Pfarrer Karl Sendker

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Predigt zur 1. Lesung:   Gen 14,18-20

Predigt zur 2. Lesung:   1 Kor 11,23-26

Predigttext:    Gen 14,18-20

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Am Fronleichnamstag ehren wir den Leib des Herrn in der Gestalt des Brotes. Wir ehren den Leib Christi. Wir ehren ihn dadurch, dass wir den Leib Christi in einer Prozession durch unseren Ort tragen. Wir ehren den Leib Christi dadurch, dass wir im Gottesdienst Weihrauch gebrauchen. Weihrauch ist ja ein Zeichen der Anbetung und der Verehrung. Und wir ehren den Leib Christi in der Gestalt des Brotes auch dadurch, dass wir vor den Monstranz mit der Hostie die Knie beugen. Wir ehren heute den Leib Christi.

Das Wort ‚Fronleichnam’ heißt übersetzt ‚Herrenleib’. Das Wort ‚Fron’ kommt aus dem Ägyptischen und bedeutet ‚der Herr’. Wenn die Israeliten in Ägypten Fronarbeit leisten mussten, dann bedeutet das, dass sie für den Herrn, den Pharao von Ägypten, Arbeit leisten mussten.

Eigentlich hat die Verehrung des Leibes Christi am Gründonnerstag ihren Platz, wo Jesus beim letzten Abendmahl das Brot genommen hat und gesagt hat: „Das ist mein Leib“. Aber am Gründonnerstag, mitten in der Karwoche geht dieses Geheimnis des Leibes Christi etwas unter durch die Nähe zum Karfreitag und zu Ostern. So hat dann die Kirche etwa ein halbes Jahr später noch einmal einen Festtag angesetzt, den Fronleichnamstag, wo wir den Leib des Herrn ehren.

 

Vor vielen Jahren, in meiner Kaplanszeit, haben wir einmal einen ökumenischen Abschlussgottesdienst für den Entlassjahrgang der Hauptschule vorbereitet gemeinsam mit dem evangelischen Pastor, mit einigen Eltern und natürlich mit den Schülern. Wir trafen uns zur letzten Besprechung vor dem Gottesdienst. Der Gottesdienst sollte in der katholischen Kirche sein, weil die größer war als die evangelische Kirche. Die biblischen Lesungen waren schon vorbereitet, die Lieder waren ausgesucht, es war verabredet, wer welche Aufgaben und Dienste in diesem Gottesdienst übernehmen sollte. Und jetzt, in dieser letzen Besprechung, ging es nur noch um einige technische Einzelheiten: Wer sitzt wo; wie machen wir den Einzug in die Kirche; wo stehen die Mikrophone und ähnliche Fragen mehr. Als wir dann über den Einzug sprachen, ja gut, das ist bei uns in der katholischen Kirche üblich, dass wir dann vor dem Tabernakel eine Kniebeuge machen. Wir ehren eben den Leib Christi in der Gestalt des Brotes. Da sagte der evangelische Pastor: „Sie wissen ja, ich mach da keine Kniebeuge. Ich kann das mit meinem Glauben so nicht vereinbaren, vor dem Tabernakel eine Kniebeuge zu machen.“ Aber dann sagte er etwas, das uns allen sehr unter die Haut ging: „Ich könnte mich wohl umdrehen, die versammelte Gemeinde anschauen und vor der Gemeinde eine Kniebeuge machen.“ Wir Katholiken haben uns etwas verwundert angeschaut. Aber er sagte uns dann: „Die versammelte Gemeinde ist doch der Leib Christ.“

 

Da ist mir schlagartig bewusst geworden: Was hat dieser evangelische Pastor für eine Hochachtung vor der Kirche hat, vor der versammelten Gemeinde. Nicht nur ein Haufen bunt zusammengewürfelter Menschen. Nein, wir die zum Gottesdienst zusammengekommene Gemeinde sind der Leib Christi. Das ist eine unglaubliche Würde. Wie sagt der Apostel Paulus im ersten Korintherbrief: „Ist das Brot, das wir brechen nicht Teilhabe am Leib Christi? Ein Brot ist es. Darum sind wir viele ein Leib; denn wir alle haben teil an dem einen Brot.“ (1 Kor 10,16-17) Wir, die Gemeinde, sind genau so wirklich der Leib Christi, wie es Jesus in der Gestalt des Brotes in der Monstranz ist. Und wenn wir gleich die Kommunion empfangen, wenn uns dieses Stückchen Brot, die Hostie, der Leib Christi in die Hand gelegt wird, und wenn dann der Priester oder der Kommunionhelfer sagt: „Der Leib Christi“, dann sagen wir ja auch nicht als Antwort: „Danke!“, als würden wir uns für ein Stück Schokolade bedanken. Nein, wir sagen: „Amen! So ist es!“ Und das bedeutet: Ja, so ist es; dieses Stück Brot, das wir empfangen und verehren, ist der Leib Christi. Aber auch wir, auch ich, der ich dieses Stückchen Brot empfange, bin ein Glied des Leibes Christi. Die frühe Kirche (Ich glaube es war der Kirchenvater Augustinus) hat das so ausgedrückt: „Du empfängst, was du bist: Leib Christi; jetzt sei auch, was du empfängst: Leib Christi.“ Und wenn wir heute an diesem Fronleichnamsfest den Leib des Herrn ehren, dann ehren wir ihn in der Eucharistie, dann ehren wir ihn aber auch in der Gestalt der Kirche. Und ich denke, das dürfen wir an so einem Tag neu lernen.

 

Aber noch ein zweiter Gesichtpunkt, der gerade am heutigen Tag schmerzhaft ist: Der Leib Christi, die Kirche ist gespalten, ist getrennt. Da gibt es die katholischen Christen, die evangelischen, die Baptisten, die Methodisten usw. Und so ist der Leib Christi, die Kirche, gespalten, getrennt. Und das ist wie eine große Wunde am Leib Christi. Und diese Wunde wird umso schmerzhafter, als wir gerade in der Eucharistie, im Abendmahl nicht zur Einheit finden können.

Als äußeres Zeichen dafür, dass der Leib Christi nicht mehr so eins ist, wie Jesus sich das gewünscht und vom Vater erbeten hat, werden wir gleich, wenn wir die Monstranz durch die Gemeinde tragen, in der Monstranz eine deutlich zerbrochene Hostie haben, wo wir sehen können, dass durch diesen Leib Christi, in der Gestalt des Brotes ein Riss mitten hindurch geht, genau so wie der Riss mitten durch den Leib Christi, die Kirche geht. Und wir sollten so einen Tag wie den heutigen Fronleichnamstag zu einem Tag machen, wo wir Christus gegenüber ausdrücken, dass wir unter dieser Spaltung leiden, dass uns das nicht egal ist, und wo wir ihn inständig bitten, dass er uns aufs neue diese Einheit schenkt, gerade auch im Abendmahl, in der Kommunion, unter dem Zeichen des Brotes, was Jesus doch als einheitsstiftendes Zeichen eingesetzt hat.

 

Die Lesung eben aus dem Alten Testament, von dem Priesterkönig Melchisedek, so kurz sie war, aber sie ist in ihrer Kürze auch schwer verständlich. Da ist auf der einen Seite Abraham, der Repräsentant des auserwählten Gottesvolkes, einer, der von Gott gesegnet war und dem Gott gesagt hatte: „Durch dich sollen alle Menschen gesegnet sein.“ Und wenn wir heute den Leib Christi durch die Gemeinde tragen, dann wollen wir damit ja auch zum Ausdruck bringen: Durch uns, die wir den Leib Christi ehren, soll unser ganzer Ort gesegnet sein, nicht nur wir selbst. Sonst könnten wir gleich auch am Fronleichnamstag ganz in der Kirche bleiben. Abraham ist der Gesegnete, der zum Segen werden soll.

Und jetzt kommt diesem Abraham ein Priesterkönig entgegen aus der Stadt Salem. Dieser Priesterkönig Melchisedek gehört nicht zum auserwählten Volk Israel. Er hat eine andere Konfession, könnte man heute sagen. Aber er verehrt den gleichen Gott, den Allerhöchsten, wenn er auch nicht Glied des auserwählten Volkes ist. Und was tut dieser Priesterkönig Melchisedek: Er bringt dem Abraham Brot und Wein, die Zeichen der Gastfreundschaft. Er bringt das gleiche Zeichen, das Jesus im Abendmahlssaal gesetzt hat bei seinen Jüngern. Und ob wir nicht an so einem Tag wie heute einmal darüber nachdenken sollten: Wenn die Einheit der Kirche nicht da ist, wenn es auch bei uns ‚auserwähltes Volk’ und Menschen in anderen Konfessionen gibt, ob wir nicht wenigsten dahin kommen müssten, dass wir so ein Zeichen der Gastfreundschaft setzen: Brot und Wein? Dass wir zumindest Christus darum bitten sollten, dass er uns unter dem Zeichen von Brot und Wein, unter dem Zeichen seines Leibes und Blutes diese Gemeinschaft schenkt. Wenn, dann vielleicht als erstes als Zeichen der wechselseitigen Gastfreundschaft. Vor einigen Jahren hat der damalige Bundspräsident Richard von Weizsäcker, der ein engagierter evangelischer Christ ist, vorgeschlagen, dass die Christen eine solche eucharistische Gastfreundschaft beginnen sollten. Ein Gast ist ja auch nicht volles Glied einer Familie, aber er genießt Gastfreundschaft. Sollten wir uns diese eucharistische Gastfreundschaft nicht erbitten, wenn wir schon nicht die volle Einheit im Glauben haben?

Schwestern und Brüder, lasst uns diesen Tag zu einem Tag der Verehrung des Leibes Christi machen, zu einem Tag, wo wir die Ehrfurcht auch vor der Kirche neu entdecken, und wo wir beten, dass wir eins sind.    Amen.

 

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