Pfarrer Karl Sendker

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Hochfest Peter und Paul 29.6.    Mt 16,13-19

Hochfest Peter und Paul   29.6.

Predigttext:    Mt 16,13-19

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Was ist das für ein Mann, dieser Petrus, dessen Fest wir heute feiern!? Das sagt Jesus in unserem Evangelium von Petrus: Selig bist du, Simon, Sohn des Jona, denn das hat dir nicht Fleisch und Blut geoffenbart. Petrus hatte gerade das berühmte Messiasbekenntnis abgelegt: Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes. Und Jesus jubelt gleichsam: „Selig bist du, Simon!“ Zu wem hat Jesus das sonst jemals gesagt?

Aber es ist - im Unterschied zu den Heldensagen des Altertums - eine Eigenart der Bibel, dass sie nicht nur die großen Seiten der Gottesmänner und Gottesfrauen beleuchtet, sondern auch die Schwachstellen ans Licht rückt.

Wenige Sätze nach dieser Seligpreisung sagt Jesus zu dem gleichen Simon: „Weg von mir, Satan! Du bist ein Ärgernis für mich!“ Du bist ein Skandal für mich, ein Stein des Anstoßes. Und dabei wollte Petrus nur verhindern, dass Jesus sterben musste.

Was ist das für ein Mann. Auf der einen Seite: „Selig bist du!“ Auf der anderen Seite: „Weg von mir, Satan, du bist mir ein Ärgernis!“ Und mitten dazwischen steht das Wort Jesu: „Du bist der Fels. Und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen.“

Warum nimmt Jesus ausgerechnet einen so zwiespältigen Mann wie den Simon Petrus? Wenn er den Jakobus zum Felsen der Kirche gemacht hätte, das war ein gestandener Kerl. Jakobus war der erste Bischof von Jerusalem. Er war der erste Apostel, der für Jesus der Märtyrertod erlitten hat. Aber nein, Jesus erwählt diesen Simon, mit seinem zwiespältigen Wesen.

Wir wissen ja: Petrus hat auf der einen Seite für Jesus gebrannt. Er hat gesagt: „Und wenn ich mit dir sterben müsste, ich werde dich nie verleugnen.“ Aber wenige Stunden später hebt der gleiche Petrus die Hand hoch und schwört: „Ich kenne den überhaupt nicht, diesen Jesus, von dem ihr da redet.“ Warum macht Jesus ausgerechnet den zum Felsen der Kirche, zum Fundament, auf das er die Kirche bauen will?

Ich glaube, das ist etwas ganz wichtiges

Dieser Zwiespalt, der im Charakter des Petrus sichtbar wird, der geht ja durch die ganze Kirche hindurch. Auf der einen Seite wird man sagen müssen: Die Kirche hat im Laufe der Jahrhunderte unglaublich viel Gutes gewirkt. Wie viele Millionen und Abermillionen Menschen haben durch die Kirche Ermutigung und Trost erfahren, sind aufgerichtet worden? Wie viele mögen das sein? Oder wenn wir einmal in den kulturellen Bereich schauen: Was hat die Kirche in den zweitausend Jahren ihres Bestehens nicht alles an kulturellen Leistungen vollbracht! Unser christliches Abendland sähe anders aus, wenn es die Kirche nicht gäbe. Aber das ist die eine Seite.

Auf der anderen Seite gibt es in der gleichen Kirche auch unheimlich vieles, worunter wir bis auf den heutigen Tag leiden. Vieles, was uns weh tut.

Es tut weh, zu einer Kirche zu gehören, wo es im Mittelalter drei Päpste gleichzeitig gegeben hat, die sich gegenseitig exkommuniziert haben.

Es tut weh, zu einer Kirche zu gehören, die oft auf der Seite der Reichen gestanden hat, und nicht auf der Seite der Armen wie Jesus.

Es tut weh, zu einer Kirche zu gehören, die Waffen gesegnet hat, die Menschen in den Krieg geschickt hat.

Es tut weh, zu einer Kirche zu gehören, wo Hexen und Ketzer verbrannt worden sind.

Aber dass es nur die Vergangenheit. Es gibt auch heute vieles in der Kirche, woran wir leiden. Es tut weh, wenn man manche Verlautbarungen aus Rom liest. Das tut auch mir manchmal weh. Auf der anderen Seite heute: Es tut mir auch weh, wenn ich sehe, wie in unserer Kirche heute das kostbarste, was wir haben, die Sakramente der Kirche, gleichsam verhökert werden. Da wird die Kommunion degradiert wird zu einem schönen Familienfest. Dass es dabei um die Begegnung mit Jesus geht, ist zweitrangig. Genauso ist das oft bei einer Hochzeit. Eine schöne weiße Kutsche und ein Sänger, der das Ave Maria singt, ist oft wichtiger, als Jesus Christus zu begegnen. Es ist ein Verhökern des kostbarsten Gutes das dass wir haben. Auch das tut weh. Auch das gehört heute zur Kirche, unter der ich leide.

 

Und sehen Sie: Dieser Zwiespalt, der in der Kirche ist, der wird von Jesus in Kauf genommen. Jesus liebt nicht den Zwiespalt in der Kirche, sondern er liebt diese konkrete Kirche, wo es viel Gutes gibt, wo es auch viel Mist gibt. So wie die konkrete Kirche ist, ist sie der Leib Christi. Und Jesus liebt diese Kirche. Und darum hat er vom Ursprung her seine Kirche auf ein Fundament gebaut, auf den Petrus, der in seiner Person diesen Zwiespalt gleichsam verkörpert.

 

Aber man kann noch einen Schritt weitergehen. Wir reden ja so leicht von der Kirche. Wenn wir ehrlich sind, geht dieser Zwiespalt ja durch unser eigenes Herz hindurch. Auf der einen Seite sind wir gut, und tun auch viel Gutes. Aber auf der anderen Seite ist auch viel Negatives und Böses in unserem eigenen Herzen. Auf der einen Seite feiern wir sonntags miteinander Gottesdienst, auf der anderen Seite verleugnen wir im alltäglichen praktischen Leben Jesus Christus, wenn es darum geht, ihn draußen zu bezeugen. Dieser Zwiespalt ist auch in uns.

 

Und sehen Sie: Wenn die Kirche nur eine Kirche von Vollkommenen wäre, dann hätten wir wahrscheinlich in dieser Kirche überhaupt keinen Platz, und würden uns gar nicht wohlfühlen. Denn ich zumindest bin nicht vollkommen. Und ich weiß nicht, ob Sie das von sich sagen könnten. Dieser Zwiespalt geht durch unser eigenes Herz.

Um noch einmal: Darum hat Jesus als den Felsen, als das Fundament den Petrus gesetzt, der in seiner Person diesen Zwiespalt gleichsam verkörpert. Jesus liebt den Petrus, und Jesus liebt die Kirche, und Jesus liebt jeden einzelnen von uns, auch wenn wir zwiespältig sind.

 

Aber wenn wir die ganze Sache jetzt einmal umdrehen. Wäre es nicht hilfreich, wenn wir an so einem Festtag wie heute, Peter und Paul, uns von Jesus auch wieder eine neue Liebe zu dieser Kirche schenken lassen würden? Die Kirche wird ja heute oft gnadenlos runtergeputzt und kritisiert. Wäre es nicht gut, diese Kirche lieben zu lernen, so wie Jesus sie liebt?

Wäre es nicht gut, sich von Jesus auch eine neue Liebe schenken zu lassen zu den Amtsträgern der Kirche, zum Papst, zu den Bischöfen, zu den Priestern, zu allen, die ein Amt in der Kirche haben? Ich bin sicher: Wenn wir uns eine solche Liebe neu schenken ließen, es würde bei uns mehr Freude in der Kirche sein. Und es würde eine größere Freude an der Kirche bei uns sein. Und das ist so wichtig. Amen.

 

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