Pfarrer Karl Sendker

Predigten - Hilfen zur Bibelarbeit

Gottesdienste - geistliches Leben

 

2.So.n.Weihn. A
Home Nach oben

Predigten

Predigtverzeichnis  nach Bibelstellen geordnet

Alle Predigten dieser Homepage dürfen für die Verkündigung benutzt werden.

Eine Veröffentlichung schriftlich oder auf Tonträgern ist nicht erlaubt.

Über Predigten auf Kassetten informieren Sie sich

unter dem Stichwort Kassettendienst .

Siehe auch unter:  2. Sonntag nach Weihnachten B 

Predigt  zur 2. Lesung:   Eph 1,3-6.15-18

Predigttext:      Eph 1,3-6.15-18

 

Predigt im MP3 Format

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Der Jahreswechsel ist die Zeit, wo die Menschen sich wechselseitig etwas wünschen. Die meisten von uns werden sich in der Silvesternacht einen guten Rutsch gewünscht haben. Viele wünschen sich zum Jahreswechsel Gesundheit, dass der Arbeitsplatz gesichert ist, dass die Renten stabil bleiben. Vieles gibt es, was wir uns zum Jahreswechsel wünschen.

Einer der häufigsten Neujahrswünsche heißt bei uns wohl: „Prosit Neujahr!“ Auch dieser Wunsch „Prosit Neujahr“ kommt eigentlich aus dem religiösen Bereich. Denn das lateinische Wort „prosit“ bedeutet: „Gott möge für dich sein.“ So ist das eigentlich ein ganz tiefer Neujahrswunsch, wenn wir uns zusprechen: „Prosit Neujahr!“

Was wir würden uns eigentlich für unsere Gemeinde wünschen in diesem neuen Jahr, wenn wir bei Gott einen Wunsch frei hätten? Ich habe in den letzten Tagen diese Frage beiläufig einigen Menschen gestellt. Dann bekommt man zur Antwort: Dass die Kirchen wieder voller werden, dass die Jugendlichen wieder zum Glauben kommen. Die Jugendlichen müssen wir immer ‚dran glauben’, im buchstäblichen Sinn. Heute Nachmittag kam mir in den Sinn: Wenn ich einen Wunsch für unsere Gemeinde frei hätte, dann würde ich mir wahrscheinlich wünschen, dass die Freude am Glauben in unserer Gemeinde wieder stärker lebendig ist.

 

In der Lesung aus dem Epheserbrief, die wir gerade gehört haben, sagt uns der Apostel Paulus, was er sich für die Gemeinde wünscht. Diese Lesung ist ein einziges Gebet des Apostels Paulus. Am Anfang ein Lobpreis: „Gepriesen sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus ...“. Aber dann kommt Paulus in seinem Bittgebet auf seinen Wunsch zu sprechen, den er für die Gemeinde hat. Da wünscht er in seinem Bittgebet der Gemeinde: „Gott gebe euch den Geist der Weisheit und Offenbarung, damit ihr ihn recht erkennt.“ Das ist das tiefste Anliegen des Apostels Paulus: dass die Gemeinde Gott recht erkennt.

Ich habe zunächst gedacht: Ist das denn so etwas Wichtiges, dass die Gemeinde Gott recht erkennt? Aber dann ging mir so durchs Herz: Es ist unglaublich wichtig, ob wir Gott recht erkennen, welches Bild von Gott wir in unserem Herzen haben. Davon ist nicht zuletzt auch abhängig, ob unser Glaube ein froher Glaube ist, und ob unser Glaube Ausstrahlungskraft hat.

 

Ich will ihnen dafür einige Beispiele sagen.

Die Älteren von uns kennen noch aus dem alten Katechismus das Dreieck mit dem Auge darin. Und dahinter stand der Satz: „Ein Auge ist, das alles sieht, auch was in dunkler Nacht geschieht.“ Pass bloß auf! Der ‚liebe’ Gott sieht alles!

Aber ich frage Sie: Wenn das unsere Erkenntnis über Gott ist, wie soll man denn dann im Glauben froh werden? Wenn ich ständig aufpassen muss, dass der ‚liebe’ Gott mich nicht erwischt. Dann ist Gott ja wie ein Hilfspolizist, der immer mit dem Strafzettel herumläuft. Natürlich wissen wir: Die Polizei ist dein Freund und Helfer. Aber wer hat schon gerne mit der Polizei zu tun? Wenn das unsere Erkenntnis über Gott ist, und bei vielen ist dieses Bild von Gott ganz tief im Herzen, dann kann so ein Glaube eigentlich nur Angst ausstrahlen.

Oder ein anderes Gottesbild, eine andere Erkenntnis Gottes, die ganz tief in uns verwurzelt ist. Die ist deswegen so gefährlich, weil sie halb richtig und halb falsch ist. Die Anschauung: Gott ist der Allerhöchste. Natürlich stimmt das. Gott ist der Allerhöchste. Aber dann wird aus der Vorstellung vom Allerhöchsten in unserem Herzen ganz unmerklich das Bild von der Chefetage. Ganz oben sitzt der Chef; und zum Chef wirst du nur mit ganz wichtigen Angelegenheiten vorgelassen. Die weniger wichtige Angelegenheiten erledigen die Abteilungsleiter. Da hat man für jedes Anliegen eine eigenes Büro mit einem Abteilungsleiter. Aber bis zum Chef wirst du mit den kleinen Angelegenheiten nicht vorgelassen. Wenn wir ein solches Bild von Gott als dem Allerhöchsten haben, dann reißt ein solcher Glaube auch keinen vom Hocker.

 

Aber was meint denn die Bibel damit: „… dass wir IHN recht erkennen“?

Es gibt drei Bilder von Gott, die im Tiefsten ausdrücken, wie Gott sich wünscht, dass wir ihn erkennen sollen.

Das Erste: Gegenüber dem Bild vom Chef setzt die Bibel das Bild vom Vater. Ein Kind kann zum Vater mit allen Dingen kommen, mit den großen Dingen und auch mit den kleinen Dingen. Der Vater ist für alles zuständig. Der Vater schaut auch auf sein Kind. Aber nicht so wie das Auge in dem Dreieck: „Pass bloß auf, das du nicht erwischt wirst!“ Nein, der Vater schaut darauf, dass es dem Kind gut geht. Und Gott möchte, dass wir im tiefsten Herzen wissen: Er ist unser Vater, dem unser Schicksal nicht egal ist. Ihm ist es nicht egal, ob wir mit Zuversicht in das neue Jahr gehen, oder ob wir mit Angst und Sorge in das neue Jahr gehen. Das ist Gott nicht gleichgültig. Er kümmert sich um Dich, weil er dein Vater ist. Und denk daran: Du kannst mit allen Angelegenheiten zu Deinem Vater gehen, ob groß oder klein. Und er wird für Dich ein offenes Ohr haben, und er wird für Dich sorgen.

 

Das Zweite ist das Bild vom Freund. Schon im Alten Testament wird Abraham ‚Freund Gottes’ genannt. Und im Neuen Testament sagt Jesus im Johannesevangelium den Jüngern: „Ich nenne euch nicht mehr Knechte, ich nenne euch Freunde.“ Und das typische Kennzeichen eines Freundes ist: Ich kann mich ganz auf ihn verlassen. Und ein weiteres Kennzeichen: Freunde haben voreinander keine Geheimnisse.

Wenn Gott unser Freund ist, dann bedeutet das, dass Gott uns einen Einblick tun lässt in seine Geheimnisse, dass er uns seinen Plan offenbart, den er mit dieser Welt hat, dass er uns zeigt, wo unser persönliches Leben hinführt. Wenn wir jetzt das neue Jahr begonnen haben: Wir laufen nicht in ein dunkles Jahr hinein.

Ich habe immer wieder festgestellt: Gott hat uns sein Wort gegeben, die Heilige Schrift. Und wenn ich sein Wort lese, und wenn ich dieses Wort Gottes konfrontiere mit unseren Alltag, mit unserer kirchlichen und gesellschaftlichen Realität, dann werden wir vom Wort Gottes her immer wieder Antworten bekommen, so dass wir nicht im Dunkeln herumirren müssen. Gott möchte, dass wir in seine Pläne mit dieser Welt eingeweiht sind.

 

Das Dritte ist das das Bild von wiederkommenden Christus. Gott ist der Allerhöchste; das stimmt! Wenn dieses Bild echt sein soll, dann bedeutet das: „Ihm ist alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden.“ Ihm sind die Zügel der Weltgeschichte nicht aus der Hand geglitten. Es mag sein, dass in unserer Welt Terror herrscht, Krieg und Unsicherheit. Am Zügel ist immer noch der allmächtige Gott. Und ihm sind die Zügel der Welt nicht aus der Hand geglitten. Du darfst damit rechnen, dass auch das neue Jahr, das jetzt angebrochen ist, unter der Führung Gottes steht. Und da mag das Böse in der Welt sich noch so machtvoll gebärden. Am Hebel sitzt immer noch der allmächtige Gott, und für ihn ist kein Ding unmöglich.

Das alles bedeutet der Wunsch des Apostels Paulus: „Gott gebe euch den Geist der Weisheit und Offenbarung, damit ihr ihn recht erkennt.“

 

Aber dieser Wunsch hat noch eine tiefere Dimension, auf die ich wenigstens kurz zu sprechen kommen will. Jesus hat ja hebräisch gesprochen oder genauer: aramäisch. Und das hebräische Wochen Wort für ‚erkennen’ heißt eigentlich nicht: ‚erkennen mit dem Kopf’, sondern es heißt: ‚tiefste, liebende Gemeinschaft haben’. Wenn Mann und Frau in der Ehe miteinander schlafen als Zeichen der Liebe, dann gebraucht die Bibel dafür das Wort ‚erkennen’. Ich erinnere Sie an die Kindheitsgeschichte bei Matthäus: Josef ‚erkannte’ Maria nicht, bis sie ihren Sohn geboren hatte. Das bedeutete: Josef schlief nicht mit Maria.

Wenn nun Paulus uns wünscht, „dass ihr IHN recht erkennt“, dann wünscht er uns, dass wir tiefste, liebende Gemeinschaft mit Gott haben, der allmächtig ist, und der uns nahe ist.

 

Und ich denke schon, dass ich Ihnen am Anfang des neuen Jahres diesen Wunsch mit in das neue Jahr geben darf: Der allmächtige Gott, der Höchste, dem alle Macht gegeben ist im Himmel und auf Erden, der sich nicht scheut, dein Freund zu sein, der dein Vater ist, dieser Gott möge für dich sein im neuen Jahr.

Und wenn wir uns in dieser Weise am Anfang des neuen Jahres zusprechen: „Prosit Neujahr!“, dann hat das einen ganz tiefen Sinn.   Amen.

 

Zurück zum Seitenanfang