Pfarrer Karl Sendker

Predigten - Hilfen zur Bibelarbeit

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8. Sonntag A
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Predigten

Predigtverzeichnis  nach Bibelstellen geordnet

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Predigt zur 2. Lesung:   1 Kor 4,1-5

Predigt zum Evangelium:  Mt 6,24-34    mp3 Format   als Video

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Predigttext    1 Kor 4,1-5

 

Predigt im MP3 Format

 

Dies ist die 7. Predigt einer siebenteiligen Predigtreihe mit dem Thema:

"Ein Hirtenbrief, der unter die Haut geht"

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Ein Hirtenbrief, der unter die Haut geht. Unter diesem Thema betrachten wir Texte aus dem ersten Korintherbrief.

Heute ist der Apostel Paulus eine Autorität, an der sich die Christenheit messen muss und messen kann. Damals war das nicht so. Damals war der Apostel Paulus eine der umstrittensten Prediger in der Kirche überhaupt. Paulus ist fast in jeder Gemeinde rausgeworfen worden, weil man ihn nicht hören wollte. Er musste von einer Stadt zur anderen ziehen und ist nur in ganz wenigen Orten längere Zeit geblieben.

 

Gerade die Korinther haben dem Paulus Vorwürfe gemacht, schwere Vorwürfe. Auf der einen Seite haben sie ihm vorgeworfen: Du bist ja total einseitig. Immer nur Jesus Christus als den Gekreuzigten. Auf der anderen Seite: Wenn er seinen Finger auf wunde Punkte in der Gemeinde gelegt hat: Du bist uns zu radikal. Sie haben ihm geschrieben: Wenn du weit weg bist, kannst du große Briefe schreiben. Und wenn du hier bist, bekommst du die Klappe nicht auf, da bist du ein Stümper in der Rede.

Es hat Zeiten gegeben, wo Paulus sich nicht getraut hat, nach Korinth zu fahren. Dann hat er seinen Schüler Timotheus nach Korinth geschickt. Solche Spannungen bestanden zwischen ihm und der Gemeinde. Man hat kein gutes Haar an ihm gelassen.

 

Nun, das gibt es ja heute auch. Wer lässt schon ein gutes Haar an seinem Pfarrer oder an einem anderen, der in der Gemeinde einen Dienst übernommen hat? Ich kann Ihnen garantieren: wenn zwanzig Leute zusammensitzen aus zwanzig verschiedenen Pfarreien, und jeder soll einmal kurz etwas über seinen Pfarrer sagen. So viel Negatives wie da bekommt man selten zu hören. Das hab ich ausprobiert.

Und wenn dann wirklich einmal einer etwas Gutes über seinen Heimatpfarrer sagt, dann muss er sich schon fast dafür entschuldigen: Unser Pfarrer ist unheimlich gutmütig. Aber dann kommt sofort ein Nachsatz hinterher: Er müsste sich aber eigentlich viel mehr durchsetzen.

Wie schwer fällt uns das, über Menschen, die in der Kirche einen Dienst tun, positiv zu urteilen. Das gilt heute genau so wie damals.

 

Aber jetzt kommt das Eigenartige. Der Apostel Paulus sagt in dem Abschnitt, den wir eben als Lesung gehört haben: Es interessiert mich überhaupt nicht, wie ihr mich beurteilt, oder wie irgend ein anderer Mensch mich beurteilt. Ich beurteile mich nicht einmal selbst. Gut, damit bin ich noch nicht gerecht gesprochen. Aber es gibt nur einen Einzigen, eine einzige Instanz, von der ich mich beurteilen lasse, und das ist Gott selber. Er wird mich einmal zur Rechenschaft ziehen.

 

Paulus wusste: Ich bin nicht Funktionär der Kirche. Er war auch nicht Beamter oder Angestellter irgend einer Gemeinde, so dass er der Gemeinde der Rechenschaft geben müsste. Er sagt vielmehr: Man soll uns betrachten als Diener Christi und als Verwalter, nicht des Kirchenvermögens von Korinth, sondern als Verwalter der Geheimnisse Gottes. Und darum ist Gott die einzige Instanz, die von mir als Verwalter Rechenschaft verlangen kann. Und darum ist es mir so egal, was ihr in Korinth über mich denkt.

 

Und dann schreibt Paulus: Richtet also nicht vorzeitig über Menschen. Richtet nicht, bevor der Herr kommt. Wenn Christus, der Herr wiederkommt, dann wird er das im Dunkeln Verborgene ans Licht bringen. Er wird die Absichten der Herzen aufdecken. Christus wird das, was für unsere Augen nicht sichtbar ist, was im Dunkel des Herzens verborgen ist, das wird er ans Licht bringen. Und er wird die Absichten aufdecken, die ein Mensch gehabt hat. Er hat den Durchblick, und als solcher fällt er ein Urteil. Und diesen Durchblick haben wir oft nicht.

 

Und dann kommt etwas Wichtiges. Jetzt kommt einer der schönsten Sätze im ganzen ersten Korintherbrief. Wir würden wahrscheinliches weiterschreiben: Er will das Verborgene ans Licht bringen, die Absichten der Herzen aufdecken, und dann wird jeder ‚sein Fett abbekommen’, dann wird jeder seinen Lohn empfangen. Aber genau das steht da nicht. Da steht vielmehr: Dann wird jeder von Gott sein Lob bekommen. Wenn Christus wiederkommt, der die tiefsten verborgenen Gründe unseres Herzens kennt und aufdeckt, dann wird er für jeden von uns noch ein Lob haben.

Da kann einer noch so sehr in dieser Welt heruntergekommen sein. Da kann jemand als Verwalter noch so untreu gewesen sein, hier steht: Jeder wird dann von Gott sein Lob erhalten. Gott wird bei jedem Menschen noch etwas zu loben finden.

Achten Sie einmal darauf, wenn im Laufe des Jahres die Evangelien in den Gottesdiensten gelesen werden, wie das die typische Haltung Jesu gewesen ist. Wie er bei jedem Menschen, auch beim größten Sünder noch irgendetwas findet, was gut ist, was er loben kann. Selbst vom Kreuz herab sucht er für die, die unter dem Kreuz spotten, noch eine Entschuldigung: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun.“

Und das tut so gut. Wir brauchen vor der Wiederkunft Christi, wenn er als Richter der Lebenden und Toten kommt, nicht Angst zu haben. Er wird auch bei Dir noch etwas Gutes finden, was er loben kann. Das hatte Paulus im Tiefsten verstanden.

 

Und wenn man das einmal wirklich verstanden hat: Gott findet bei jedem noch etwas zu loben, dann wird dadurch auch die Art und Weise geprägt, wie wir die Menschen anschauen. Wir sind ja immer sehr schnell damit bei der Hand, das Negative zu sehen. Prüfen Sie sich einmal selber. Wie leicht ist man geneigt, etwas Negatives zu sagen. Schauen Sie einmal in die Zeitungen. Da wird kaum einmal etwas Positives berichtet. Das geht hinein bis in die Schulen. Bei den Schülern wird in einer Klassenarbeit nur das Negative angestrichen, die Fehler. Das Gute wird vorausgesetzt.

Aber wer verstanden hat, dass Gott bei jedem noch etwas Gutes findet, der wird sich auch leichter tun, bei anderen etwas Gutes, etwas Lobenswertes zu finden.

 

Als Paulus seinen Hirtenbrief an die Korinther schreibt, wo es so viele Missstände gab, an die Korinther, mit denen er so viele persönliche Schwierigkeiten hatte, da beginnt der seinen Brief mit einem Dank: Ich danke meinen Gott jedes Mal, wenn ich in meinen Gebeten an euch denke. Und dann fängt er an, alles auf zu zählen, was er bei den Korinthern Gutes findet. Und dann erst kommt die Kritik. Kritik kommt auch, aber zuerst verweilt er bei dem, was zu loben ist.

 

Meinen Sie nicht, dass sich in unserem Leben, in unserem Zusammenleben, ob das in den Familien ist, ob das in einer Gemeinde ist, ob das in der ganzen Kirche ist, ob sich nicht manches zum Positiven hin verändern würde, wenn wir diese Blickrichtung wieder hätten: Zuerst einmal unser Augenmerk darauf zu richten: Was gibt es bei dem Anderen zu loben? Wo finde ich etwas Gutes? Wenn man vielleicht auch manchmal suchen muss. Und dieses Gute hervorheben und dann erst die Punkte ansprechen, die vielleicht kritisch anzumerken sind.

Warum nicht öfter loben?  Amen.

 

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