lesen? Das ist der erste der Grund, warum die Bibel mein Lieblingsbuch geworden ist. Nicht weil ich ein „Schriftgelehrter“ werden will, ein wandelndes Bibellexikon oder so ähnlich, sondern weil ich wissen will, wie Gott ist, wie er mich liebt, wie er zu mir steht.

Vergleichen will das wieder mit einem Beispiel:

Da ist ein Mädchen verliebt in einen jungen Mann, und sie schickt ihm jeden zweiten oder dritten Tag einen Liebesbrief.

Die erste Liebesbrief kommt bei ihm an. Er bleibt ungeöffnet liegen, weil der junge Mann nach der Arbeit zu müde ist.

Zwei Tage später kommt der nächste Liebesbrief. Heute passt das überhaupt nicht; wir haben Kameradschaftsabend von der Feuerwehr. Die Liebesbriefe bleiben ungeöffnet liegen.

Drei Tage später kommt der nächste Liebesbrief. „Wenn die wüsste, wie kaputt ich heute bin. Ich habe so einen anstrengenden Tag hinter mir. Und außerdem schreibt die immer so langatmig. Wenn die sich wenigstens kurz fassen würde ...“

Der Brief bleibt wieder ungeöffnet liegen. Und so geht das mit einem Brief nach dem anderen.

Da darf der junge Mann sich nicht wundern, wenn er von der Liebe seiner Freundin praktisch nichts mehr spürt.

 

Aber genau so machen wir das mit Gott. Gott hat uns einen Liebesbrief nach dem anderen geschrieben. Die Bibel ist gleichsam das Buch mit den gesammelten Liebesbriefen Gottes an uns Menschen; ein einziges großes Zeugnis, wie sehr Gott uns liebt.

Und was machen wir: Wir legen die Bibel in die Ecke und sagen: „Da soll der Pfarrer drin lesen; der hat das ja schließlich studiert.“ Oder: „Das sollen die lesen, die einen Bibelkurs mitmachen, oder die an einem Bibelgesprächskreis teilnehmen.“ Oder: „Später, wenn ich mal alt bin, dann kann ich immer noch in der Bibel lesen.“ Aber doch heute nicht!

Und dann wundern wir uns, dass wir von der Liebe Gottes so wenig erfahren und so wenig wissen. Ich möchte Ihnen Mut machen: Tun Sie das, lesen Sie in der Bibel und achten Sie darauf, wie jede Seite ein Ausdruck der Liebe Gott ist.

 

Ich möchte schließen mit einem ‚neuen’ geistlichen Lied. Dieses Lied heißt in der ersten Strophe:

„Ins Wasser fällt ein Stein ganz heimlich still und leise. Und ist er noch so klein, er zieht doch weite Kreise. Wo Gottes große Liebe in einen Menschen fällt, da wirkt sie fort in Tat und Wort hinaus in unsre Welt.“

Und die dritte Strophe dieses Liedes heißt:

„Nimm Gottes Liebe an. Du brauchst dich nicht allein zu mühn. Denn seine Liebe kann in deinem Leben Kreise ziehen. Und füllt sie erst sein Leben und setzt sie Dich in Brand, gehst du hinaus, teilst Liebe aus, denn Gott füllt dir die Hand.“

Lass die Liebe Gottes Dich ganz erfüllen, und lass sie dann Kreise ziehen.  Amen.

 

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Predigttext: Joh 17,6a.11b-19

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Vor einigen Jahren hatten wir am Fest Christi Himmelfahrt einen Familiengottesdienst. Nach dieser Messe stehe ich noch draußen vor der Kirche und spreche mit einigen Leuten. Da kommt plötzlich ein kleiner Junge zu mir gelaufen: „Herr Pastor, sag mal, wenn der Jesus jetzt im Himmel ist, was macht er denn dann die ganze Zeit im Himmel?“ Und dann stehst du da. Und dann sag mal was dazu.

 

Was Jesus hier auf der Erde gemacht hat, das wissen wir. Dass er gepredigt hat, dass der Kranke geheilt hat, dass er Seelsorge geübt hat an den Menschen, dass er nächtelang im Gebet verbracht hat. Aber was macht der Jesus jetzt eigentlich den ganzen Tag, wo er im Himmel ist?

 

Auf diese Frage lässt uns das Neue Testament nicht ohne Antwort:

Wenn Jesus jetzt im Himmel ist, dann ist es dort seine Aufgabe, unser Fürsprecher zu sein am Thron des Vaters. Der Apostel Paulus schreibt zum Beispiel im 8. Kapitel des Römerbriefes mit Jubel und Freude: „Was soll man dazu sagen? Wenn Gott für uns ist, wer will dann gegen uns sein?" Und er schreibt dann weiter: „Wir haben einen Fürsprecher, Jesus Christus, der gestorben ist und der auferweckt worden ist. Er ist es, der am Thron Gottes für uns eintritt.

Und der Hebräerbrief des Neuen Testament sagt: Jesus ist jetzt am Thron Gottes unser Hoherpriester. Wir haben jetzt einen Fürsprecher, der nicht nur so von oben herab ein paar gute Ratschläge gibt, sondern einen, der mitfühlen kann mit unserer ganzen Schwachheit, der in unseren Fußstapfen gegangen ist, der am eigenen Leib erlebt hat, wie das ist, wenn man versucht wird, wenn man verlacht wird, der alle Freuden und Nöte des Menschseins am eigenen Leib erfahren hat. Und dieser Jesus ist jetzt unser Hoherpriester und unser Fürsprecher am Thron des Vaters.

 

Es gibt im Johannesevangelium ein langes Gebet, das uns der Evangelist Johannes aufgeschrieben hat, ein Gebet Jesu. Dieses Gebet hat den Titel: ‚das hohepriesterliche Gebet’. Daraus haben wir eben im Evangelium einen Abschnitt gehört.

Wenn man sich in dieses hohepriesterliche Gebet vertieft und es meditierend liest, dann spürt man beim Lesen: Hier betet nicht mehr der irdische Jesus. Es ist gleichsam das Gebet des erhöhten Herrn am Thron des Vaters im Himmel. Johannes lässt uns gleichsam einen Blick ins Herz des Erlöser tun, des Hohenpriesters, der jetzt am Thron Gottes für uns eintritt.

 

Worum betet Jesus am Thron des Vaters? Ein Stichwort zieht sich durch den mittleren Teil des hohepriesterlichen Gebetes wie ein roter Faden, nämlich die Bitte: „Vater bewahre sie. Bewahre sie, die du mir gegeben hast. Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt weg nimmst. Aber ich bitte dich, dass du sie vor dem Bösen bewahrst.Immer wieder diese inständige Bitte an den Vater: Vater bewahre sie, die Christen, die Jünger, die Du mehr gegeben hast.

 

Ich will es einmal ganz einfach sagen: Wenn heute ein Mensch zum Glauben kommt, ob als Kind, ob als Jugendlicher oder als alter Mensch, dann ist es doch gar nicht selbstverständlich, dass er dann auch im Glauben durchhält. Zum Glauben kommen, ist nicht schwer. Aber dann, wenn die Zeit lang wird, dann durchzuhalten, wo der Glaube heute von allen Seiten angefochten wird.

Wenn einer so auf der religiösen Welle mitschwimmt, was ‚manheute als Christ tut, dann werden Dich die Leute in Ruhe lassen. Aber in dem Augenblick, wo Du mit Jesus ernst machst, da werden die Leute mit Dir Ernst machen. Da wirst Du ein Stein des Anstoßes sein mitten in dieser Welt, die heute nicht mehr von Jesus und vom Heiligen Geist geprägt ist.

Jesus sagt auch in diesem Gebet: „Ich habe Ihnen dein Wort gegeben, und die Welt hat sie gehasst.Glaub mir, wenn das Wort Gottes heute für einen Menschen wichtiger wird als die Tageszeitung oder die Illustrierten, dann werden die Menschen Dich angreifen. Dann werden sie sagen: Du bist ein Spinner, du bist ein Fundamentalist. Was Du machst, das ist ja fanatisch. Und vielleicht ist das ja noch das geringste.

Und in dieser Situation darf jeder, der zum Glauben gekommen ist, wissen: Wir haben einen Fürsprecher beim Vater, der betet: „Vater, bewahre sie in deinem Namen.

 

Kurz vor seiner Gefangennahme hat Jesus einmal zu Petrus gesagt: „Petrus, der Satan hat verlangt, euch im Sieb zu schütteln, wie man Weizen schüttelt“, in der Hoffnung, dass ihr alle durchfallt. „Aber ich habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht wankt.

 

Was wäre aus dem Glauben des Petrus geworden in der einen Nacht von Gründonnerstag auf Karfreitag, wo er dreimal geschworen hat: „Ich kenne diesen Jesus nicht!“? Und dann war Jesus tot, und Petrus hat sich nicht einmal entschuldigen können. Was wäre aus dem Glauben des Petrus geworden, wenn Jesus nicht gebetet hätte: „Vater bewahre ihn.

Was wäre aus dem Glauben des Apostels Paulus geworden, der ja auch angegriffen worden ist, von den Heiden und von den Juden, von seinen eigenen Brüdern und Schwestern, den Christen. Man hat ihn schließlich gefangen genommen und in Rom enthauptet. Der weiß wirklich, was es bedeutet, versucht und angefochten zu sein. Was wäre aus dem Glauben des Paulus geworden, wenn Jesus nicht gebetet hätte: „Vater bewahre ihn.

Was wäre aus dem Glauben der Millionen Märtyrer geworden, von der Römerzeit bis in unsere Tage hinein? Übrigens, haben sie das gewusst, dass es im 20. Jahrhundert in der Kirche mehr Märtyrer gegeben hat, als in den ganzen 1900 Jahren zuvor zusammen genommen? Was wäre aus dem Glauben dieser Männer und Frauen geworden, wenn Jesus nicht gebetet hätte: „Vater bewahre sie.

Und was würde wohl aus Deinem Glauben und aus meinem Glauben, der ja auch oft so angefochten ist, nicht nur von außen, sondern auch von innen? Diese Glaubensprüfungen kommen ja oft auch von innen, dass man gar nicht mehr weiß, ob das denn alles so stimmt, was in der Bibel steht. Wenn der eine Professor so sagt, und ein anderer Professor sagt es ganz anders. Was soll man denn dann glauben? Und dann kommen auf einmal die Zweifel, diese Not im Glauben. Auf einmal wird alles so fraglich.

Oder da nimmt Gott Dir durch den Tod einen lieben Menschen, und Du wirst einfach nicht damit fertig. Oder da hast Du einem Menschen Dein Vertrauen geschenkt, und der hat Dein Vertrauen schamlos missbraucht. Das ist fast so, als wenn Dir der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Und dann fragt man im Herzen: Warum? Warum gerade ich?

Ja unser Glaube ist oft angefochtenen, nicht nur von außen, sondern auch von innen.

Aber wenn wir angefochten sind, wenn wir vielleicht nicht einmal mehr beten können, weil die Zweifel so groß werden, dann dürfen wir wissen: Wir haben einen Fürsprecher beim Vater, der für uns betet: „Vater bewahre sie.Und das macht so stark. Jeder, der sich auf Jesus eingelassen hat, hat einen Fürsprecher am Thron des Vaters den Himmel.

 

Als der Apostel Paulus auf Missionsreise ging, wenn man das einmal in der Apostelgeschichte liest, da habe ich manchmal gedacht: Ist die Missionsmethode des Apostels Paulus nicht letztlich unverantwortlich? Da geht er von einem Ort zum anderen, ist manchmal nur zwei oder drei Wochen in einer Stadt, gründet eine Gemeinde, verkündet das Wort Gottes, und nach kurzer Zeit überlässt er die Gemeinden sich selbst. Ist das nicht unverantwortlich?

Aber dann steht in der Apostelgeschichte eine Abschiedsrede des Paulus, wo sich Paulus von den Vorstehern der Gemeinde in Ephesus verabschiedet. Und hier kommen wir dem Geheimnis des Apostels Paulus auf die Schliche. Da sagt er den Vorstehern: „Ich weiß, wenn ich jetzt weggehe, dass in eure Gemeinde reißende Wölfe einbrechen werden. Sie werden aus eurer eigenen Mitte kommen, und sie werden die Herde nicht verschonen.Aber, und jetzt kommt das Geheimnis: „Ich übergebe euch Gott und dem Wort seiner Gnade, das mächtig ist, euch aufzubauen.

Paulus wusste: Wenn ich jetzt gehe, dann überlasse ich die Gemeinde nicht sich selbst, sondern ich überlasse sie Jesus Christus. Er ist der Fürsprecher, der am Thron des Vaters betet: „Vater bewahre sie.

Und sollte der Vater im Himmel das Gebet seines eigenen Sohnes unerhört lassen?    Amen.

 

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