Pfarrer Karl Sendker

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Gründonnerstag A
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Predigt zum Evangelium:   Joh 13,1-15    im MP3 Format

Predigttext:      Joh 13,1-15

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Nichts hat das Leben der Kirche so geprägt, wie das letzte Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern. Denn in jeder heiligen Messe feiern wir, was Jesus uns dort zu seinem Gedächtnis hinterlassen hat. Im Abendmahlsaal hat Jesus das Brot gebrochen, und er hat den Jüngern den Kelch gereicht, seinen Leib und sein Blut. Und so feiern wir in der Abendmahlsfeier am Gründonnerstag einen der ganz großen Höhepunkte unseres Glaubens: das Geheimnis der Eucharistie, das Geheimnis der Kommunion.

Wenn man einmal die ersten drei Evangelium nach Matthäus, Markus und Lukas liest, dann ist das letzte Abendmahl der erste Höhepunkt der Leidensgeschichte. Es geht dann weiter mit der Kreuzigung und mit der Auferstehung. Und ganz am Ende nach der Auferstehung, am Osterabend, steht im Lukasevangelium wieder ein Mahl im Mittelpunkt: das Mahl des Auferstandenen mit den Emmausjüngern. Das ganze Geschehen beginnt im Abendmahlsaal.

 

Aber es ist merkwürdig: Wenn doch die Einsetzung des Abendmahls für die Kirche bis auf den heutigen Tag so wichtig ist, warum berichtet dann der Evangelist Johannes uns von diesem Abendmahl nichts? Die ganze Szene vom Abendmahl kommt bei Johannes gar nicht vor. Gut, Johannes weiß auch, dass ein Mahl stattgefunden hat. Das steht am Anfang seines Berichtes.

Aber dass Jesus das Brot gebrochen hat, dass er den Kelch weitergereicht hat an die Jünger, die Einsetzung der Eucharistie, die erzählt Johannes gar nicht, die über geht er. Weiß Johannes das nicht mehr? Er war doch selber dabei.

Doch, Johannes weiß sehr wohl um die Eucharistie, um die Kommunion. In der großen Brotrede nach der Brotvermehrung sagt Jesus im 6. Kapitel des Johannesevangeliums: „Mein Fleisch ist eine wahre Speise, und mein Blut ist ein wahrer Trank. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir, und ich bleibe in ihm.“ Da geht es doch um die Eucharistie. Johannes weiß das sehr wohl. Und doch, als dieses Mal stattfindet, kommt die Kommunion bei ihm überhaupt nicht vor. Oder vielleicht doch?

 

Wenn wir die Möglichkeit hätten, die Geschichte von der Fußwaschung einmal auf lateinisch zu lesen, dann würden wir feststellen, dass das Stichwort „Kommunion“ genau mitten in dieser Geschichte steht. Da sagt Jesus zu Petrus: „Wenn ich dich nicht wasche, dann hast du keine Gemeinschaft mit mir.“ Und das lateinische Wort für „Gemeinschaft“ heißt „Communio“. Man könnte dieses Wort Jesu an Petrus auch etwas verdolmetschen und sagen: „Wenn ich dich nicht wasche, dann findet keine Communio statt, dann gibt es keine Kommunion.

Es ist ganz eigenartig. Petrus hat das nicht verstanden: „Du willst mir die Füße waschen?“, sagt er. „Du mir?“ Und Jesus antwortet ihm: „Was ich tue, verstehst du jetzt nicht. Du wirst es aber bald verstehen.“

Dieses Bald ist für Petrus sehr schnell gekommen. Noch in der gleichen Nacht wird Jesus gefangen genommen und im Hof des Hohenpriesters verhört. Petrus steht in der anderen Ecke des Hofes am Feuer. Und dann sagt ein einfaches Dienstmädchen zu ihm: „Du gehörst doch auch zu diesem Jesus!?“ Und dann hebt Petrus dreimal die Finger hoch und schwört: „Ich kenne den überhaupt nicht.“ Und beim dritten Mal kräht ein Hahn. Dann dreht sich Jesus, der in der anderen Ecke verhört wird, um und schaut Petrus an.

Und da merkt der Petrus, was er getan hat. Ich habe dreimal geschworen, dass ich ihn überhaupt nicht kenne. Er fängt an, bitterlich zu weinen und läuft in die Nacht hinaus. Da hatte er verstanden, warum er Reinigung brauchte, wenn er Kommunion, Communio, Gemeinschaft mit Jesus haben wollte.

 

Schwestern und Brüder,

es hat in den letzten Jahrzehnten in unserer Kirche einen furchtbaren Bruch gegeben. Dieser Bruch besteht darin, dass wir die Kommunion abgekoppelt haben von der Frage nach der Reinigung von Sünden. Die Älteren von uns haben das früher noch erlebt: Man ging nicht zur Kommunion, wenn man nicht vorher beichtet hatte. Gut, das war vielleicht manchmal übertrieben und geschah vielleicht auch oft aus einer falschen Angst vor Hölle. Vielleicht war diese Beichtpraxis auch sehr schematisch. Aber dass man die Beichte, die Reinigung von Schuld, ganz von der Kommunion abgekoppelt hat, das wirkt sich verheerend in unserer Kirche aus.

Das Ergebnis dieser Abkoppelung ist: Die Communio, die Gemeinschaft mit Christus wird in unseren Kirchen immer oberflächlicher. Man geht zur Kommunion nach vorne fast wie eine gruppendynamische Übung, oder als würden da vorne Plätzchen verteilt.

 

Als Jesus vor Petrus kniet, ihm die Füße waschen will und ihm sagt: „Wenn ich dich nicht wasche, dann hast du keine Gemeinschaft mit mir“, da hätte der Petrus aufbrausend antworten können: Wieso habe ich keine Gemeinschaft mit dir? Wir sind doch drei Jahre jeden Tag mit dir gegangen. Wir haben alles verlassen und sind die nachgefolgt.

Auch heute könnte man sagen: „Wieso haben wir keine Gemeinschaft mit Jesus? Wir sind doch jeden Sonntag zur Kirche gegangen, wir sind doch jeden Sonntag zur Kommunion gegangen. Natürlich haben wir Gemeinschaft mit Jesus.“ Wieso kann Jesus uns sagen: „Wenn ich dich nicht wasche, dann ist keine Communio, dann besteht keine Gemeinschaft“?

Aber wenn Jesus hier von Gemeinschaft redet, dann meint er auch nicht dieses Äußerliche, dass man mit ihm gegangen ist, dass man sonntags in die Kirche gegangen ist. Dann meint Jesus etwas viel Tieferes.

Der gleiche Apostel Petrus schreibt als alter Mann einen Brief an die Gemeinden in Kleinasien, in der heutigen Türkei. Und da kommt er am Anfang seines zweiten Briefes auf diesen Punkt noch einmal zu sprechen. Er schreibt: „Uns ist Anteil geschenkt worden an seiner göttlichen Natur.“ Genau das meint im Tiefsten das Wort „Communio“. Nicht eine äußerliche Gemeinschaft, sondern dass uns angeboten ist, Anteil zu bekommen an seiner göttlichen Natur.

 Der Apostel Paulus drückt das ähnlich aus. Auf der einen Seite weiß er: Ich bin überhaupt nicht würdig, weil ich ihn verraten habe, weil ich ihn verfolgt habe. Aber auf der anderen Seite kann der gleiche Paulus im Galaterbrief schreiben: „Ich bin mit Christus gekreuzigt worden. Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir.“

Es geht um die Verwandlung des ganzen Menschen in die göttliche Natur hinein. Nicht umsonst steht im Mittelpunkt der Heiligen Messe das, was wir die „Wandlung“ nennen. Es geht aber nicht nur darum, dass das Brot gewandelt wird in den Leib Christi. Es geht bei Communio darum, dass unser Leben verwandelt wird in SEIN Leben.

Aber wer das erfahren will, der wird sich wohl nicht davor drücken dürfen, auch Reinigung von Jesus in Anspruch zu nehmen.

 

Die Szene von der Fußwaschung kommt im Lukasevangelium merkwürdigerweise noch einmal in umgekehrter Form vor. Da ist Jesus bei einem Pharisäer namens Simon eingeladen. Und dann kommt eine öffentliche Dirne in das Haus des Pharisäers. Sie kniet zu Jesu Füßen nieder und fängt an zu weinen, so dass die Tränen über seine Füße laufen. Sie löst die langen Haare auf, eigentlich das Zeichen, dass sie eine Dirne war. Und dann fängt sie an, mit den aufgelösten Haaren Jesus die Füße abzutrocknen. Fußwaschung einmal umgekehrt.

Die anderen, die anständige Leute, die dabei stehen, rümpfen die Nase und sagen: „Wenn dieser Jesus wirklich ein Prophet wäre, dann müsste er doch wissen, von was für einer er sich da berühren lässt. Aber Jesus sagt dann diesen anständigen Leuten ins Gesicht: „Ihr, dieser Sünderin, ist viel vergeben worden. Darum zeigt sie jetzt so viel Liebe. Wem nur wenig zu vergeben war (wo nichts vorgekommen war, wie wir oft sagen), der zeigt auch nur wenig Liebe.“

Vielleicht lohnt es sich ja doch, an einem Tag wie dem Gründonnerstag, sich dieses Wort Jesu ganz persönlich ins Herz schreiben zu lassen: „Wenn ich dich nicht wasche, hast du keine Gemeinschaft mit mir.“ Amen.

 

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